Jeder zweite Befragte fordert Wiedereinführung der Wehrpflicht
- Jeder zweite Befragte befürwortet freiwilliges Wehrdienstmodell ohne Losverfahren.
- Mehrheit spricht sich für Wiedereinführung der Wehrpflicht aus.
Freiwillig oder verpflichtend? Diese Frage scheint die schwarz-rote Koalition beim Thema Wehrdienst derzeit zu spalten. Eigentlich hatten sich Union und SPD im sogenannten "Wehrdienst-Modernisierungsgesetz" bereits auf ein vorwiegend auf Freiwilligkeit setzendes Wehrdienstmodell geeinigt, doch dann äußerte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Sorge, dass dadurch nicht genügend Rekruten zusammenkommen könnten. Nun wird auch über ein mögliches Losverfahren diskutiert, das greifen soll, wenn sich nicht genügend Freiwillige für den Wehrdienst melden. Wie genau das ablaufen soll, ist noch unklar.
In der MDRfragt-Gemeinschaft stößt das bisher geplante Wehrdienstmodell ohne Losverfahren durchaus auf Zuspruch. In einem aktuellen Stimmungsbild des MDR-eigenen Meinungsbarometers wird dieses von der Mehrheit der rund 20.000 Befragten befürwortet.

Vergleicht man das Antwortverhalten je nach Altersgruppe, zeigt sich, dass die Befürwortung des Wehrdienstmodells ohne Losverfahren mit dem Alter der Befragten zunimmt.
Mehrheit fordert Wiedereinführung der Wehrpflicht
Die bisherigen Pläne zum Wehrdienst setzen vor allem auf Freiwilligkeit. Bis 2011 war das hingegen anders: Im Rahmen der Wehrpflicht mussten junge Männer entweder zur Grundausbildung bei der Bundeswehr oder ersatzweise zum sogenannten Zivildienst, etwa in sozialen Einrichtungen.
Die deutliche Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass diese "alte" Wehrpflicht wieder eingeführt werden sollte. Im Mai 2025, als dies schon einmal diskutiert wurde, fiel das Stimmungsbild ähnlich aus.

Vergleicht man auch hier das Antwortverhalten je nach Alter der Befragten, zeigt sich erneut ein Unterschied. Dieser fällt diesmal jedoch noch größer aus, da die Wehrpflicht deutlich häufiger von den jüngsten Befragten abgelehnt wird, als es beim Wehrdienst der Fall ist.
Wehrpflicht ja – aber nur mit Zivildienst
In den Kommentaren machen viele Befragte deutlich, dass sie eine erneute Wehrpflicht jedoch nur in Kombination mit einem Zivildienst befürworten. So fordert zum Beispiel Niklas (23) aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld: "Grundsätzlich sollte es eine Alternative für diejenigen geben, welche keinen Dienst an der Waffe leisten wollen. Also einen neuen Zivildienst, der aber genauso verpflichtend ist, wie der Militärdienst."
Kerstin (60) aus dem Weimarer Land sieht das ähnlich und schreibt: "Ich finde es wichtig, dass jeder junge Mensch für eine bestimmte Zeit verpflichtet wird, für die Gesellschaft tätig zu sein und einfach mal der Gesellschaft zu dienen, egal ob in der Bundeswehr, im Pflegebereich oder bei kommunalen Aufgaben."
Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, um unsere Armee personell aufzustocken, leider.
MDRfragt-Mitglied Uwe (60) aus Chemnitz kommentiert darüber hinaus: "Eigentlich bin ich kein Freund der Armee. Aber es wird uns nichts anderes übrig bleiben, um unsere Armee personell aufzustocken, leider."
Daran anschließend meint Dorit (29) aus Jena: "Für den Verteidigungsfall ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen zumindest grundlegende militärische oder medizinische Fähigkeiten haben." Holger (67) aus Magdeburg sieht das ähnlich und fügt an: "Es ist eine Ausbildung, wo grundlegende Fähigkeiten vermittelt werden, um sie im Ernstfall wieder abrufen zu können."
Ordnung und Disziplin per Wehrpflicht?
