Wie ein Autozulieferer in der Krise umdenkt
- Neue Geschäftsfelder für Auto-Zulieferer gesucht
- Doch der Einstig in andere Branchen ist nicht leicht.
- Auch bei Testa Motari passte Modulhaus-Bau nicht gleich.
In einer alten ausgedienten Schule in Johanngeorgenstadt passieren merkwürdige Dinge. In fast allen Klassenzimmern wird gehämmert und geschraubt. Im Flur riecht es nach Lack und in der Turnhalle surren Maschinen. Die Schule gehört seit Jahren dem Autozulieferer Testa Motari. Er hat sie, hier im Erzgebirge, zu einer Manufaktur umgebaut.

Vertriebsleiter ist hier Martin Gruber. "Testa Motari gibt es seit zwanzig Jahren", sagt er: "Wir hatten dieses Jahr unser Jubiläum und sind eigentlich bis zum jetzigen Zeitpunkt vorrangig ein Automobilzulieferer im Premium- beziehungsweise im Luxussegment."
Der Hauptkunde der Firma sei Rolls Royce und man fertige hauptsächlich Komponenten für den Interieur-Bereich an, erklärt Gruber.
Neue Geschäftsfelder gesucht
Doch das Unternehmen will nicht mehr nur Zulieferer sein. Testa Motari steigt in ein weiteres Geschäftsfeld ein. Künftig baut die Firma nicht mehr nur Teile für Automobile, sondern auch Immobilien – konkret das Wohnhaus "Johanna", vorgefertigt in der Manufaktur und zusammengefügt beim Kunden.
"Es ist an der Stelle ein Modulhaus", erklärt Gruber. Von dem Begriff Tiny-Haus habe man sich etwas distanziert, da die Wohnfläche 50 Quadratmeter seien. "Aber wir haben ein neues Wohnkonzept entwickelt, wodurch ich über eine intelligente Außenhülle meinen Wohnraum um bis zu 85 Quadratmeter erweitern kann", führt Gruber aus.
Dass ein Autozulieferer auch Häuser entwirft, ist ungewöhnlich. Allerdings suchen in der Krise viele Unternehmen aus der Branche aktuell nach neuen Geschäftsfeldern.
Dirk Vogel vom Netzwerk der Autozulieferer Sachsen sagt, das betreffe Zulieferer kleiner Bauteile aber auch Firmen, die der Branche die Maschinen bauen. "Also die, die im Maschinen- und Anlagenbau tätig sind, die schauen zum Thema Wasserstoff", sagt Vogel. Diese Firmen schauten auch im Bereich der Energiewende, Übertragungs- und Messtechnik. "Und je weiter sie in die große Produktion kommen, dann wird auch mal geschielt in die Verteidigungsbranche, in das ganze Thema Drohne", berichtet Vogel.
Einstieg in andere Branchen ist nicht leicht
Allerdings, ergänzt Vogel, seien Autozulieferer hoch spezialisierte Unternehmen, das Erobern neuer Geschäftsfelder sei nicht leicht. "Die Automobilindustrie ist gewohnt, sehr hohe Stückzahlen zu liefern bei sehr geringen Toleranzen. Sehr viele andere Industrien haben zwar auch hohe Stückzahlen, zum Beispiel die Fahrradbranche, aber eben nicht diese geringen Toleranzen." Als Toleranzen bezeichnet man die möglichen Abweichungen vom gewünschten Maß eines Bauteils, damit es noch mit anderen zusammenpasst. Diese Anforderungen hätten andere Branchen nicht. Damit seien die zum Einsatz kommenden Technologien zu teuer für eine Anwendung in diesen Industrien, erklärt Vogel.
Bei Testa Motari hat das neue Geschäft auch nicht gleich perfekt zum alten gepasst. Der Autozulieferer kann zwar ein paar alte Anlagen auch für den Hausbau nutzen. Die wichtigsten Bauteile dafür kommen künftig aber aus einer zweiten, neuen Fertigung. Wichtig ist das Projekt vor allem für die Beschäftigten. Trotz Wirtschaftsflaute: Die Firma geht neue Wege, nach vorn.
"Gehen wir jetzt mal kurz ins Innere", sagt Martin Gruber und führt durch das Musterhaus in Johanngeorgenstadt. Wohnküche, Schlafzimmer, Bad. Die Einbauschränke aus Bambus. Fußbodenheizung. Alles wirkt minimalistisch, schick. Man habe zum Glück schon einen Architekten, der bisher als Designer gewirkt habe, erzählt Gruber. "Jetzt konnte er auch zurück zu seinen Wurzeln kommen und konnte wirklich auch wieder mal ein Haus designen und konzipieren und eben nicht nur Komponenten für den Automotive-Bereich."
Das Haus soll 250.000 Euro kosten. Einbaumöbel inklusive. Kein Schnäppchen, aber schnell gebaut. Durch die serienmäßige Vorfertigung, erzählt Gruber, dauere das Aufsetzen des Hauses aufs Fundament lediglich eine Woche. Und eins können fast alle Autozulieferer: Effizienz.
MDR AKTUELL
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