Angst und Scham im Schulsport – was Sportlehrer heute anders machen
- Sport ist gut für Psyche und Gesundheit.
- Schülerinnen und Schüler berichteten von Angst, Scham, aber auch Stolz, Entspannung und Zufriedenheit beim Sportunterricht.
- Erinnerungen an Sportunterricht haben Einfluss auf Erwachsenenleben.
- Lehrermangel: Fachfremde Lehrkräfte unterrichten Sport und kennen sich nicht aus, kritisiert der Sportlehrerverband.
Die Sommerferien sind vorbei, die Schule startet wieder. Und damit auch der Schulsport. Schwitzen, Übergewichtig-sein, Schlaksig-sein, einfach als unsportlich gelten, dabei eine Übung vor allen anderen in einer muffigen Sporthalle "vorturnen" müssen, all das löst nicht unbedingt gute Gefühle aus, besonders als Kind oder Jugendlicher.
Gehasst und geliebt: Schulsport
Sportunterricht wird gehasst, geliebt und auch unter Erwachsenen durchaus emotional diskutiert. Und das noch zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre später. Die Worte "schlimm" und "demütigend" fallen dabei. Andere sagen: "Mir fiel Sport schon immer leicht" und erinnern sich gerne an sportliche Erfolge und Wettkämpfe in der Schulzeit. Die Bandbreite der Gefühle ist groß.
Sascha Leisterer-Härtig ist Sportpsychologe an der Universität Leipzig. Bildrechte: Manuel PragerDas stimmt mit dem überein, was Sascha Leisterer-Härtig berichten kann. Er ist Sportpsychologe und lehrt an der Universität Leipzig. Schülerinnen und Schüler berichteten ihm bei einem Forschungsprojekt von Angst, Scham, aber auch Stolz, Entspannung und Zufriedenheit im Sportunterricht.
Interessant ist, dass es eine Verbindung zwischen guten oder schlechten Erinnerungen aus dem Sportunterricht und der Art und Weise, wie sportlich man als Erwachsene oder Erwachsener ist, gibt. Wer viele schlechte Erfahrungen gesammelt hat, ist weniger aktiv als diejenigen, die gute Erfahrungen als Kind im Sportunterricht gemacht haben.
Sport ist gut für die Psyche
Dabei ist Sport und Bewegung gut für die mentale Gesundheit, bestätigt Leisterer-Härtig. Der positive Zusammenhang zwischen sportlicher Aktivität und psychischem Wohlbefinden sei durch jahrelange Forschung gut belegt.
Sport sei ein Stimmungsaufheller, reduziere Stress und steigere das Selbstbewusstsein. Auch bei mittelschweren Depressionen helfe Sport, sagt Sascha Leisterer-Härtig im Gespräch mit MDR AKTUELL.
Kompetenz, Zugehörigkeit und Autonomie
Im Sportunterricht würden heute Erkenntnisse aus der Sportpsychologie aufgenommen werden, sagt Leisterer-Härtig: "Es gibt einen hohen Bedarf. Bei uns kommen viele Anfragen zu dem Thema an."
Mittlerweile würden Sportlehrkräfte darauf verzichten, dass Mannschaften gewählt werden würden, um starke negative Gefühle und Bloßstellen oder Mobbing zu vermeiden. Der Trend gehe dahin, dass es eine Aufgabe beim Wählen der Mannschaften zu erfüllen gebe. Zum Beispiel Kinder mit bestimmten Geburtstagsmonaten zusammenzubringen. Oder die Zuteilung werde vorgegeben.
Kompetenz, Zugehörigkeit und Autonomie, also etwas neu erlernen, mit anderen gemeinsam oder alleine erleben und auswählen, das alles könne Sport leisten. Damit würden positive Emotionen ausgelöst werden.
Problem: Sportunterricht ohne ausgebildete Sportlehrer
Sportunterricht sei sehr wichtig und die Bewegungszeit sollte erhöht werden, sagt Daniel Möllenbeck. Er ist Sportlehrer und Präsident des Deutschen Sportlehrerverbandes. Sportunterricht trage zur Integration und zur Gesundheitsförderung bei; die Körperlichkeit im Vergleich zu anderen Fächern sei dabei besonders, sagt der Sportlehrer.
Das Problem ist oft, dass fachfremde Lehrkräfte Sport unterrichten.
Wegen Situationen in der Umkleidekabine und auch Leistungstabellen, die früher angewandt wurden, hätten Erwachsene möglicherweise schlechte Erinnerungen an Schulsport. Das habe sich grundlegend geändert. Es gehe heute vielmehr um Fitness, Bewegungserfahrungen, Wagnis und Verantwortung aber auch um das Kennenlernen und Ausprobieren von Trendsportarten wie "Parkour".
Große Nachfrage nach Weiterbildung
"Das Problem ist oft, dass fachfremde Lehrkräfte Sport unterrichten. Das hat mit dem Lehrkräftemangel und dem Klassenlehrerprinzip an Grundschulen zu tun. Manche dieser Lehrer lassen sich aus ihrer eigenen Schulzeit inspirieren und kennen sich mit den neusten Erkenntnissen und Methoden gar nicht aus", kritisiert Möllenbeck.
Im Herbst dieses Jahres wird es deshalb vom Sportlehrerverband das erste Mal eine Fortbildung für alle interessierten Lehrkräfte, die Sportunterricht vertretungsweise geben, in Hannover geben. Denn viele Lehrerinnen und Lehrer müssen nur geschult werden, um besseren Sportunterricht zu geben.
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