Drohnenabwehr "Made in Kassel" - Wie der Weltmarktführer auch Deutschland sicherer machen kann
Inhalt des Artikels:
- Von der Idee zur Weltmarktführerschaft
- Abschuss ist gefährlich und meistens kontraproduktiv
- Typisch deutsch? Bürokratie mit Goldrand
Der Anfang von Dedrone war ein Zwischenfall bei einem Wahlkampfauftritt von Angela Merkel in Dresden im September 2013. Eine harmlose Minidrohne filmte die Kanzlerin aus nächster Nähe, dahinter steckte die Piratenpartei. Ein Security-Mitarbeiter "entschärfte" die Situation mit einem schnellen Griff in die Luft.
Das brachte Ingo Seebach ins Grübeln. Was wäre gewesen, wenn das keine harmlose Kameradrohne gewesen wäre? Wie kann man Politiker, Veranstaltungen oder kritische Infrastrukturen besser schützen?
Wenn da eine Handgranate drunter gewesen wäre, dann wäre die Geschichte anders verlaufen.
Ein Jahr später gründete er mit zwei Mitstreitern sein Startup mit Sitz in Kassel, das mittlerweile zur US-Firma Axon gehört und als Weltmarktführer für Drohnenerkennung gilt. Ebenso made wie forgotten in Germany, wo sich gerade Ministerien und Sicherheitsbehörden neu sortieren und darüber fabuliert wird, ob die Schrotflinte reicht oder es doch Raketen braucht und wer eigentlich wann womit schießen darf.
Ingo Seebach präferiert einen eleganteren, klügeren und nachhaltigeren Ansatz: Gucken, wer da fliegt.
Von der Idee zur Weltmarktführerschaft
Die Systeme von Dedrone empfangen wie ein Radio Funkfrequenzen, analysieren diese dann und können so Drohnen orten und identifizieren, bis zur Seriennummer. Etwa 30 bis 50 verteilte Sensoren genügen, um eine Großstadt fast vollständig abzudecken, so Ingo Seebach. Steckdose genügt.
Die meisten Drohnen sind gesteuert, reagieren also auf Funkbefehle. Im Ergebnis sind um die 90 Prozent der Drohnen direkt identifizierbar. Für den Rest gibt es Lösungen, die in die Dedrone-Systeme eingebunden werden können. In den Augen des Unternehmers ist der Schlüssel zur Lösung des Problems nicht der Abschuss, sondern das Wissen darüber, was im Luftraum passiert.
Eine Ebene höher bei den Flugzeugen ist dies der Standard. "Lasst uns doch erstmal die Daten analysieren", sagt Seebach. "Wenn wir sehen, wo geflogen wird, wer da fliegt und welche Muster entstehen, können wir viel gezielter reagieren". Aber was heißt "wir"? An Zuständigkeiten mangelt es jedenfalls nicht - im Gegenteil.

Als im September rund um den Flughafen München Drohnen auftauchten, waren Bundespolizei, Landespolizei Bayern, Deutsche Flugsicherung, Flughafenbetreiber und Bundeswehr wahlweise zuständig oder involviert und für verschiedene Lufthöhen verantwortlich. Vieles drehte sich im Nachgang medial um die Frage, wer durfte eigentlich schießen, wer stören, wer beobachten.
Abschuss ist gefährlich und meistens kontraproduktiv
Das Abschießen einer Drohne über bewohntem Gebiet ist riskant, was abgeschossen wird, fällt üblicherweise nach unten. Die Einzelteile wären groß genug, Menschen mindestens schwer zu verletzen. Über Start- und Landebahnen sollten besser auch keine Metallteile verstreut werden, die sich die Flugzeuge in die Reifen fahren könnten. Der Absturz der Concorde Flug 4590 im Jahr 2000 ist Mahnung genug.
Viel wichtiger wäre es, den Urheber zu identifizieren: Woher kam die Drohne? War sie schon an anderen Orten aktiv? Und: Wer steuert sie?
Wir wissen, dass bei vielen Anschlägen vorher Drohnen geflogen sind.
Wenn man mit Hilfe der Signale den Drohnenpiloten ausfindig macht, ist der Spuk schnell vorbei und das Ermitteln der Auftraggeber wahrscheinlicher als bei einem Abschuss. Zuständig für die Festnahme wäre dann ganz einfach die Polizei.

Typisch deutsch? Bürokratie mit Goldrand
Dass Dedrone in Deutschland noch kein nationales System aufbauen durfte, liegt für Seebach weniger an der Technik als an unseren Strukturen und dem Drang nach Perfektion und der größtmöglichen Lösung, die alle Eventualitäten berücksichtigen muss.
Wir haben dieses typisch deutsche Problem: Wir wollen immer die 100-Prozent-Lösung mit Goldrand.
Manchmal sind aber drei von vier Reifen, die bremsen, besser als gar keine Bremse. Für die Drohnenabwehr wäre laut Seebach als erster Schritt eine 80-Prozent-Lösung denkbar. Seebach präferiert dafür Netzwerke und Software und nicht die Flak neben dem Kanzleramt und wartet nun auf die Einladung zu einem Drohnengipfel in Berlin. Gipfel haben schließlich dort Hochkonjunktur.
Um erste Objekte in Deutschland mit den Systemen des Kasseler Weltmarktführers auszustatten, bräuchte es aus seiner Sicht neben dem politischen Willen vielleicht noch zwei Wochen Installationszeit. Dann hätten wir möglicherweise noch keinen Schutz mit Goldrand, aber schon mal ein Stück mehr Wissen über das, was über unseren Köpfen so umherfliegt.
MDR (dvs)
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