Inhalt des Artikels:

  • Lockangebote über unbekannte Telegram-Chatgruppen
  • Betrüger bauen Belohnungssystem auf, Risikogefühl sinkt
  • Aufforderungen zu Investitionen in der Gruppe
  • Achtung: Opfer machen sich nicht selten selbst strafbar
  • So schützen Sie sich: Tipps der Polizei

Lockangebote über unbekannte Telegram-Chatgruppen

Dass immer mehr Werbung über Social Media verbreitet wird, machen sich auch Betrüger zunutze, um ihren Opfern Geld aus der Tasche zu ziehen. Eine auf Telegram bekannte Masche: Nutzer werden ungefragt Chatgruppen auf dem Kanal hinzugefügt und bekommen dann scheinbar lukrative Jobangebote zugespielt. "Verdienen Sie zwischen 50 und 500 Euro pro Tag“, heißt es da nicht selten.

"Grundsätzlich ist es so, dass die betrügerischen Banden sich eher an junge Menschen wenden, die auf einfachem Weg Geld im Internet dazu verdienen wollen. So erfolgreich sind die Banden unter anderem deshalb, weil relativ viel Geld, teilweise bis zu Hunderten Euro täglich, für relativ einfache Aufgaben in Aussicht gestellt werden", erklärt Claudia Seidemann von der Polizei Börde gegenüber dem MDR-Magazin Kripo live.

So erging es diesen Sommer auch einer 39-Jährigen aus Haldensleben, die inzwischen bei der Polizei Börde Anzeige wegen Betrugs gestellt hat. Sie hat im MDR-Magazin Kripo live ihre Geschichte erzählt, um andere zu warnen: Um Geld zu verdienen, sollte sie immer wieder selber welches investieren. Am Ende hat sie eine vierstellige Summe verloren. Sie will unerkannt bleiben.

Betrüger bauen Belohnungssystem auf, Risikogefühl sinkt

"Da schrieb jemand, wir helfen Ihnen dabei, Geld zu verdienen", erinnert sich die 39-Jährige. Zuvor sei sie ungefragt einer Chatgruppe auf Telegram hinzugefügt worden, über die sie dann die Jobangebot-Nachricht erhalten habe. Um schnell viel Geld zu verdienen, müsse sie nur Unternehmen auf Instagram folgen. Bei Interesse sollte sich das Betrugsopfer bei einer Frau namens Alisa melden, um Weiteres zu erfahren.

Dieser Alisa habe sie dann neben weiteren persönlichen Daten auch ihre Paypal-Adresse mitteilen sollen. Damit sollte die Betroffene schon alleine zehn Euro verdienen. Das habe auch problemlos funktioniert. "Die Dame hat hier sehr schnell diese zehn Euro bekommen. Das macht natürlich Lust auf mehr, weil dieses Grundvertrauen für dieses Geschäftsmodell erstmal geschaffen wurde", erklärt Heike Teubner von der Verbraucherzentrale Sachsen gegenüber dem MDR-Magazin Kripo live.

Im weiteren Verlauf habe die 39-Jährige Aufgaben erfüllen müssen, nach deren Erledigung sie jeweils Geld bekommen habe. Sie habe sich damit von einer Praktikanten zu einem festen Mitglied im "Jobsystem" hochgearbeitet. Auch die Provisionen seien mit der Zeit gestiegen. “Die ersten Aufgaben bestanden tatsächlich darin, vorgegebenen Unternehmen und Personen auf Instagram zu folgen, um deren Reichweite zu erhöhen und so deren Marktwert zu steigern, hieß es. Ich habe damit zwar nur ein paar Euro verdient, aber das hat mir auch erstmal gereicht", sagt die 39-Jährige.

Immer mehr erreichen und dafür belohnt werden

Stück für Stück neu gestellte Ziele erreichen zu können, dafür Annerkennung und auch Belohnung in Form von Provisionen zu bekommen, habe die 39-Jährige angetrieben, immer weiter mitzumachen. Erfüllte Aufgaben hätten sie wie in einem Spiel in ein neues Level befördert, berichtet sie Kripo live. Die Aufgaben wurden immer herausfordernder, die Einsätze und Gewinne immer größer.

