Der evangelische Theologe und Kommunalpolitiker Friedrich Magirius ist tot. Wie die Stadt Leipzig mitteilte, starb ihr Ehrenbürger am Montag im Alter von 95 Jahren. Er zählte zu den prägenden Persönlichkeiten in der Stadt in den Jahren vor, während und nach der Friedlichen Revolution 1989/90.

Ausgleich als Lebensaufgabe

Geboren wurde Friedrich Magirius am 26. Juni 1930 in Dresden. Sein Vater war Amtsgerichtsrat, die Mutter arbeitete als Lehrerin an einer Berufsschule. Nach dem Abitur 1948 studierte er Theologie, erst an der Kirchlichen Hochschule in Berlin-Zehlendorf und später an der Universität Greifswald. 1958 trat er im heutigen Chemnitzer Ortsteil Einsiedel seine erste Pfarrstelle an.

Schon sehr zeitig war der Ausgleich das Lebensthema von Friedrich Magirius. So engagiert er sich in der Ökumene und vermittelt zwischen den getrennten Kirchen. Als Leiter der Aktion Sühnezeichen in der DDR von 1974 bis 1982 erwarb er sich vor allem in Polen großes Ansehen. 2005 verlieh ihm Leipzigs Partnerstadt Kraków die Ehrenbürgerwürde für sein lebenslange Engagement für Aussöhnung mit den im Zweiten Weltkrieg von Nazideutschland besetzten Ländern.

Zwischen Staat und Opposition

Von 1982 bis zu seiner Pensionierung 1995 war Magirius Superintendent für den Kirchenbezirk Leipzig-Ost. Auch hier suchte er den Ausgleich, war ein Ansprechpartner für die kirchlichen Basisgruppen und ihr Vermittler zu den staatlichen Organen der DDR.

Gemeinsam mit Nikolaikirchenpfarrer Christian Führer war er für die Friedensgebete verantwortlich, aus denen sich die Montagsdemonstrationen in Leipzig entwickelten. Erneut sah sich Magirius als Vermittler, diesmal zwischen den Bürgerrechtlern und der DDR-Führung.

Friedrich Magirius bei einem der Friedensgottesdienste 1989 in der Leipziger Nikolaikirche.Bildrechte: picture-alliance/ ZB | Waltraud Grubitzsch

Lob und Kritik für Vermittlerrolle

Kritiker warfen ihm vor, eher in Richtung der Parteien und Organisationen der DDR tendiert zu haben. Besonders damalige Bürgerrechtler sahen sich bei seinen Vermittlungsbemühungen benachteiligt. Ein Grund dafür war seine Entscheidung, den Oppositionsgruppen die inhaltliche Gestaltung über die Friedensgebete zu entziehen. Nach Ansicht von Magirius waren die Gebete mehr und mehr zu einer Demonstration für die Anliegen der Ausreisewilligen geworden.

Der Theologe selbst sagte zu seinem Agieren: "Als Christ sitzt man immer zwischen den Stühlen. Christus wurde dafür ans Kreuz geschlagen." Für diese Haltung erntete er auch viel Anerkennung.

Als Christ sitzt man immer zwischen den Stühlen. Christus wurde dafür ans Kreuz geschlagen.

Friedrich MagiriusTheologe

Moderator des kommunalpolitischen Umbruchs

Im Verlauf der Friedlichen Revolution moderierte er vom 17. Januar bis 23. Mai 1990 den Runden Tisch in Leipzig. Im Sommer 1990 bestimmte der erste frei gewählte Leipziger Stadtrat Magirius zum Stadtpräsidenten - erneut eine Position als Moderator.

Vier Jahre hatte er sie als parteiloser Kommunalpolitiker inne. Mit dem Ende seiner Amtszeit wurde sie wieder abgeschafft. Danach war er noch für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen Mitglied im Stadtrat.

Magirius sah sich selbst immer eher als Vermittler und Moderator statt als Akteur.Bildrechte: Stadt Leipzig/Rico Thumser

"Ein großes Vermächtnis"

2005 verlieh die Stadt Leipzig Magirius für seine Verdienste im kirchlichen und politischen Leben ihre zweithöchste Auszeichnung: die Ehrenmedaille. 2022 folgte die Ehrenbürgerwürde. Zuvor hatte er seinen schriftlichen Nachlass an das Stadtarchiv übergeben.

Es war ihm vor allem wichtig, dass die jungen Generationen in allen Ländern Krieg und Gewalt abschwören. Dieses Erbe werden wir lebendig halten.

Burkhard Jung (SPD)Oberbürgermeister von Leipzig

Der Tod von Friedrich Magirius reiße eine große Lücke, erklärte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) am Dienstag: "Unser Ehrenbürger hinterlässt uns ein großes Vermächtnis: Hilfe dort zu leisten, wo sie am meisten gebraucht wird. Und dabei immer die Gerechtigkeit und das friedvolle, demokratische Miteinander im Blick zu behalten. Es war ihm vor allem wichtig, dass die jungen Generationen in allen Ländern Krieg und Gewalt abschwören. Dieses Erbe werden wir lebendig halten."

MDR (stt/kfu/lie)

Weiterführende Links

  • 11. Mai 2022Theologe Friedrich Magirius zum Ehrenbürger von Leipzig ernannt

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