• Die Landeszentrale für politische Bildung kritisiert den Stadtrat von Wurzen für seine Entscheidung gegen das Netzwerk für demokratische Kultur.
  • Der Stadtrat hat dem Netzwerk Spenden verwehrt, die als Ausgleich für nicht genehmigte Fördermittel gesammelt wurden.
  • Das NDK kündigte an, seine Arbeit fortzusetzen, sieht aber dramatische Konsequenzen für das Kulturangebot im nächsten Jahr.

Nach der Entscheidung des Wurzener Stadtrats gegen das Netzwerk für demokratische Kultur (NDK) regt sich Kritik. Der Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung spricht von einer Fehlentscheidung. Es leuchte nicht ein, warum sich die Stadt Wurzen Fördermittel für den Kulturraum nehmen lasse, sagte Roland Löffler im Gespräch mit MDR KULTUR. In bestimmten Kreisen könne es vielleicht aber auch Taktik sein, "dass man Fördermittel ablehnt, um bestimmte Vereine zu schädigen."

Roland Löffler leitet seit 2017 die sächsische Landeszentrale für politische Bildung. Bei MDR KULTUR kritiserte er die Entscheidung des Wurzener Stadtrates als falsch.Bildrechte: SLpB/Benjamin Jenak

Formal sei die Entscheidung demokratisch getroffen, man könne natürlich aber auch sagen, die Sache hat ein Geschmäckle, wenn hier die Bürger für Wurzen, die AfD und die CDU zusammen stimmen. "Ob damit die ganze Brandmauerdiskussion hinfällig ist, das werden die nächsten Monate zeigen, denn insgesamt in der Bundesrepublik, zeigen wissenschaftliche Studien, hält die Brandmauer, in Wurzen aber anscheinend nicht."

Es könnte in bestimmten Kreisen vielleicht auch eine Taktik sein, dass man Fördermittel ablehnt, um bestimmte Vereine zu schädigen.

Roland Löffler, Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung

Hintergrund von Löfflers Kritik ist die Sitzung des Wurzener Stadtrats am Dienstagabend. Darin hatte das von AfD und CDU dominierte Gremium die Annahme von 13.000 Euro Spenden für das NDK abgelehnt. Damit stehen dem Netzwerk im nächsten Jahr deutlich weniger Mittel zur Verfügung.

Stadtrat entscheidet gegen Demokratie-Netzwerk Wurzen

Zuvor hatte der Wurzener Stadtrat dem NDK bereits im April Fördergelder für 2026 verweigert. Die fehlenden kommunalen Fördermittel wurden daraufhin von privater Seite aufgebracht – als zweckgebundene Spenden für das Netzwerk. Die Abstimmung über die Spenden im Stadtrat stand allerdings bisher aus.

Es war nicht gänzlich überraschend, da im April schon eine deutliche Ablehnung war.

Marcel BuchtaOberbürgermeister von Wurzen

Für den parteilosen Oberbürgermeister Marcel Buchta kam die Ablehnung der Spenden "nicht gänzlich überraschend". Schon im April habe es eine deutliche Ablehnung gegeben, sagte er dem MDR. "Wir hatten hier natürlich eine neue Situation, über die wir ganz ordentlich demokratisch abstimmen wollten." Unabhängig davon gebe es in Wurzen in Sachen Spenden eine "generelle Abstimmungspflicht im Rat".

Folgen für die Demokratiearbeit in Wurzen

Für das seit 25 Jahren aktive Netzwerk hat die Entscheidung weitreichende Folgen. Die zusammengetragenen Mittel waren als kommunaler Eigenanteil die Voraussetzung dafür, um die Fördermittel vom Kulturraum Sachsen in Höhe von 70.000 Euro abrufen zu können.

Ludwig Henne vom NDK Wurzen bezeichnet die Entscheidung, durch die nun sämtliche Fördermittel verloren gingen, als Trauerspiel: "Es ist ein Drama, dass der Stadtrat uns und unsere Arbeit, die auch von der Bevölkerung gesehen und gewollt wird, nicht haben möchte", sagte er MDR KULTUR.

Ludwig Henne arbeitet beim NDK Wurzen an der Entwicklung und Etablierung eines lokalen Demokratienetzwerkes für den Landkreis Leipzig. Bildrechte: NDK Wurzen

Das kann wirklich ganz real sein, dass wir ab Januar keine Veranstaltungen mehr für die Wurzener und Wurzenerinnen anbieten können.

Ludwig Henne NDK Wurzen

Konkret hingen an der Förderung eine Vielzahl von Veranstaltungen wie Open-Air-Kino und Konzerte, aber auch erinnerungspolitische Arbeit, Kulturarbeit im eigenen Haus sowie im Stadtraum. Unklar sei zudem, wie feste Stellen des Netzwerks weiterhin finanziert werden könnten.

Wie geht es für das NDK Wurzen weiter?

Auch ohne die Fördergelder und die Spenden, die nun zurückgezahlt werden müssten, werde das NDK weiter arbeiten, kündigte Henne an. Man werde versuchen, weitere Gelder zu generieren und noch mehr auf Fördermitgliedschaften setzen. Ohne Frage leide aber das Kulturangebot: "Das kann wirklich ganz real sein, dass wir ab Januar keine Veranstaltungen mehr für die Wurzener und Wurzenerinnen anbieten können."

Das NDK wurde 1990 gegründet. Seitdem engagiert es sich in den Bereichen Kultur, Bildung, Vernetzung, Erinnerungskultur, Begegnung und Beteiligung. Bildrechte: Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. Wurzen

Der Verein, der sich seit seiner Gründung auch gegen rechts engagiert, steht in Wurzen schon länger in der Kritik, erhielt für seine Arbeit aber auch viel Unterstützung, etwa durch den Grünen-Chef Felix Banaszak.

Quellen: Stadt Wurzen, MDR KULTUR, MDR SACHSEN, LVZ; redaktionelle Bearbeitung: lm

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