• Neben der Kirchengemeinde kritisiert auch der Maler Michael Triegel die Pläne für eine Verschiebung des Altars.
  • Die neue Position des Altars soll den Blick auf die berühmten Stifterfiguren freigeben.
  • Dass der Naumburger Dom den Welterbetitel verliert, scheint momentan eher unwahrscheinlich.

Die Kirchengemeinde Naumburg will den Konflikt rund um den Cranach-Triegel-Altar nicht weiter verschärfen. Das sagte der Domprediger Michael Bartsch in einem Gespräch mit MDR KULTUR. Dennoch sei man "traurig" über die mögliche Verschiebung des Altars.

Die Gemeinde hatte zuvor gefordert, den Altar am jetzigen Standort zu belassen und damit eine erneute Diskussion angefacht. Dafür gab es Unterstützung vom Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM).

Auch Künstler Michael Triegel kritisiert Pläne

Die Gemeinde war damit auf Konfrontationskurs mit dem für den Welterbetitel verantwortlichen Unesco-Welterbezentrum in Paris gegangen. Die Institution fordert, den Altar aus dem Westchor zu entfernen, damit der Weltkulturerbestatus aufrecht erhalten werden kann.

Sowohl das Kulturministerium von Sachsen-Anhalt als auch die Vereinigten Domstifter, die den Dom betreiben, hatten bereits verkündet, die Forderung zu akzeptieren.

Michael Triegel hat das neue Mittelteil des Altars gemalt.Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

Der Leipziger Maler Michael Triegel dagegen, der den Altar 2022 um einen neuen Mittelteil ergänzt hat, ist mit den aktuellen Plänen nicht zufrieden. Es sei gut, dass die Kirche widersprochen habe, sagte Triegel auf Anfrage von MDR KULTUR.

Das Retabel gehört in den Westchor.

Michael Triegel

Für ihn sei selbstverständlich, dass er die Bilder explizit für den Westchor geschaffen habe. Sie seien "nur in diesem Kontext vollumfänglich ikonografisch lesbar und ästhetisch wirksam". Triegel betonte: "Das Retabel gehört in den Westchor."

Dem Cranach-Altar des Naumburger Doms fehlte seit einem Bildersturm 1541 der Mittelteil. Dieser wurde vier Jahre nach Vergabe des Welterbetitels ergänzt und der Altar wieder aufgestellt.Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Diskussion um Stifterfiguren Uta und Ekkehard

Im Westchor des Naumburger Doms steht der Altar derzeit bei den Stifterfiguren, die zu den bedeutendsten deutschen Skulpturen des Mittelalters zählen. Kritiker hatten bemängelt, er beeinträchtige dort die Sicht auf das Ensemble aus hochmittelalterlichen Werken der Architektur, der Bildhauerei und der Glasmalerei.

Die Stifterfiguren Ekkehard und Uta im Naumburger Dom.Bildrechte: Jan Siegmeier, Werkblende

Der Präsident des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM), Jan Lemke, widersprach dieser Auffassung im Gespräch mit MDR KULTUR. Für ihn sei der Altar das Zentrum des kirchlichen Raumes. Außerdem sei er "auch das Zentrum der Blickrichtung der Stifterfiguren", sodass "der Altar dem Raum sozusagen seinen Sinn gibt".

Mehr Informationen zur Kritik der Kirche (zum Ausklappen)

Eine Umplatzierung des Altars sehen Landeskirchenamt und Kirchengemeinde als "Missachtung der geistlichen Bedeutung des Altars". Im Nordquerschiff würde dem Altar der liturgische Zusammenhang fehlen, heißt es in einer Stellungnahme der Kirchengemeinde. Weiterhin argumentiert sie, dass der Altar von Bischöfen geweiht worden sei. Durch eine Versetzung würde er entweiht werden.

Kritiker sind der Auffassung, dass der Altar im Naumburger Dom den Blick auf die Stifterfiguren, die Architektur und die Glaskunst störe.Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

Der aktuelle Lösungsvorschlag sieht vor, den Altar vom Westchor ins Nordquerschiff zu versetzen. Domprediger Michael Bartsch sagte MDR KULTUR, dass der Altar dort "nicht nutzbar" sei. Zudem störe er bei Prozessionsgottesdiensten, die nicht durchführbar seien, wenn "das Querhaus zugestellt wird". Dafür müsse man nun gemeinsam Lösungen finden, so Bartsch.

Kulturministerium: Welterbe soll erhalten bleiben

Das Kulturministerium Sachsen-Anhalts schrieb auf Anfrage von MDR KULTUR, dass sich alle Beteiligten einig seien, dass der Unesco-Welterbetitel erhalten bleiben soll. Die Frage des künftigen Altar-Standortes werde "zwischen den zuständigen Institutionen – darunter die Vereinigten Domstifter als Eigentümer und die Kirchengemeinde" geklärt.

Der Naumburger Dom ist seit Sommer 2018 Unesco-Weltkulturerbe.Bildrechte: Falko Matte

Auch das Denkmalfachamt sei an der Lösungsfindung beratend beteiligt. Wann genau der Altar umgestellt werden könnte, ist bislang unklar. Dass er umgestellt wird, wird aber immer wahrscheinlicher.

Unesco-Welterbetitel nicht unmittelbar in Gefahr

Dass der Naumburger Dom den Welterbetitel verliert, scheint momentan unwahrscheinlich. Dafür müsste die Unesco den Dom erst zur Liste der gefährdeten Kulturdenkmäler hinzufügen.

Ein solcher Gefährdungsstatus wäre theoretisch eine nächste Eskalationsstufe und auch dann ist eine Aberkennung des Welterbe-Titels noch nicht sicher. Erst dreimal wurde ein Welterbe-Titel überhaupt aberkannt. Die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal verlor den Titel 2009 durch den Bau der Waldschlößchenbrücke.

Touristische Bedeutung des Welterbetitels (zum Ausklappen)

Im Jahr 2024 besuchten rund 116.000 Gäste den Naumburger Dom. Mit dem Welterbetitel ziehe man weltweit Publikum an, sagte Sabine Kraus im Gespräch mit MDR KULTUR. Sie kümmert sich mit der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt darum, dass mehr Touristen ins Bundesland kommen. Ein Welterbetitel sei ein "Imagegewinn für die jeweilige Städte, für die Region", von dem man deutlich profitiere.

Quellen: MDR KULTUR, Pressemitteilung des Landeskirchenamts vom 13. August; Stellungnahme der Kirchengemeinde des Naumburger Doms vom 7. August
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