Studie: Mindestlohn in Vollzeit liegt deutlich über Bürgergeld
- Forscher: Behauptung Arbeiten lohnt nicht, ist "falsch und stigmatisierend".
- Beispielrechnungen für Alleinstehende, Alleinerziehende und Familie mit zwei Kindern.
- Lohnabstand ist im Osten und bei niedrigeren Mieten größer.
Arbeit zum Mindestlohn bringt einer Studie zufolge deutlich mehr Einkommen als der Bezug von Bürgergeld. Eine alleinstehende Person in Vollzeit mit dem aktuellen Mindeststundenlohn von 12,82 Euro kommt nach Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) durchschnittlich auf 557 Euro mehr im Monat. Eine Alleinerziehende mit einem Kind habe 749 Euro mehr zur Verfügung, eine Paarfamilie mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener 660 Euro mehr.
WSI: Behauptung Arbeiten lohnt nicht, ist "falsch und stigmatisierend"
WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch sieht damit klar die häufig gehörte Unterstellung widerlegt, "dass es sich für Bezieher von Bürgergeld nicht lohne", erwerbstätig zu sein, weil das Bürgergeld zu hoch sei. Diese Behauptung sei "sachlich falsch und stigmatisierend".
Einbezogen wurden bei der Studie für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung, dass Menschen mit geringem Lohn gegebenenfalls zusätzlich Anspruch auf Sozialleistungen wie Wohngeld, Kindergeld oder Kinderzuschlag haben. Die Rechenbeispiele beziehen sich auf Arbeit in Vollzeit, was im Durchschnitt knapp 38,2 Stunden pro Woche sind.
Beispielrechnungen
- Alleinstehender Mann | Der Mindestlohn beträgt 2.121,58 Euro brutto im Monat, nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben bleiben 1.546 Euro netto. Zusammen mit dem rechnerischen Anspruch auf 26 Euro Wohngeld ergibt sich ein Einkommen von 1.572 Euro. Im Bürgergeld mit 563 Euro Regelsatz und 451,73 Euro für die Unterkunft bei gleicher Miete ergeben sich 1.015 Euro – 557 Euro weniger als im Mindestlohnjob. Bei Berücksichtigung des Rundfunkbeitrags für Arbeitnehmer sind es weiterhin klar über 500 Euro.
- Alleinerziehende mit fünfjährigem Kind | Sie kommt in Vollzeit mit Mindestlohn auf netto 1.636 Euro. Mit Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld und Unterhaltsvorschuss sind es 2.532 Euro. Beim Bürgergeld wären es laut WSI mit den beiden Regelsätzen für Mutter und Kind, dem Mehrbedarf für Alleinerziehende, Kosten der Unterkunft und Sofortzuschlag 1.783 Euro, also 749 Euro weniger.
- Ehepaar mit einem Verdiener mit Mindestlohn und zwei Kindern im Alter von fünf und 14 Jahren | Die Familie hätte nach Berechnungen des Instituts ohne den Mindestlohnjob ausschließlich im Bürgergeld 660 Euro weniger.
Lohnabstand ist im Osten höher
Dabei gibt es der Studie zufolge regionale Unterschiede wegen unterschiedlich hoher Mietkosten. So falle der Lohnabstand im Raum München bei einem Single-Haushalt mit um die 400 Euro am geringsten aus. In Nordhausen in Thüringen und im sächsischen Vogtlandkreis sei er mit 662 und 652 Euro am größten.
Die neue Studie bestätigt Ergebnisse anderer Untersuchungen. 2023 hatten Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft nach der damaligen Bürgergeld-Erhöhung ein ähnliches Fazit gebracht.
Reuters/dpa(ans)
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