Schwarmintelligenz – gemeinsam sind Schwefelfische klüger als allein
Schwefelfische oder Schwefelmollys sind eine besondere Spezies: Sie leben in zum Teil sehr großen Schwärmen von (zehntausend oder gar hunderttausend Exemplaren) in den schwefelhaltigen Quellen von Mexiko. Und dort zeigen sie ein auffälliges Schwarmverhalten: Nähert sich eine potenzielle Gefahr von oben, tauchen sie in einem gemeinsamen Impuls geschlossen ab und erzeugen damit ein Wellenmuster auf der Wasseroberfläche – Forschende beschreiben dies auch als La-Ola-Welle. Ist die Gefahr vorbei (oder hat sich herausgestellt, dass es gar keine Gefahr war), kommen sie wieder nach oben. Hält die Gefahr aber an, wiederholt sich das Eintauchen so oft, bis sich die Fische in Sicherheit wiegen.
Welcher Angriff ist echt?
Das Spannendste daran ist gar nicht der Vorgang selbst, sondern die Entscheidungsfindung – sowohl in Bezug auf die Geschwindigkeit als auch auf die Qualität. Ein Forschungsteam des Exzellenzclusters "Science of Intelligence" (SCIoI) der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) verglich bei über zweihundert dokumentierten Ereignissen das Verhalten der Schwärme bei echten Angriffen und bei harmlosen Vogelüberflügen. Der Fokus lag dabei auf den Angriffen des Kiskadee, eines Vogels, der aus dem Flug heraus attackiert und nur kurz das Wasser berührt, so dass er für die Fische schwer zu identifizieren war.
Mehr Fische = bessere Entscheidung
Das erstaunliche Ergebnis: Je mehr Fische in einem Schwarm waren, desto schneller und auch präziser war die Gefahrerkennung. "In den größten Schwärmen waren die Erkennungsraten fast perfekt, nahezu 100 Prozent der Kiskadee-Angriffe wurden korrekt identifiziert", sagt Studienleiter Korbinian Pacher, Doktorand am IGB. "Das wäre für einen Einzelfisch schlicht unmöglich." Zeit, sich in irgendeiner Form untereinander zu verständigen, hatten die Fische nicht. Von daher vermuten die Wissenschaftler einen komplexen Mechanismus, der sich selbst organisiert: "Man kann sich diese Fischschwärme fast wie ein neuronales Netzwerk vorstellen", so Pacher. "Sie könnten in einem Zustand operieren, den wir 'Kritikalität' nennen – ein Zustand, der in großen Systemen wie dem Gehirn oder auch Menschenmengen die Informationsverarbeitung optimiert."
Das Forschungsteam geht davon aus, dass Erkenntnisse aus dieser Studie auch zum Verständnis komplexer Systeme beitragen kann und auch die Erforschung von weiteren Netzwerkstrukturen inspirieren könnte.
Links/Studien
Zur Studie: Better and faster decisions by larger fish shoals in the wild
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