Gute Stimmung gegen die Furcht vor Sozialabbau
Die SPD will für die schwarz-rote Koalition kämpfen - und für den Sozialstaat. Ist das ein Widerspruch? Die Bundestagsfraktion versucht, das mögliche Dilemma mit Fokus und guter Stimmung aus der Welt zu schaffen.
Noch wird gescherzt, zu einem Snack oder einem Getränk gegriffen - nach und nach trudeln alle Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion zur Klausursitzung ein. Trotzdem gibt die Abgeordnete Carmen Wegge aus Bayern zu: "Also die Stimmung ist nicht so gut, wie sie sein sollte, aber wir sind uns alle einig - und das ist meine Wahrnehmung-, dass diese Koalition funktionieren muss."
Alle müssten sich jetzt zusammenreißen, sagt auch Hakan Demir, Abgeordneter aus Berlin. Das gelte nicht nur für die eigene Fraktion, sondern auch für CDU/CSU. "Ich habe Hoffnung - ich würde keinen Tag aufstehen, wenn ich das Gefühl hätte, ich habe keine Hoffnung."
Enttäuschung und Unverständnis
Die vergangenen Monate haben den Genossinnen und Genossen allerdings einiges abverlangt. Wie zum Beispiel die Zustimmung zur Aussetzung des Familiennachzugs. Dann die verpatzte Wahl neuer Verfassungsrichter.
Die Enttäuschung und das Unverständnis über die fehlende Unterstützung der Union für die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf sitzen tief. Schlechte Umfragewerte kratzen am Selbstbewusstsein der Sozialdemokraten. Und zuletzt immer neue Attacken auf den Sozialstaat aus den Reihen der Union.
"Deswegen wundert es mich manchmal auch, welche Aussagen aus der Union kommen", sagt Carmen Wegge. "Es ist doch selbstverständlich, dass die SPD für den Sozialstaat steht, hinter dem Sozialstaat, hinter den Menschen in diesem Land, die sich aus eigener Kraft möglicherweise nicht mehr selbst helfen können."
Dabei machte Fraktionschef Matthias Miersch vor Beginn des Treffens noch einmal klar: Die SPD steht zum Sozialstaat, aber auch "das Thema Effizienz und das Thema Missbrauch" müsse auf die Tagesordnung. "Das gehört auch zur Wahrheit dazu", sagt Miersch. "Insofern werden das intensive Beratungen, die am Ende hoffentlich dazu führen, dass wir die sozialen Sicherungssysteme und damit unseren Sozialstaat zukunftsfest machen."
Noch in der Kennenlernphase
Bei der Klausursitzung werten die Sozialdemokraten die bisherigen Monate in der Regierung aus und arbeiten jene Arbeitsschwerpunkte heraus, die bis Jahresende umgesetzt werden könnten. Zudem sei nun klarer, wie viel die Koalitionspartner einander zumuten können.
Und man sei oft auch noch in der Kennenlernphase der Kollegen der anderen Parteien, erzählt Hakan Demir: "Ich hatte das Gefühl, dass in den letzten Wochen ein paar Treffen stattfanden und ich treffe mich auch mit sehr vielen Bundestagsabgeordneten von der CDU/CSU, damit man sich mal wirklich kennenlernt. Innerhalb dieser Ausschüsse schafft man das irgendwie nicht, also manchmal ist ein Kaffee oder eine Pizza, die man zusammen isst, schon sehr wertvoll."
Die nächste Aufgabe für die Koalition könnte noch in diesem Monat anstehen: Miersch rechnet damit, dass es noch im September zur Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht kommt. Man sei in guten Gesprächen, so der SPD-Fraktionschef.
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