Aufforderungen zu Investitionen in der Gruppe

In einer weiteren Phase habe die 39-Jährige nicht mehr nur Unternehmen auf Instagram folgen sollen, sondern auch Investitionsaufgaben gestellt bekommen. Sprich: Sie sollte online bei vorgegebenen Händlern Produkte kaufen, um die Absatzzahlen anzukurbeln. Je mehr sie investiere, desto größer sei ihr Gewinn, sei ihr versprochen worden. Für sie sei das plausibel gewesen. Und was sie eingesetzt habe, sei auch mit einem ordentlichen Plus, an sie zurückgeflossen. "Für den Verbraucher wird der Eindruck erweckt, er kann selbst entscheiden, ihm wird die Wahl gelassen in Bezug auf seine Risikobereitschaft. Das macht natürlich schon ein gutes Gefühl", sagt Heike Teubner von der Verbraucherzentrale Sachsen dazu.

Jetzt haben die Betrüger ihre Opfer, wo sie sie haben wollen. Die nächste Stufe wurde gezündet: Das Betrugsopfer sei nun Teil einer Arbeitsgruppe mit fünf anderen Mitarbeitenden geworden. Die verlangten Einsätze seien immer höher geworden. Die Ansage: Eine Rückzahlung mit Provision herfolge in jeder Stufe erst, wenn alle in der Gruppe die Aufgabe erfüllt hätten. "Mit der Gruppenbildung wird das Ziel verfolgt, dass ein gewisser sozialer Druck aufgebaut wird. Es befinden sich teilweise angeblich länger dort arbeitende Mitarbeiter in der Gruppe, die natürlich manipulativ auf die Neueinsteiger einwirken. Durch die Gruppe selber entsteht dann so ein Gedanke, wenn ich jetzt nicht mitmache, dann habe ich ein schlechtes Gewissen oder dann sind die anderen in der Gruppe benachteiligt", weiß Verbraucherschützerin Taubert. Tückisch dabei: Es ist gar nicht klar, ob es sich um "echte Menschen" in der Gruppe handelt oder die Betrüger dort selber die Rollen weiterer Mitarbeiter spielen. In Zeiten von KI ist auch denkbar, dass hier KI-Chatbots eingesetzt werden, die den Eindruck einer Gruppenaktivität erwecken sollen.

Am Ende habe die 39-Jährige 4.000 Euro für ein Produkt investieren sollen. "Ich musste aussteigen und mein Geld war weg", sagt sie. Rund 2.000 Euro habe sie so verloren, denn für einige Einsätze, die sie zuvor getätigt hatte, habe sie dann auch kein Geld mehr zurückbekommen. Dabei habe ihr Mann sie noch gewarnt, bei diesem "Jobsystem" einzusteigen.

Durch die Gruppe selber entsteht dann so ein Gedanke, wenn ich jetzt nicht mitmache, dann habe ich ein schlechtes Gewissen.

Heike Taubert, Verbraucherzentrale Sachsen

Achtung: Opfer machen sich nicht selten selbst strafbar

Bei den Opfern geht es bei derartigen unseriösen Jobangebtoen nicht nur um ihre verlorenen Gelder. Sie müssen selbst damit rechnen, dass die Polizei gegen sie wegen Betrugs ermittelt. "Der Schaden der Betroffenen ist zum einen natürlich der finanzielle Verlust, da sehr unwahrscheinlich ist, dass sie ihr Geld zurückbekommen. Auf der anderen Seite ist die Gefahr groß, dass die Geschädigten selbst in den Fokus polizeilicher Ermittlungen gelangen, da der Anfangsverdacht der Geldwäsche im Raum steht", sagt Claudia Seidemann von der Polizei Börde gegenüber dem MDR-Magazin Kripo live.

Die Opfer werden oft gebeten, Geld an Dritte weiterzuleiten. "Das Geld, was hier weitergeleitet wird, stammt oft selber schon aus Betrugshandlungen", so die Ermittlerin. Dafür sollten die Opfer auch teilweise neue Konten eröffnen, um Geldüberweisungen in Echtzeit durchführen zu können. Die Betrüger sitzen nach Angaben der Polizei meist im Ausland. "Was die Arbeit der Polizei zusätzlich erschwert", so Seidemann.

So schützen Sie sich: Tipps der Polizei

  • Ist der Auftraggeber des Jobangebots seriös? Informieren Sie sich über das Unternehmen.
  • Vorsicht bei Kontaktaufnahmen über Messenger-Dienste.
  • Auffällige Rechtschreib- und Grammatikfehler in der Anzeige? Finger weg!
  • Überdurchschnittlich hohe Verdienste für einfache Tätigkeiten sollten die Alarmsirenen schrillen lassen.
  • Ausweispapiere, Kontoverbindungen oder andere persönliche Daten nicht ohne Weiteres an Dritte geben, auch nicht als Kopie.
  • Ist man in die Falle getappt: Die Polizei informieren!

MDR (cbr)

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