MDR AKTUELL: Frau Hecker, wie entstehen denn Fehldiagnosen in der ePA? 

Ruth Hecker: Falsche Diagnosen in der elektronischen Patientenakte entstehen nicht, weil die Akte sie erfindet, sondern weil Menschen und Systeme falsche Daten einspeisen. Und entscheidend ist, dass Patientinnen und Patienten Einblick und Kontrolle haben und überprüfen, was dort steht und gegebenenfalls mit ihren Ärztinnen und Ärzten, wenn das nicht stimmt, Rücksprache halten. Außerdem haben sie das Recht, Dinge löschen zu lassen, wenn es nicht der Wahrheit entspricht. 

Dr. Ruth HeckerBildrechte: Aktionsbündnis Patientensicherheit

Insofern ist es jetzt ein Vorteil, dass wir mit der ePA Transparenz haben? Also ganz genau selbst prüfen können, was da über uns festgehalten wird. 

Absolut, das ist ein ganz, ganz großer Vorteil, dass ich selber als Patientin, als Patient weiß, was dort steht und das überprüfen kann. 

Wie groß ist denn die Gefahr, dass in die ePA etwas reingeschrieben wird, was gar nicht stimmt? 

Ich kann das nicht in Prozentzahlen beziffern, aber die Gefahr ist da. Ich habe das tatsächlich auch schon von Patientinnen und Patienten aus dem Freundeskreis und weiteren gehört, dass sie manchmal überrascht waren, was in ihrer elektronischen Patientenakte steht. 

Das hat manchmal damit zu tun, dass man ja auch verschiedene Dokumente hochlädt und dann eventuell auch Übertragungsfehler macht, zum Beispiel Copy und Paste aus alten Dokumenten, dass falsche ICD-Codes eingespeist werden, Tippfehler dabei sind, aber auch unter Umständen falsches Mapping zwischen den Systemen, denn da arbeiten ja ganz viele elektronische Systeme zusammen. 

Problematisch wird es ja beispielsweise, wenn ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen will. Sie haben schon die sogenannten ICD-Codes angesprochen, das sind die Diagnosen, die dahinterstecken. Gibt es Diagnosen, die besonders problematisch sind bei Berufsunfähigkeitsversicherungen? 

Ich habe tatsächlich auch eine lange Anamnese, also viele Dinge, die in meinem Leben schon passiert sind, krankheitsbezogen. Und tatsächlich vergesse ich auch schon mal das eine oder andere. Das wird mit der ePA dann nicht mehr passieren. Und genauso gut geht es aber auch Ärztinnen und Ärzte, die aufgrund der Abrechnungsmodalitäten vielleicht eine Diagnose etwas verschärft haben. Da passieren – sicherlich nicht in der Menge – auf beiden Seiten natürlich auch Fehler. 

Die Idee hinter der elektronischen Patientenakte ist ja erstmal ziemlich gut. Sie sagen, es passieren natürlich trotzdem Fehler und wir haben jetzt diese Transparenz. Jetzt kommt diese Befürchtung, dass da so ein generelles Misstrauen nun entsteht. Was empfehlen Sie uns denn, wie wir uns jetzt verhalten sollten? 

Es ist ganz wichtig, dass man selbst in die elektronische Patientenakte hineinguckt und sich die Mühe macht, wirklichen Zugang zu bekommen – um dann selbst zu überprüfen und gegebenenfalls mit Ärztinnen und Ärzten Rücksprache zu halten, die Krankenkasse anzurufen und zu fragen: Wie kann ich das löschen?

Der zweite Weg ist, zu überlegen, wie man falsche Diagnosen aus dem System bekommt. Als Patient hat man ja dieses Recht. Es ist die Patientenakte. Somit kann man Einträge auch überprüfen, löschen lassen oder verändern lassen. Das ist für alle Beteiligten unter Umständen ein Aufwand. Aber er wird sich lohnen im Verlauf der Anbindung an die elektronische Patientenakte. Grundsätzlich ist all das ein Gewinn. Wir dürfen jetzt nur nicht aufgeben und sagen: Das ist mir alles zu kompliziert, das ist mir alles zu schwierig. 

Sie haben ja auch Ihre persönliche Lage schon angesprochen. Wie ist denn der konkrete Nutzen bei Ihnen? 

Ich kann das nur aus eigenen Erfahrungen berichten. Vor anderthalb Jahren habe ich einen komplett falschen Arztbrief bekommen – von einer komplett anderen Patientin in meinem Namen. Wenn sowas in die elektronische Patientenakte eingespeist wird, ist es doch auch mein gutes Recht zu sagen: Da stimmt was nicht. Das sind ganz normale Fehler, die müssen wir jetzt aufräumen. 

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke