Wie geht es mit den Einbürgerungen weiter?
Der Bundestag befasst sich erneut mit Verschärfungen in der Migrationspolitik. Heute geht es um die Abschaffung der "Turbo-Einbürgerung", morgen um die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Was sind die Knackpunkte?
Was hat es mit der "Turbo-Einbürgerung" auf sich?
Seit mehr als einem Jahr gelten für Einbürgerungen kürzere Fristen: Im Regelfall sind sie bereits nach fünf statt zuvor nach acht Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich. Bei besonderen Integrationsleistungen ist eine beschleunigte Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich.
Diese besonders schnelle Variante will die schwarz-rote Koalition nun wieder abschaffen. Aus Sicht von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt ist die von der Ampel-Regierung eingeführte "Turbo-Einbürgerung" ein Irrweg.
Welche Reaktionen gibt es auf die geplante Abschaffung?
Die Meinungen gehen auseinander. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration, Winfried Kluth, hält den Schritt für sinnvoll, weil damit der Eindruck eines zu leichten Zugangs zur deutschen Staatsangehörigkeit korrigiert werde.
Der Migrationsforscher Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat hingegen davor gewarnt, dass durch die Rücknahme der Anreiz für Hochqualifizierte sinke, nach Deutschland zu kommen.
Welche Voraussetzungen gelten für eine schnellere Einbürgerung?
Um die beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren beantragen zu können, müssen Anwärter besonders gute Integrationsleistungen nachweisen, etwa in der Schule, im Beruf oder Ehrenamt. Zudem müssen Anwärter den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie finanzieren können und höhere deutsche Sprachkenntnisse nachweisen.
Für die Einbürgerung nach fünf Jahren gelten niedrigere Anforderungen, etwa bei den Sprachkenntnissen. Der Lebensunterhalt muss aber ebenfalls finanziert werden können.
Wie viele Menschen haben sich schneller einbürgern lassen?
Eine verlässliche Gesamtzahl für Deutschland ist bislang nicht bekannt. Recherchen verschiedener Medien bei Ländern und größeren Städten zufolge lagen die Zahlen aber in einem sehr niedrigen Bereich.
Trotz Rekordeinbürgerungszahlen im vergangenen Jahr meldeten manche Bundesländer demnach nur eine einstellige Zahl von "Turbo-Einbürgerungen", andere eine zweistellige und nur Berlin erreichte eine dreistellige. Insgesamt lag der Anteil besonders schneller Einbürgerungen damit vermutlich bei weniger als einem Prozent.
Worum geht es bei der EU-Asylreform?
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sieht unter anderem einheitliche Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vor - mit dem Ziel, Migranten gegebenenfalls direkt von dort abschieben zu können. Auch sollen Betroffene in sogenannte sichere Drittstaaten zurückgeschickt und Asylverfahren dorthin verlagert werden können.
Außerdem soll das bisherige sogenannte Dublin-Verfahren geändert werden, das regelt, welcher Mitgliedsstaat für das Asylverfahren eines Schutzsuchenden zuständig ist. Viele kritisieren das bisherige Verfahren als dysfunktional. Die Mitgliedstaaten haben bis Juni 2026 Zeit für die Umsetzung der Reform.
Wie sieht die Umsetzung in Deutschland aus?
Die Bundesregierung hat die Umsetzung der EU-Asylreform in deutsches Recht Anfang September auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett billigte einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Dobrindt. Darüber soll nun entschieden werden.
Dobrindt betont allerdings immer wieder, dass er die Reform noch "härten und schärfen" wolle. Zuletzt sprach er darüber mit mehreren Amtskollegen am vergangenen Samstag in München.
Ein Punkt, der dabei im Fokus steht, ist das sogenannte Verbindungselement: Es besagt, dass Migranten eine Verbindung zu dem Drittstaat haben müssen, in den sie abgeschoben werden oder in den ihr Asylverfahren verlagert wird. Dieses Element wollen CDU, CSU und SPD laut Koalitionsvertrag streichen. Auch andere EU-Staaten sind dafür.
Was sagen Kritiker zur geplanten Umsetzung in Deutschland?
Flüchtlings- sowie Menschen- und Kinderrechtsorganisationen warnen davor, dass damit künftig reihenweise Geflüchtete in zumindest zum Teil geschlossenen Zentren quasi inhaftiert werden könnten. Eine neue Form von De-facto-Haft könnte auch Familien mit Kindern betreffen, befürchten etwa Pro Asyl, Amnesty International oder das Deutsche Kinderhilfswerk. Die Gesetzentwürfe zur Umsetzung der GEAS-Reform sehen Möglichkeiten zur Beschränkung der Bewegungsfreiheit sowie zur Haft vor.
Wie ist der aktuelle Stand auf europäischer Ebene?
Die EU-Kommission hat im Mai bereits vorgeschlagen, dass die Verbindung Betroffener zu Drittstaaten künftig nicht mehr obligatorisch sein soll. Demnach könnte schon die Durchreise durch einen als sicher angesehenen Drittstaat ausreichen. Zudem könnten Migrationsabkommen und -vereinbarungen mit anderen Staaten dafür sorgen, dass eine Abschiebung dorthin möglich wäre - sofern eine Prüfung des Asylantrags sichergestellt ist.
Mit den Änderungen müssen sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat aber noch befassen. Das gilt ebenfalls für ein neues Gemeinsames Europäisches Rückkehrsystem, das die Kommission im März für mehr und schnellere Abschiebungen vorgeschlagen hat.
Mit Informationen der Nachrichtenagentur KNA
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