"Mittels einer einfach anwendbaren, barrierearmen Technologie möchten wir den Austausch mit Nahestehenden über Distanzen hinweg ermöglichen", erklärt Joanna Dauner, Professorin für Gestaltung an der Fakultät Design der HTWD und Leiterin des Projekts. So sollen interaktive Gegenstände die Nutzung erleichtern und dazu verhelfen, selbstbestimmt und spielerisch mit Freundinnen und Freunden oder Verwandten in Verbindung zu treten.

Die Idee zum Projekt "Hilde" (Haptische Interfaces für lebendige, digitale Erfahrungen) entstand während der Corona-Pandemie, als jüngere Menschen auf digitalem Weg ihre sozialen Kontakte weiter pflegen konnten, dies vielen Älteren aber verwehrt blieb.

Ein Seniorenwohn- und Pflegeheim im Allgäu ermöglichte dann – trotz der damaligen Corona-Einschränkungen – die gemeinsame Forschungsarbeit mit zehn Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung, um direkt die Bedarfe und die Akzeptanz der Senioren analysieren zu können, berichtet Dauner. "Für Angehörige und das Pflegepersonal haben wir im Vorfeld Workshops organisiert und sie in das Projekt einbezogen, weil ihre Erfahrungen und ihr Fachwissen unverzichtbar sind."

Vom Tablet zur Toniebox

Ein erster Ansatz bestand darin, ein Tablet mit seniorenfreundlicher Benutzeroberfläche um haptische interaktive Elemente zu erweitern. Doch dann zeigte sich, dass die Seniorinnen und Senioren kein Interesse daran haben, weil diejenigen, die bereits ein Tablet nutzen, mit den vorhandenen Geräten gut klarkommen. Dagegen sind Menschen, die unter Einschränkungen wie fehlender Feinmotorik, kognitiven Störungen oder Demenz leiden, generell mit dieser Technik überfordert. Es brauchte also eine einfachere Lösung!

Der neue Ansatz basiert auf einem leicht zu bedienenden Tonabspielgerät, so ähnlich wie die für Kinder konzipierte würfelförmige "Toniebox". Deren Anwendung ist denkbar einfach: Wird ein kleiner Gegenstand auf die Lautsprecherbox gestellt, startet die Audiowiedergabe. Die Box erlaubt so eine intuitive Steuerung über eine haptische Interaktion.

Doch dabei sollten nun nicht etwa Hörbücher oder Musik aus dem Lautsprecher ertönen, sondern individuelle Aufnahmen mit ganz persönlichen Inhalten unter dem Motto "Weißt du noch?"

Angehörige werden zu persönlichen Geschichtenerzählern

Erfahrungen zeigen, dass kognitiv eingeschränkte Menschen auf Geschichten positiv reagieren. Deshalb ist die Idee, dass die Kinder, Enkel oder Bekannten der Person von gemeinsamen Erlebnissen berichten oder Geschichten erzählen und diese aufnehmen. Beim Abspielen der Audiodatei sind dann die vertrauten Stimmen der Angehörigen zu hören, die bestenfalls Erinnerungen wachrufen und Nähe zu den sprechenden Personen herstellen.

Erste Tests im Seniorenheim gab es bereits. "Ein Sohn hat für seine demente Mutter Gebete gesprochen. Die digitale Aufnahme wurde mit einer kleinen Marienfigur verknüpft, die der alten Frau viel bedeutet", berichtet Dauner. "Immer, wenn sie diese auf die Box stellt, hört sie die Stimme ihres Sohnes, was ihr sichtlich Freude macht."

HTWD sucht noch Teilnehmende für Test-Studie

Bis Jahresende soll die Demonstrator-Box weiterentwickelt werden, die dann auch ein eigenes datenschutzkonformes Chat-System für weitere Anwendungsmöglichkeiten wie etwa das Senden und Empfangen von Nachrichten bieten soll.

Anfang 2026 soll dann eine Abschluss-Studie zeigen, ob das Gerät tatsächlich die nötige Akzeptanz unter den Seniorinnen und Senioren findet und dabei hilft, Einsamkeit zu überwinden. Für den mehrwöchigen Test suchen Joanna Dauner und ihr Team übrigens noch Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

"Erfüllt die Box ihren Zweck, könnte man sie langfristig auf den Markt bringen, zumal die technologische Basis größtenteils vorhanden ist", so die Projektleiterin. "Wir haben in dem Projekt aber auch viele zusätzliche Erkenntnisse gewonnen, die wir gerne weitergeben möchten."

Links/Studien

Forschungsprojekt "HILDE" – Haptische Interfaces für Lebendige Digitale Erfahrungen der HTW Dresden

idw/tj

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