"Möbel aus Gold?": So treiben möblierte Wohnungen in Großstädten die Mieten hoch
- 85 Prozent über Mietspiegel
- Jede dritte Wohnung möbliert
- 600 Euro für ein Zimmer
Besichtigungstermin in einer sanierten Altbauwohnung im Leipziger Nordwesten. Erster Stock, 70 Quadratmeter. Ein einziges Möbelstück ist im Flur an die Wand geschraubt, eine Kleiderhakenleiste. "Ah, das ist also die Küche?", frage ich. "Ja, das Mobiliar stammt von uns. Und im Badezimmer gehört die Waschmaschine auch mit dazu", antwortet die Vermieterin.
Die Wohnung hat drei Zimmer, die alle einzeln vermietet werden, erklärt die Frau, die bei einer Leipziger Immobilienfirma arbeitet. Das Zimmer, in das ich ziehen könnte, soll 535 Euro warm kosten. "Und wie setzt sich die Miete zusammen?", frage ich. "Na, 470 Euro ist die Kaltmiete für das Zimmer und die Küche und das Badezimmer für die Nutzung", so die Antwort.
85 Prozent über Mietspiegel
Fast 19 Euro kostet in der gesamten Wohnung der Quadratmeter. Das sind rund 85 Prozent über dem Leipziger Mietspiegel. Dabei gilt doch die Mietpreisbremse, die nach oben nur zehn Prozent mehr erlaubt. Wie kann das also sein? Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund kennt solche Fälle. Sie sagt: Ein Zuschlag für Möbel sei grundsätzlich erlaubt. Aber ein Plus von 85 Prozent lasse sich damit nicht rechtfertigen.
Man darf da auch nicht den Mietpreis verlangen, den man möchte, sondern den, der legal ist.
Doch Hartmann weiß: "Das ist leider Standard, was da für Preise aufgerufen werden. Da muss man sich ja denken: Sind die Möbel aus Gold, oder was?" Natürlich würden auch möblierte Wohnungen unter die Mietpreisbremse fallen, so die Frau vom Mieterbund. "Sprich: Man darf da auch nicht den Mietpreis verlangen, den man möchte, sondern den, der legal ist." Und auch für die Möbel gebe es natürlich Grenzen für das, was man an Zuschlag zahlen müsse, betont Hartmann: "Aber das ist alles Vereinbarungssache. Und wo kein Richter, da kein Kläger. Deshalb ist gerade auf diesem Markt sehr viel vereinbart, was gar nicht dem Recht entspricht."
Jede dritte Wohnung möbliert
In deutschen Metropolen ist mittlerweile etwa jede dritte angebotene Wohnung möbliert, teilt die Plattform WG-gesucht.de mit, die für MDR AKTUELL Inserate ausgewertet hat. Die Mieten für solche Zimmer seien zuletzt um durchschnittlich acht bis 15 Prozent gestiegen. Auch in Leipzig, Dresden, Jena, Erfurt und Halle zeigt sich der Trend.
Hakan Demir, Mietrechtsexperte der SPD im Bundestag, fordert mehr Regulierung. Er kündigt dazu in den kommenden Monaten ein Gesetzespaket an. Vermieter sollten transparent ausweisen müssen, wie teuer Möbel sind und welche Kosten sie veranschlagen, fordert der SPD-Politiker. Und dann müsse man sich anschauen, mit welchen Sanktionen Vermieter rechnen müssen, die sich nicht an die Mietpreisbremse halten. "Da kann ich ihm gerade sagen, sie müssen mit fast gar keinen Sanktionen rechnen", so Demir. Das sei eine Gesetzeslücke, die die Regierung in den nächsten Wochen und Monaten füllen müsse.
600 Euro für ein Zimmer
Auch globale Investoren wie Habyt haben inzwischen den Markt für möbliertes Wohnen entdeckt. Das Berliner Unternehmen hat gerade in Leipzig ein Gebäude fertigstellen lassen, mit mehreren hundert möblierten Wohnungen. Preis pro Zimmer: um die 600 Euro warm.
Zurück auf der Straße, vor dem Altbau im Leipziger Nordwesten. Ich habe der Vermieterin natürlich eine Absage erteilt. Doch lange wird das Zimmer wohl nicht leer bleiben. Das Angebot ist weiter online.
MDR
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