Warum sich viele Meister nicht mehr selbstständig machen wollen
- Immer weniger angehende Meister planen den Schritt in die Selbstständigkeit.
- Bundesweit fehlen in vielen Handwerksbetrieben Nachfolger.
- Bürokratische Hürden sowie eine hohe Arbeitsbelastung machen die Selbstständigkeit für viele unattraktiv.
- Grundsätzlich können Meister jedoch auch ohne eigene Firma Führungsaufgaben übernehmen.
Ein Schulungsraum in Borsdorf bei Leipzig, im Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer. Der 26 Jahre alte Tim Büttner sitzt vor einem PC, konzentriert arbeitet er mit Excel und einer Software für technische Zeichnungen an einer Aufgabe: "Das ist jetzt hier ein Grundriss. Man hat eine Maschinenhalle und eine Werkstatt. Und man hat einen Auftrag. Das sieht dann so aus, dass man hier eine Aufgabenstellung bekommt", erklärt Büttner.
In der Nachbarschulbank hat sich Pierre Hentschel an der Aufgabe festgebissen. Es geht darum, die fiktive Halle mit Elektrotechnik auszustatten, Leitungen, Schalter, Steckdosen, Lampen, erklärt der 42-Jährige. "In den Plan zeichnen wir wirklich alles ein, jede Leitung, jede Lampe, jede Steckdose."
Hoffnung auf bessere Karrierechancen
Insgesamt elf Männer und eine Frau bereiten sich in Borsdorf auf die Meisterprüfung vor. Viele, so erklärt Ausbilder Thomas Fait, interessieren sich für bessere Karrierechancen als Angestellte in Führungspositionen. Nur wenige möchten später als Meister einen Betrieb übernehmen oder gründen "Da gibt es immer mal wieder aus den letzten Klassen so gefühlt zwei, drei von den zwölf Teilnehmern, die wollen in die Selbständigkeit", sagt Fait. "Einige machen es, um als Angestellter Meister zu werden und es gibt welche, die wollen nur die Erfahrung sammeln."
Nachfolgekrise im Handwerk
Bundesweit muss in den nächsten fünf Jahren für jeden vierten Handwerksbetrieb ein Nachfolger gefunden werden, zeigen Branchenumfragen. Zwar gibt es mehr Meister, doch weniger, die einen Betrieb übernehmen wollen. Ein Grund sei die Bürokratie, heißt es vom Zentralverband des Handwerks. Drei von vier Betrieben sehen den Papierkram als größte Belastung. Thomas Fait vermutet, dass auch Überstunden als Selbstständiger abschrecken. Viele wollten lieber einen Nine-to-Five-Job als Angestellte.
Auch Tim will sich später nicht selbstständig machen: "Das ist auch eine berufliche Weiterbildung, wo man eventuell ein bisschen mehr Geld verdienen kann, aber auch ein bisschen mehr Erfüllung später in seinem Job hat."
Betriebsleitung auch ohne Selbstständigkeit möglich
Man muss sich übrigens nicht immer selbstständig machen, um in einem Meisterbetrieb die Leitung zu übernehmen. Je nach Aufbau des Betriebs kann man auch als angestellter Meister die fachliche Betriebsleitung übernehmen, während die nicht-technische Geschäftsführung den Betrieb leitet. So will es Pierre später machen, dessen Chef bald in Rente geht. "Ja ich habe mir das gut überlegt und dann gleich gesagt, mach ich gerne. (…) Aber ich kenne viele Firmen bei uns in der Gegend, die altersbedingt aufhören. Es werden immer weniger Firmen."
Die Meisterprüfung ist erst in anderthalb Jahren, bis dahin müssen die Schüler noch rund 1.000 Stunden die Schulbank drücken. Und nebenher übrigens auch in ihren Betrieben arbeiten.
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