Spätere Krankschreibung: Was spricht dafür – und was dagegen?
- Hausarzt Christian Fleischhauer lehnt eine spätere Krankschreibung ab.
- Der Thüringer Wirtschaftsverband warnt, dass längere Fristen Missbrauch fördern und Arbeitgeber belasten könnten.
- Michael Rudolph vom Deutschen Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen sieht in der späteren Attestpflicht eine unbürokratische Lösung.
Seit Ende September suchen wieder mehr Patienten die Praxis von Christian Fleischhauer in Jena auf. Es ist Grippe- und Erkältungssaison. Besonders am Montag nach dem Wochenende sei viel los, erzählt der Hausarzt. Dann kommen viele Menschen mit Atemwegserkrankungen in seine Sprechstunde. Fleischhauer und sein Team versuchen dann, den Zustrom von Patienten zu steuern.
"Wir versuchen sie, wenn es möglich ist, in die Infekt-Sprechstunde einzutakten. Die Patienten können Online-Termine bei uns machen für den Beratungsanlass, ob nun chronisch krank oder es ein akuter Infekt ist", sagt Fleischhauer. Für leichtere Erkrankungen gebe es täglich eine solche Infekt-Sprechstunde. "Wir können in einer Telefonsprechstunde mit den Patienten besprechen: Was für Beschwerden gibt es? Reicht es aus, dass wir einen telefonischen Kontakt haben?"
Hausarzt gegen spätere Krankschreibung
Das funktioniere so ganz gut, findet er. Eine generelle Krankschreibung erst ab dem vierten Tag brauche es nicht. Im Gegenteil: Die jetzige Regelung ermutige die Menschen, rechtzeitig zum Arzt zu gehen. "Wir sehen in den Praxen schon immer auch Patienten, die teilweise schon schwer krank sind. Und das merken wir eigentlich auch immer, wenn praktisch so Tage wie Wochenenden dazwischen sind und die Patienten dann erst am Montag kommen und wir teilweise dann wirklich Erkrankungen rausfischen, die teilweise, wenn sie früher gekommen wären, doch besser gewesen wären."
Thüringer Wirtschaftsverband warnt vor Missbrauch
Auch Ute Zacharias glaubt nicht, dass eine veränderte Frist das Gesundheitssystem entlasten würde. Viele Arbeitgeber würden ohnehin erst am vierten Tag einen Nachweis einfordern, sagt die Sprecherin des Verbands der Wirtschaft Thüringens. Vorschläge wie die des rheinland-pfälzischen Gesundheitsministers Clemens Hoch, die Frist gar auf zwei Wochen auszudehnen, lehnt Zacharias völlig ab. "Am Ende des Tages würden die Arbeitgeber damit belastet, weil der Zeitraum sehr lang ist, bis sich jemand krankmeldet. Und man muss auch sagen: Das öffnet Missbrauch Tür und Tor. Das geht in die falsche Richtung", so Zacharias.
Gewerkschaftsbund offen für längere Frist
Ein Attest generell erst am vierten Krankheitstag – das könnte ein unbürokratischer Vorschlag sein, findet Michael Rudolph vom Deutschen Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen. In erster Linie seien es Arbeitnehmer, die einschätzen könnten, ob sie arbeitsfähig seien oder nicht. "Die Hauptaufgabe von Ärztinnen und Ärzten ist es dann, für Linderung zu sorgen und nicht so sehr diese Einschätzung zu bestätigen. Ob das allerdings zu einer Entlastung in den Praxen führen wird, das kann ich ehrlich gesagt nicht beurteilen."
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken zeigte sich offen, über den Vorschlag zu diskutieren – nach dem Ende der aktuellen Infektionssaison.
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