Nirgends mehr Fachkräfte in Kindergärten als in Thüringen und Sachsen
Inhalt des Artikels:
- Gute Fachkraft-Quoten in Kindergärten
- Ist die gute Quote ein Grund zur Freude?
- Was ist gegen Quereinsteiger in Kitas zu sagen?
- Was bedeutet das für Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt?
- Wie entwickeln sich die Fachkraft-Quoten?
Gute Fachkraft-Quoten in Kindergärten
Im Landkreis Sömmerda in Thüringen ist der Anteil an pädagogischem Fachpersonal in Kindergärten bundesweit am höchsten. Das geht aus einer neuen Auswertung der Bertelsmann-Stiftung hervor, die das Kita-Personal in Kreisen und kreisfreien Städten miteinander vergleicht.
Demnach haben in 94 Prozent der Kita-Teams im Kreis Sömmerda mehr als vier von fünf Erzieherinnen und Erziehern einen entsprechenden Fachschulabschluss. Auch im Ländervergleich liegt Thüringen an der Spitze, gefolgt von Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Insgesamt liegt die durchschnittliche Fachkraft-Quote pro Kindergarten in den ostdeutschen Bundesländern im Durchschnitt bei 87 Prozent.
Eine hohe Fachkraft-Quote ist laut Studie dann gegeben, wenn mindestens 82,5 Prozent des pädagogischen Personals in einem Kindergarten mindestens einen einschlägigen Fachschulabschluss aufweisen.

Ist die gute Quote ein Grund zur Freude?
"Wie gut die Förderung von Kindern ist, hängt sehr von der Qualifikation ab", sagt Kathrin Bock-Famulla, eine der Autorinnen der aktuellen Bertelsmann-Studie. Dies sei wissenschaftlich erwiesen. Aber auch andere Faktoren würden eine Rolle spielen, etwa der Personalschlüssel: Wie viele Menschen kümmern sich um die Kinder in einer Einrichtung? "Und da haben wir in den östlichen Ländern ein deutlich schlechteres Verhältnis als in vielen westdeutschen Bundesländern."
Bock-Famulla verweist auf die Zeit, die jedes Kind im Kindergarten einfordert: "Es ist ja nicht so, dass man mit einer besseren Qualifikation mehr Kinder betreuen kann." Folglich sei die Fachkraft-Quote wichtig für die pädagogische Betreuung der Kinder. Aber eben nicht allein ausschlaggebend.
Was ist gegen Quereinsteiger in Kitas zu sagen?
Die oftmals günstigeren Quereinsteiger müssten von Anfang an berufsbegleitend geschult werden, heißt es von den Expertinnen für frühkindliche Bildung der Bertelsmann-Stiftung. Oftmals hätten sie keine hinreichende pädagogisch Qualifikation. Womit sie auch eine Belastung fürs Team darstellen könne - schließlich müssen sie im Kita-Alltag eingearbeitet werden.
"Wir haben in Deutschland hohe Anforderungen an unser Bildungssystem", sagt Kathrin Bock-Famulla. "Aber wir beobachten, dass die Leistungen von Schülerinnen und Schülern schlechter werden. Und das hat natürlich auch mit den Personalschlüsseln in Kitas zu tun, wo es immer mehr Kinder gibt, die viel Zeit beanspruchen."

Was bedeutet das für Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt?
Städte wie Weimar, Dresden oder Halle, aber auch ländliche Regionen spüren die sinkenden Geburtenzahlen. Manche Kindergärten oder Kita-Gruppen stehen vor dem Aus, da sie nicht mehr ausgelastet sind.
Kathrin Bock-Famulla empfiehlt, in dieser generell negativen Situation denjenigen Aspekt zu sehen, den man positiv nutzen könnte: "Wir sollten die pädagogischen Fachkräfte, die aufgrund dieser Entwicklung nicht mehr in ihrer Gruppe oder ihrer Kita arbeiten können, in anderen Gruppen einsetzen." Das sei eine große Chance für die Kindergärten in Ostdeutschland.
Sie und andere Expertinnen für frühkindliche Bildung raten generell zu mehr Personal. Auch mit Blick auf die Krankheitsquote in dem Berufsfeld, "die in ostdeutschen Ländern höher ist". Grund dafür seien auch sehr viele psychische Erkrankungen. Es sei ein Teufelskreis: Die Belastung ist hoch, der Krankenstand steigt, der Druck auf die anderen Mitarbeitenden wächst weiter.
"Für alle ostdeutschen Bundesländer wäre es bis 2030 möglich, die wissenschaftlich empfohlenen Betreuungsquoten zu erreichen, wenn wir die durch Schließungen frei werdenden Fachkräfte woanders einsetzen", sagt Bock-Famulla.

Wie entwickeln sich die Fachkraft-Quoten?
Die Studien der vergangenen Jahre zeigen, dass der Anteil an gut ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern in den meisten Bundesländern in den vergangenen Jahren gesunken ist. Das wird darauf zurückgeführt, dass immer mehr Menschen mit pädagogischen Aufgaben betraut werden, die aus anderen Branchen kommen, etwa Geburtshelferinnen oder Krankengymnasten. Dies sei auch dem Kostendruck auf die Kindergärten beziehungsweise die Kommunen geschuldet.
Wer gilt als Fachkraft in Kindergärten?
Einen entsprechenden Hochschul- oder Fachschulabschluss und damit die formale pädagogische Qualifikation haben laut Stiftung etwa Sozialpädagoginnen, Sozialarbeiter, Erzieherinnen, Erziehungswissenschaftlerinnen, Kindheitspädagogen sowie Heilpädagogen und Heilerzieherinnen. Je nach Bundesland fallen die Regeln, wer ohne formale pädagogische Voraussetzung in einer Kita arbeiten darf, unterschiedlich aus.
Im internationalen Vergleich liege Deutschland aber vor vielen anderen EU-Ländern - insbesondere die ostdeutschen Bundesländer. In fünf Bundesländern gab es zum Stichtag 1. März 2024 laut Analyse einen leichten Anstieg bei den Kitas mit hohem Anteil von Fachkräften. Das größte Plus verzeichnete Sachsen. Die zehn Kreise mit dem niedrigsten Anteil sind laut Studie alle in Bayern zu finden. Den letzten Platz belegt der Landkreis Augsburg. Dort liegt der Anteil an pädagogischem Fachpersonal bei nur 2,3 Prozent. Die teils starken Unterschiede erklären die Autorinnen der Studie mit unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen in den Bundesländern und mit der Finanzsituation der Träger.
Um die Kita-Qualität zu sichern, empfiehlt die Bertelsmann Stiftung daher, die rechtlichen wie finanziellen Rahmenbedingungen zu verbessern und - mit Blick auf den demografischen Wandel - vorausschauend zu planen.
MDR (mm)
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke