László Krasznahorkai erhält den Literaturnobelpreis 2025
- Der Ungar László Krasznahorkai erhält den diesjährigen Nobelpreis für Literatur.
- Sein jüngster Roman "Herscht 07769" spielt in Thüringen.
- Der Literaturnobelpreis wird am 10. Dezember verliehen.
Der Literaturnobelpreis 2025 geht an den Autor László Krasznahorkai aus Ungarn. Das gab die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm bekannt. Der 71-jährige Schriftsteller und Drehbuchautor erhalte die Auszeichnung "für sein unwiderstehliches und visionäres Œuvre, das inmitten apokalyptischen Terrors die Macht der Kunst bekräftigt", sagte der Ständige Sekretär der Akademie, Mats Malm, bei der Bekanntgabe.
Krasznahorkai gilt vielen Experten als der bedeutendste ungarische Autor der Gegenwart. Er zählt seit Jahren zum engeren Favoritenkreis für den Literaturnobelpreis. Die Schwedische Akademie lobte ihn für seine "außergewöhnliche sprachliche Vitalität", für seinen "kraftvollen, musikalisch inspirierten epischen Stil", die "große lyrische Schönheit" seiner Werke.

Mitte der 1980er-Jahre erschien Krasznahorkais Debütroman "Satanstango" in Ungarn. Wie viele seine Bücher wurde es von dem ungarischen Regisseur Béla Tarr verfilmt. Krasznahorkais Werke werden häufig als postmodern und apokalyptisch sowie als stark beeinflusst von Literaturgrößen wie Franz Kafka und Samuel Beckett beschrieben. Seine Romane und Erzählungen wurden in über 30 Sprachen übersetzt und behandeln häufig das Leben in Krisensituationen sowie grundlegende Fragen der menschlichen Existenz.
Jüngster Roman spielt in Thüringen
In Deutschland erscheint Krasznahorkai im Verlag S. Fischer. In den vergangenen Jahren wurden dort die Erzählbände "Seiobo auf Erden" (2010), "Die Welt voran" (2014) sowie "Im Wahn der Anderen" (2023) veröffentlicht. Krasznahorkais neuster Roman "Herscht 07769" spielt in Thüringen. Darin versucht ein junger Mann in einer Kleinstadt in der thüringischen Provinz zwischen Nazis und Einwohnern zu vermitteln. Eine Bühnenadaption des Buches ist 2022 im Theater Rudolstadt uraufgeführt worden.
Der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer nennt "Herscht 07769" einen "unfassbaren Teufelstango". Auch Autor Ingo Schulze hält große Stücke auf das Buch: "Lange ist mir ein Protagonist nicht mehr so ans Herz gewachsen wie Florian Herscht", wird er auf der Seite des Fischer-Verlags zitiert. "Gemeinerweise kann man in diesem Buch nie aufhören zu lesen. Ich sage es nicht mal neidisch, sondern als Beschenkter: László Krasznahorkai hat den heutigen deutschen Roman geschrieben."
Favoriten von Haruki Murakami bis Salman Rushdie
Als Favoriten galten zuvor vor allem bekannte Namen wie der japanische Autor Haruki Murakami. Auch die aussichtsreiche Kandidatin aus dem vergangenen Jahr hat wieder gute Quoten in den Wettbüros: Can Xue. Doch im vergangenen Jahr wurde mit Han Kang aus Südkorea bereits eine Autorin aus Asien ausgezeichnet.

Neben Dauerbrennern wie Salman Rushdie, Margaret Atwood, Stephen King, Isabel Allende, Joyce Carol Oates, Thomas Pynchon oder Michel Houellebecq, die für das Nobelkomitee vielleicht schon zu berühmt sind, tauchten auf den Wettlisten diesmal auch neue Namen auf. Zum Beispiel ist da die Mexikanerin Cristina Rivera Garza, die mit "Lilianas Unvergänglicher Sommer" über ihre ermordete Schwester geschrieben und dafür einen Pulitzerpreis gewonnen hat. Sie gehört mit dem Spanier Enrique Villamatas zu den Neuzugängen, denen gemäß der Wettquoten durchaus Siegchancen zugetraut wurden.
Heißer Tipp aus Schweden: Kracht oder Rushdie
Björn Wiemann, Kulturschef der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter, beobachtet das Wahlverhalten der schwedischen Akademie seit vielen Jahren. Er rechne damit, dass nach der südkoreanischen Schriftstellerin Han Kang in diesem Jahr ein eher prominenter weißer Mann aus Europa dran ist, sagte er vorab.

Er hat auch einen konkreten Tipp. Als er kürzlich die Buchmesse in Göteborg besuchte, gab der Schweizer Schriftsteller Christian Kracht ein Seminar und eine ganze Reihe von Vertretern der schwedischen Akademie saß in der ersten Reihe. Genau dieses Szenario habe Wiemann schon einmal erlebt, bevor 2004 die Österreicherin Elfriede Jelinek den Literaturnobelpreis bekam. Der 58-jährige Kracht passe laut Wiedmann genau ins Kandidatenprofil: "Sein Werk, das auf der Freiheit des Einzelnen beharrt, seine politische Vieldeutigkeit, die künstlerische Freiheit seines variablen Tons, all das dürfte der Akademie gefallen." Vielleicht sei er etwas jung, aber es habe bereits vorher junge Preisträger gegeben.
Wiedmann selbst aber setzt wieder auf Salman Rushdie. Der Literaturkritiker hält es für eine Schande, dass der 78-jährige indisch-britische Autor der "Satanischen Verse", der vor drei Jahren bei einem Attentat schwer verletzt wurde, bisher leer ausgegangen ist.

Deutschsprachige Schriftsteller in diesem Jahr aussichtlos?
Außer neuerdings Christian Kracht spielen deutschsprachige Literataten derzeit keine große Rolle, wenn es um den Literaturnobelpreis geht. Bis die Auszeichnung wieder nach Deutschland geht, könnte es noch vier Jahre dauern – so war der Turnus seit diesem Jahrtausend.
Zuletzt ging der Nobelpreis 2019 an Peter Handke, davor 2009 an Herta Müller. Zehn Jahre vor ihr wurde Günter Grass diese Ehre zu teil. Davor gab es eine längere Durststrecke: 1972 erhielt Heinrich Böll den Nobelpreis für Literatur. Außerdem wurden Nelly Sachs (1966), Hermann Hesse (1946), Thomas Mann (1929), Gerhart Hauptmann (1912), Paul Heyse (1910), Rudolf Eucken (1908). Der erste deutschsprachige Preisträger war Theodor Mommsen (1902), der zeitweise auch in Leipzig arbeitete.

Wie steht es um den Frauenanteil?
Auf mehr als 100 männliche Preisträger kommen bisher lediglich 19 Frauen, die den Literaturnobelpreis erhalten haben. Das Verhältnis verbessert sich aber deutlich. Allein seit der Jahrtausendwende wurden acht Frauen ausgezeichnet: Neben Herta Müller waren das beispielsweise Elfriede Jelinek (2004), Doris Lessing (2007), Alice Munro (2013), Swetlana Alexijewitsch (2015). Seit einigen Jahren scheint die Akademie in gewisser Weise auf Parität zu achten: Zuletzt ging der Preis alle zwei Jahre an eine Autorin – Olga Tokarczuk (2018, vergeben 2019) und Louise Glück (2020), Annie Ernaux (2022) und schließlich Han Kang (2024).
Insgesamt wird Diversität immer wichtiger. Das deutlichste Zeichen dafür war der Musiker Bob Dylan. Ihm wurde 2017 als erstem und bislang einzigem Musiker die Ehrung zugesprochen. Der 75-Jährige reagierte sehr zurückhaltend und hielt seine Nobelpreisrede auch nicht selbst, was als sehr befremdlich wahrgenommen wurde.

Mehr als in den Vorjahren achtet das Kommitee auf Vielfalt. Deswegen musste 2024 der Preis außerhalb Europas vergeben werden. 2025 wird beispielsweise mit Alexis Wright eine australische Schriftstellerin aus dem Aborigine-Volk der Waanyi als Kandidatin gehandelt.
Literaturnobelpreis wird im Dezember verliehen
Der Nobelpreis für Literatur wird wie jedes Jahr am 10. Dezember verliehen, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. Die Verleihung findet im Stockholmer Konzerthaus statt. Dann werden auch die naturwissenschaftlichen Nobelpreise vergeben.

Die Nobelpreise werden in der Regel jährlich vergeben. Sie gehen zurück auf den Stifter Alfred Nobel, der selbst Erfinder und Industrieller war. Er legte testamentarisch fest, dass eine Stiftung aus den Zinsen seines Vermögens die Preise finanzieren soll. Diese sollen an Menschen gehen, die "der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben".
Die Kandidaten für den wohl renommiertesten Buchpreis der Welt kommen von Literaturinstituten, Schriftstellervereinigungen, Professoren und ehemaligen Preisträgern. Es geht also wieder nicht um Verkaufszahlen oder Beliebtheit bei den Lesern. Es geht um den literarischen Wert eines Werkes, um dessen Bedeutung innerhalb des betreffenden Sprachraums und darum, ob jemand etwas Neues geschaffen hat: Wie dessen Literatur die Welt verändert hat.
for the best literature in an ideal sense
Die Nobel-Stiftung wurde 1900 gegründet. Laut deren Statuten soll mit dem Preis für Literatur ausgezeichnet werden, wer "das Vorzüglichste in idealistischer Richtung geschaffen hat". Die Schwedische Akademie in Stockholm vergibt die Nobelpreise im Auftrag der Stiftung. Seit 2023 sind die Auszeichnungen mit jeweils elf Millionen Schwedischen Kronen (circa 969.000 Euro) verbunden. Der Nobelpreis für Literatur wird damit im Dezember zum 118. Mal vergeben.
Quellen: Schwedische Akademie, SWR (Annika Schubert), DPA, EPD, ARD (Gabi Biesinger), dpa
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