Fußfessel soll Opfer vor häuslicher Gewalt schützen
Besserer Opferschutz durch Überwachung: Für Täter häuslicher Gewalt soll nach dem Willen der Bundesregierung die elektronische Fußfessel kommen. Es liegt ein Gesetzentwurf liegt vor, der noch weitere Maßnahmen enthält.
Opfer von häuslicher Gewalt sollen bald mit einer bundesweiten Regelung besser geschützt werden. Ein Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht vor, dass Familiengerichte künftig die Täter zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichten können. Das berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Mehrere Bundesländer haben bereits eigene Rechtsgrundlagen für solche Fälle oder planen eigene Gesetze.
Nähert sich der Täter, wird das Opfer über ein Empfangsgerät gewarnt und "kann sich dadurch gegebenenfalls rechtzeitig in Sicherheit bringen oder Unterstützung suchen", heißt es in dem Papier, das auch der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Auch die Polizei soll automatisch alarmiert werden, wenn sich ein Täter nähert.
Frühzeitige Warnung soll Leben retten
"Die Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung als Maßnahme des Gewaltschutzgesetzes kann im Einzelfall dazu beitragen, dass Tötungsdelikte oder schwere Körperverletzungen vermieden werden", heißt es zur Begründung.
Es könne nicht nur das Opfer früher gewarnt werden, sondern auch Täter könnten sich anders verhalten, wenn sie wissen, dass sie überwacht werden. "Insgesamt kann dies zur Rettung von Leib und Leben der Opfer beitragen", heißt es in dem Entwurf, der nun in der regierungsinternen Abstimmung ist.
Die Fußfessel soll bei sogenannten Hochrisikofällen und zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Die Richter sollen sie zunächst für höchstens ein halbes Jahr anordnen dürfen. Eine Verlängerung um jeweils drei Monate ist dem Entwurf zufolge möglich, wenn das Opfer einen entsprechenden Antrag stellt und die Gefahr nach Einschätzung der Richter weiter besteht.
Vorbild Spanien
Die geplante Änderung des Gewaltschutzgesetzes orientiert sich an Spanien. Dort sei seit der Einführung der elektronischen Fußfessel für Täter 2009 kein Opfer mehr getötet worden. Familiengerichte sollen Täter außerdem künftig zu Anti-Gewalt-Trainings verpflichten können und Auskünfte aus dem Waffenregister anfordern dürfen. Das Ziel dabei: eine bessere Einschätzung der Bedrohungslage.
Der Strafrahmen für Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz soll erhöht werden, von einer Geldstrafe oder höchstens zwei Jahren Freiheitsstrafe wie bislang auf eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Hubig strebt dem Papier zufolge an, dass die neuen Regelungen Ende 2026 in Kraft treten.
Hohe Dunkelziffer vermutet
Mehr als 250.000 Menschen sind 2023 Opfer von häuslicher Gewalt geworden, wie aus dem Bundeslagebild Häusliche Gewalt des Bundeskriminalamts (BKA) hervorgeht. Experten gehen von einer Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle aus. Der Großteil der Betroffenen von häuslicher Gewalt sind Frauen, die überwiegende Mehrheit der Tatverdächtigen sind männlich.
Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt in Deutschland hat nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) im vergangenen Jahr mit fast 266.000 erfassten Betroffenen einen neuen Höchststand erreicht. Statistisch betrachtet wurde in Deutschland somit etwa alle zwei Minuten ein Mensch von seinem Partner oder Ex-Partner oder einem nahen Verwandten misshandelt.
Skepsis bei Frauenhaus-Verbänden
Frauenhaus-Vertretungen in Deutschland hatten sich zuvor skeptisch zu Gesetzesvorhaben in den Ländern und im Bund zur elektronischen Fußfessel geäußert. Sie fürchte, dass die Fußfessel aufgrund der hohen verfassungsrechtlichen Hürden in der Praxis nur äußerst selten zum Einsatz kommen werde, sagte Dorothea Hecht vom Verein "Frauenhauskoordinierung" der Nachrichtenagentur epd Mitte August.
Die Polizei nutze die schon jetzt bestehenden Möglichkeiten, gegen einen gewalttätigen Mann etwa ein Näherungsverbot oder einen Platzverweis auszusprechen, nur sehr selten, erläuterte Hecht. Viel häufiger werde Frauen geraten, zu ihrem Schutz bei einer Freundin unterzukommen oder ins Frauenhaus zu gehen. "Bisher wird immer die Frau aufgefordert: Fahr irgendwohin, wo er dich nicht findet. Deshalb sehe ich nicht, wieso Polizeibeamte jetzt eine so hochschwellige Maßnahme wie die Fußfessel beantragen sollten."
Das Gewaltschutzgesetz gibt grundsätzlich dem Opfer die Möglichkeit, eine gerichtliche Schutzanordnung zu beantragen. Hecht betonte, das spanische Modell konzentriere sich nicht nur auf die Fußfessel, sondern umfasse engmaschige Beratungen und Hilfsangebote für die Frau etwa bei der Wohnungs- und Jobsuche. Zudem sei das Klima in Spanien viel schärfer gegen Gewalt an Frauen gerichtet: "In Spanien wird eher eine Zwangsmaßnahme gegen einen potenziellen Täter verhängt. In Deutschland wird der Frau oft so lange nicht geglaubt, bis leider etwas Ernstes passiert."
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