Wie Friedrich Nietzsche in Weimar zur Philosophie-Ikone wurde
- Das Nietzsche-Archiv ist im 19. Jahrhundert von Naumburg nach Weimar umgezogen.
- Friedrich Nietzsche erlebte seinen Ruhm krankheitsbedingt nicht bewusst.
- Der Großteil seines Nachlasses befindet sich bis heute in Weimar.
Anlässlich des 125. Todestages von Friedrich Nietzsche übergibt die UNESCO am Montag in Weimar die Urkunde zur Aufnahme seines schriftlichen Nachlasses in das Weltdokumentenerbe. Sabine Walter von der Klassik Stiftung sagte MDR KULTUR, der Festakt finde in der Anna Amalia Bibliothek statt, wo die Bücher des Philosophen aufbewahrt werden.

Im Anschluss seien Führungen im Nietzsche-Archiv geplant, wo der Philosoph am 25. August 1900 verstarb. Zudem soll ein Fest vor dem Haus stattfinden.
Wie das Nietzsche-Archiv nach Weimar kam
Dass sich das Archiv in Weimar befindet, ist laut Sabine Walter vor allem der Schwester des Philosophen zu verdanken. Elisabeth Förster-Nietzsche habe im Jahr 1896 den Umzug des von ihr gegründeten Archivs von Naumburg nach Weimar veranlasst – nur ein Jahr nach der Eröffnung des dortigen Goethe- und Schiller-Archivs.

Mit dem Umzug habe Förster-Nietzsche wesentlich zur Ikonisierung ihres Bruders beigetragen, so Walter. Weimar sei im 19. Jahrhundert ein bedeutender Ort des kulturellen Erbes gewesen: "Man pilgerte zu Goethe, Schiller, Herder, Wieland, Luther und Bach." Elisabeth Förster-Nietzsche habe diese Tradition strategisch klug genutzt, um ihren Bruder in die Reihe dieser "Geistesgrößen" einzufügen.
Nietzsche verpasste seinen Ruhm
"Das Making-of Nietzsches als Marke hat tatsächlich in Weimar stattgefunden, aber immer – das muss man sagen – in mentaler Abwesenheit Nietzsches", sagte Sabine Walter von der Klassik Stiftung. Der Philosoph sei ab 1889 nach einem psychischen Zusammenbruch pflegebedürftig gewesen.
Dennoch dürfe man sich "diesen mental abwesenden Nietzsche nicht wie ein Tier in einem Käfig im Zoo vorstellen", betonte Walter. Der Philosoph habe im Obergeschoss der Villa in der Humboldtstraße gelebt, in der sich bis heute das Nietzsche-Archiv befindet, und sei dort von seiner Schwester und einer Angestellten gepflegt worden.

Es sei ihm dort gut gegangen, auch wenn es stimme, dass Förster-Nietzsche gezielt "ausgewählte, teils finanzkräftige Nietzscheaner" in das Zimmer ihres erkrankten Bruders geführt habe.
Ikonische Bilder des Philosophen
Elisabeth Förster-Nietzsche sei es auch mit Büchern und Porträts gelungen, ihren Bruder in Weimar zur Marke zu machen. Dabei sei es ihr wichtig gewesen, Nietzsche nicht als Kranken oder Schwachen darzustellen. "Sie hat großen Wert darauf gelegt, dass das Genie überwiegt und nicht der Wahn."

Nietzsche selbst habe sich zu "denkenden Lebzeiten" allerdings nie malen lassen, sondern sei ausschließlich zum Fotografen gegangen, sagte Walter. Der markante Oberlippenbart, für den er heute bekannt ist, habe er sich aber selbst zugelegt. "Das ist von ihm eine eigene Modeerscheinung gewesen", erklärte die Kustodin.
Großteil des Nachlasses in Weimar
Bereits im April 2025 wurde Nietzsches literarischer Nachlass in das UNESCO-Register "Memory of the World" aufgenommen. Die Handschriften, Briefe und Bücher, die heute von der Klassik Stiftung Weimar im Goethe- und Schiller-Archiv sowie in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek bewahrt werden, gelten damit als bedeutendes Kulturerbe der Menschheit.
Weitere Teile des Nietzsche-Nachlasses befinden in der Universitätsbibliothek Basel, des Staatsarchivs Basel-Stadt und der Stiftung Nietzsche-Haus in Sils-Maria. Auch die Schweizer Institutioen erhalten beim Festakt in Weimar eine Urkunde der UNESCO.
Quellen: MDR KULTUR (Blanka Weber), dpa
Redaktionelle Bearbeitung: vp, tis
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