Gera präsentiert sich als Hauptstadt der Ostmoderne
- Am Sonntag feiert der bundesweite Tag des offenen Denkmals seinen Auftakt vor dem Kultur- und Kongresszentrum Gera.
- In den Fokus des Denkmalsschutzes rückt damit in diesem Jahr die sogenannte Ostmoderne.
- Geras Oberbürgermeister Kurt Dannenberg will sich dafür einsetzen, die verbliebenen Denkmäler aus DDR-Zeiten zu bewahren.
Wer den "Palast der Republik“ sehen möchte, muss nach Gera kommen, sagt der Kulturamtsleiter der Stadt, Felix Eckerle. Mitten im Zentrum, an der Einkaufspromenade, steht die etwas kleinere Version, die 1981 als "Haus der Kultur" eröffnet wurde.

Im Gegensatz zum Kulturpalast in Berlin, der 2008 abgerissen wurde, und zu den Gebäuden in Chemnitz und Dresden, die zwar nicht zerstört, aber baulich "überformt" wurden, so Eckerle, sei der Kulturpalast in Gera nahezu vollständig erhalten.
KuK Gera – Aushängeschild der Ostmoderne
Das Kultur- und Kongresszentrum, wie es heute heißt, kurz KuK, zieht auch heute alle Blicke auf sich: ein modern wirkender Bau, errichtet aus Sandstein, Aluminium und getöntem Glas. Innen wirkt es hell und elegant: Treppengeländer führen in ein prachtvolles Foyer, in dessen Mittelpunkt die Skulpturenwand "Lied des Lebens" erscheint.

26 Bildhauer und Bildhauerinnen haben daran mitgewirkt. Anstelle der sonst üblichen propagandistischen Großgemälde sieht man hier kleine Kunstwerke zur Geschichte der Musik. "Und das macht das Haus zeitlos modern, denn hier haben wir etwas, was die Zeiten überdauern wird", sagt Eckerle.
Hier haben wir etwas, was die Zeiten überdauern wird.
Hauptteil des Gebäudes aber ist der diagonal zum quadratischen Baukörper ausgerichtete Veranstaltungssaal, der bis heute genutzt wird, wenn auch mit Einschränkungen wegen der Brandschutzbestimmungen. 1.800 Zuschauer finden hier Platz, es gibt Dolmetscherkabinen, Ton- und Beleuchterlogen, die Raumakustik ist herausragend. In diesem Saal wurde bis kurz nach der Wende die beliebte DDR-Fernseh-Show "Zwischen Frühstück und Gänsebraten" produziert.

"Die technische Ausrüstung war für die damalige Zeit sehr modern und ist in großen Teilen bis heute erhalten", erklärt Eckerle. Das KuK Gera vereint Schönheit und Funktionalität und steht exemplarisch für gelungene DDR-Architektur, die sich abhebt von standardisierten Plattenbauten. Ein Gebäude, das es für Felix Eckerle zu erhalten gilt. Darin ist man sich einig in Gera, über alle Parteigrenzen hinweg. Im Sommer hat sich der Stadtrat einstimmig für Erhalt und Sanierung des KUK ausgesprochen.
Verlust von DDR-Denkmälern
Bei der unweit gelegenen ehemaligen SED-Parteizentrale in der Amthorstraße, ein weiterer Bau der "Ostmoderne", ist es nicht so gut gelaufen. Auch dieses Gebäude wurde mit großem Gestaltungsaufwand und aus feinstem Material errichtet, so Laura Kreisel, Leiterin der Geraer Denkmalbehörde: "Wir haben Saalburger Marmor für Treppe und Boden, eloxiertes Aluminium für Türen und Geländer mit Glasstreifen zwischen den Stäben."

Auffallend ist auch das farbige Glasmosaik zur Hofseite. Es zeigt proletarische Fäuste, Hammer, Sichel und Friedenstaube. Auch vieles andere ist noch gut erhalten, selbst die DDR-Tapete an den Flurwänden. Kein Wunder: Die ehemalige SED-Parteizentrale ist genau wie das KUK eine beliebte Filmkulisse. Die Filmteams kommen regelmäßig. Trotzdem wurde 2010, im Zuge einer energetischen Sanierung, die historische Aluminium-Glas-Fassade des mittleren Gebäudeteils vollständig abgerissen.
Wir sind im 35. Jahr nach der Wende, da ändert sich der Blick. Auch diese Zeit hat natürlich Werte geschaffen und die gilt es neu zu betrachten.
Ein Beispiel für den Verlust von Architekturbestand, sagt Kreisel. Heute würde man das wahrscheinlich nicht mehr tun: "Das war damals ein anderes Selbstverständnis, eine andere Zeit. Und es gab auch weniger technische Möglichkeiten, um die Original-Fassade zu erhalten."
Blickwechsel zum Tag des offenen Denkmals: Achitektur bewahren
Ein Negativbeispiel, das dennoch beflügeln kann. Gerade, weil die Fassade verloren ging, legt man in Gera heute mehr Wert auf den Erhalt von DDR-Architektur. Auch weil es nicht mehr so viele solcher Bauten gibt, sagt Kurt Dannenberg, Oberbürgermeister von Gera. Auch er meint, Der Umgang mit DDR-Architektur habe sich geändert. Viele Bauten, darunter der Palast der Republik in Ost-Berlin, seien abgerissen und unwiderruflich verloren.

Jetzt will man die verbliebenen Bauten möglichst bewahren: "Wir sind im 35. Jahr nach der Wende", sagt Dannenberg, "da ändert sich der Blick. Auch diese Zeit hat natürlich Werte geschaffen und die gilt es neu zu betrachten."
Bauten der Ostmoderne sind wie andere Denkmäler auch Zeitzeugen, findet der Oberbürgermeister. Und egal, ob man sie mit Nostalgie betrachtet oder als Mahnmal sieht: Sie gehören zur Identität einer Region und den Menschen, die hier leben.
Infos zur Eröffnungsveranstaltung
Eröffnung: Tag des offenen Denkmals
Ein Open-Air-Fest für alle
von 11 – 17 Uhr auf dem Platz vor dem KuK
Schloßstraße 1, 07545 Gera
Geboten wird ein Großevent mit Bühnenprogramm, Festmeile, einem interaktiven "Markt der Möglichkeiten", mehr als 50 geöffneten Objekten und Schaubaustellen, an denen Restaurationsarbeit unmittelbar beobachtet werden kann.
Offizielles Programm
Redaktionelle Bearbeitung: lm
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