Nach jahrelangem Streit ist die Berliner Mohrenstraße umbenannt worden. Bei einem Festakt wurden die Straßenschilder symbolisch enthüllt. Am Tag zuvor drohte eine Gerichtsentscheidung die Debatte erneut zu verlängern.

Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag die Umbenennung der Berliner Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße gefeiert. Der neue Straßenname wurde bei einem Straßenfest am Hausvogteiplatz im Bezirk Mitte wiederholt mit großem Applaus bedacht. Redner verschiedener Initiativen betonten, dass die Umbenennung keine Formalie darstelle. Vielmehr sei diese Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels.

Zu dem Straßenfest hatten zahlreiche Initiativen eingeladen, darunter Decolonize Berlin, der Afrika-Rat Berlin-Brandenburg, der Verein Berlin Postkolonial und die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland. Erst am späten Freitagabend hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg endgültig grünes Licht für die Umbenennung am Samstag gegeben, dem Internationalen Tag zur Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung.

Umbenennung der Mohrenstraße vorerst gestoppt - Bezirk legt Beschwerde dagegen ein Am Samstag sollte die Mohrenstraße offiziell in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umbenannt werden. Nun hat das Berliner Verwaltungsgericht dem Eilantrag einer Bürgerinitiative stattgegeben. Der Bezirk Mitte wehrt sich.mehr

Grüne begrüßen Umbenennung, CDU beklagt Klientelpolitik

Mit der Umbenennung verschwinde "endlich ein rassistischer Begriff aus dem Berliner Stadtbild", erklärte die Grünen-Abgeordnete Tuba Bozkurt. "Für viele schwarze Menschen war dieser Straßenname eine tägliche Erinnerung an Ausgrenzung - jetzt setzen wir ein klares Signal für Respekt und Vielfalt."
 
Die Berliner CDU hingegen hatte die Umbenennung bis zuletzt kritisiert. Sie beklagte unter anderem eine unzureichende Einbindung der betroffenen Anwohner. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Bezirk Mitte, Sebastian Pieper, sprach von einem "Geschenk" der Grünen an die "linke Community".

Bürgerinitiative hatte Umbenennung vorerst gestoppt

Am Freitag hatte eine Bürgerinitiative mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht die Umbenennung in Anton-Wilhelm-Amo-Straße gestoppt. Dagegen hatte sich der Bezirk mit einer Beschwerde gewehrt.
 
Bei der Abwägung der Interessen sei maßgeblich zu berücksichtigen, dass ein Erfolg der Klagen der Anwohner nach dem gegenwärtigen Stand in hohem Maße unwahrscheinlich sei, hieß es am Abend vom OVG.
 
Es sei nicht ersichtlich, dass sich in den Klageverfahren an der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Straßenumbenennung etwas ändern werde - zumal die gerichtliche Überprüfung einer Straßenumbenennung nach dem Berliner Landesrecht stark eingeschränkt sei, so das OVG weiter.

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Umbenennung am Internationalen Tag der Erinnerung

Das Oberverwaltungsgericht setzte damit den Eilantrag des Verwaltungsgericht außer Kraft, das die vom Bezirk vorgebrachte Dringlichkeit der Umbenennung in Anton-Wilhelm-Amo-Straße nicht gegeben sah. Der Bezirk argumentiert, dass ein öffentliches Interesse daran bestehe, die Mohrenstraße am 23. August umzubenennen - also am Internationalen Tag der Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung.
 
Gegen die 2020 von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossene Umbenennung hatte es bereits in den letzten Jahren zahlreiche Klagen gegeben. Zuletzt hatte Anfang Juli das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine entsprechende Beschwerde abgewiesen.
 
Betroffen von der Umbenennung der Straße sind neben vielen Anwohnerinnen und Anwohnern, Gewerbetreibenden und Unternehmen auch prominente Anlieger wie das Bundesjustizministerium und das Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität.

Als Kind versklavt und kam als "Geschenk" an Herzogenhof

Anton Wilhelm Amo gilt als erster afrodeutscher Akademiker. Er studierte zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Halle an der Saale und in Wittenberg, wo er 1734 auch promoviert wurde. Er wirkte dort sowie in Jena als Dozent der Philosophie. In seiner akademischen Arbeit widmete er sich unter anderem der Rechtsstellung Schwarzer Menschen in Europa.
 
Nach Angaben der Uni Halle/Wittenberg [uni-halle.de] unter Berufung auf einen Biografen wurde Amo um 1700 im heutigen Ghana geboren, als Kind versklavt und kam vermutlich als "menschliches Geschenk" der Westindischen Kompanie an den Hof des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel.

Sendung: rbb24 Abendschau, 23.08.2025, 19.30 Uhr

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Quelle: rbb24

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