Arbeitsmarktforscher: Beste Maßnahme gegen Arbeitslosigkeit ist gute Wirtschaftslage
- Nur etwa die Hälfte aller Bürgergeldempfänger ist wirklich arbeitslos.
- Nur wenige können ohne Einschränkungen arbeiten, das erschwert die Jobvermittlung.
- Experte: Bei guter Wirtschaftslage bekommen viele Bürgergeldempfänger Arbeit.
Von den gut 5,4 Millionen Bürgergeldempfänger gelten nicht einmal die Hälfte als arbeitslos. Der andere Teil ist minderjährig, gesundheitlich eingeschränkt, befindet sich in einer Ausbildung oder im Studium, pflegt Angehörige oder geht einer Arbeit mit nur geringem Lohn nach.
Wirklich arbeitslos ist, wer dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und erwerbsfähig ist. Doch genau diese Definition birgt bereits Schwierigkeiten, meint Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei. "Ich glaube, wenn wir uns anschauen, was erwerbsfähig heißt, nämlich drei Stunden am Tag arbeitsfähig sein, dann ist uns allen sofort klar, für diese Menschen ist es wahnsinnig schwierig, tatsächlich eine Anstellung zu finden und dann im besten Fall auch noch davon leben zu können." Denn die wenigsten Stellenangebote umfassen nur 15 Wochenstunden. Zudem fällt der Verdienst meist gering aus, sodass viele weiterhin Bürgergeld beziehen müssen.
Nur wenige Bürgergeldempfänger können ohne Einschränkungen arbeiten
Hinzu kommen häufig sogenannte Vermittlungshemmnisse bei den Arbeitssuchenden, erklärt Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. "In der Vergangenheit war es sehr stark so, dass ältere Arbeitslose geringe Chancen am Arbeitsmarkt haben. Das dreht sich gerade. Jetzt betreffe es Frauen mit kleinen Kindern, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und Menschen mit einem Berufsabschluss, der heute nicht mehr gefragt sei.
Ohne Vermittlungshemmnisse galten 2023 lediglich 235.000 Bürgergeldempfänger. Allen bietet der Staat verschiedene Maßnahmen an, um wieder in Arbeit zu kommen – darunter berufsqualifizierende Umschulungen und Ausbildungen. Diese könnten vielen beim Einstieg in den Arbeitsmarkt helfen, sagt Fitzenberger. Auch Angebote zur Selbstorganisation und Motivation seien wichtig – denn es gebe häufig gesundheitliche Probleme unter den Bürgergeldbeziehern, sagt Fitzenberg. "Deshalb können auch solche Maßnahmen, die auf den ersten Blick nichts mit dem Arbeitsmarkt zu tun zu haben scheinen, sinnvoll sein, um die Erwerbsfähigkeit längerfristig zu steigern."
Gute Wirtschaftslage von Vorteil für Bürgergeldempfänger
Für Langzeitarbeitslose habe sich das Job-Coaching bewährt. Hier finanziert der Staat über mehrere Jahre die Anstellung. Die wichtigste Maßnahme sei eine Konjunkturpolitik oder eine Verbesserung der Wirtschaftslage, die neue Jobs schaffe, sagt Fitzenberger. "Und dann haben wir gesehen, über die mehr als 20 Jahre jetzt der Grundsicherung, bei sehr guter Arbeitsmarktlage gehen auch sehr viele Bürgergeldempfänger in Arbeit", erklärt Fitzenberger.
Schwindende Budgets infolge angespannter Haushaltslagen und eine schwache Konjunktur verschlechtern die Beschäftigungschancen. Passende Jobs fehlen. Dennoch kann Fitzenberger auf Erfolge verweisen. "Wir haben jetzt durch die Entscheidung, die Ukrainerinnen und Ukrainer 2022 ins Bürgergeld aufzunehmen, einen Anstieg gehabt in der Zahl der Bürgergeldbezieher." Wenn man diese rausrechne, sei die Zahl der Bürgergeldbezieher langfristig deutlich zurückgegangen.
Dabei sind sich Fitzenberger und Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei einig, dass die Zahl der sogenannten Totalverweiger – derjenigen die einfach nicht arbeiten wollen – klein ist. "Es ist hart von diesem bisschen Geld zu leben, es ist hart, sich immer mit dem Amt auseinanderzusetzen", sagt Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei.
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