MDRfragt-Mitglied Sandy (41) aus Leipzig befürwortet eine Wehrpflicht wiederum, "damit junge Menschen wieder 'Respekt und Disziplin' lernen" und steht mit ihrem Kommentar stellvertretend für viele Befragte, die ähnlich argumentieren. So denkt zum Beispiel auch Marko (49) aus dem Saale-Orla-Kreis: "Junge Männer erhalten dadurch ein gewisses Maß an Ordnung und Selbstständigkeit. Das fehlt aktuell."
Jonas (25) aus dem Landkreis Görlitz teilt diese Einschätzung. Jedoch spricht er sich daher eher für einen freiwilligen Wehrdienst statt eine Wehrpflicht aus und schreibt: "Unabhängig von den Personalsorgen der Bundeswehr würde es den 'neuen Erwachsenen' guttun, etwas Disziplin und Ordnung zu erleben. Ich bin selbst erst 25, aber erlebe immer wieder, wie weltfremd 'die Jugend von heute' geworden ist. Ich denke, der Wehrdienst könnte viele junge Menschen wieder richtig erden und würde so auch der Gesellschaft zugutekommen."
Sollte eine Verpflichtung stattfinden, wird sich dies in der Qualität der Rekruten widerspiegeln.
Auch Adrian (23) aus der Börde spricht sich für einen Wehrdienst aus und setzt auf Freiwilligkeit. Er denkt: "Sollte eine Verpflichtung stattfinden, wird sich dies in der Qualität der Rekruten widerspiegeln. Freiwillige Soldaten kommen mit Interesse und Willen zur Bundeswehr. Verpflichtete Soldaten haben in der Regel nicht den Willen, wie freiwillige Soldaten. Dies wird man auch im Pflichtbewusstsein merken."
Vor diesem Hintergrund hält MDRfragt-Mitglied Justin (28) das Wehrdienstmodell für einen guten Kompromiss. Zugleich kritisiert er: "Die alte Wehrpflicht ist für die heutige Gesellschaft ungeeignet, da sie massiv die freie Entscheidung junger Menschen und andere Optionen, wie Freiwilligendienste, schädigen würde." Britta (46) aus Halle (Saale) sieht das ähnlich und kommentiert: "Der Wehrdienst sollte freiwillig sein! Ich finde es sowieso unmöglich, dass mal wieder die junge Generation die Fehler unserer Regierungen ausbaden müssen. Und das nicht nur in Bezug auf den Wehrdienst!"
Gleichberechtigung gefordert
Nicht wenige Befragte lehnen sowohl eine Wehrpflicht als auch einen Wehrdienst ab, da es bei diesem Thema aus ihrer Sicht an Gleichberechtigung fehlt. So fragt zum Beispiel Emily (30) aus Leipzig: "Wenn wir ein Personalproblem haben, warum werden dann 50 Prozent der Bevölkerung nicht mit einbezogen? Als Frau, die nicht in der Alterskohorte liegt und auch nicht unbedingt eingezogen werden möchte, ist dies für mich im Falle der Verteidigung absolut unverständlich. Man lässt Potenzial liegen."
Hans-Jürgen (49) teilt diese Kritik und merkt an: "Fast jede Stellenausschreibung endet mit 'männlich, weiblich, divers'. Warum nicht auch bei der Bundeswehr? Das Geschlecht zu wechseln ist heutzutage kein Hindernis mehr als Beweis der Gleichberechtigung. Solche Bedingungen sind doch allgemein bekannt und müssten grundsätzlich beachtet werden."
Emanzipation ist keine Einbahnstraße!
Auch MDRfragt-Mitglied Maximilian (29) aus Jena lehnt die Wehrpflicht und den Wehrdienst mit Blick auf das Thema Gleichberechtigung ab und nennt dafür noch einen weiteren Grund. In den Kommentaren schreibt er: "Emanzipation ist keine Einbahnstraße. [...] Warum werden Männer dazu verpflichtet, einen einfachen Fragebogen abzugeben, Frauen aber nicht, was soll das? Von der Wehrpflicht halte ich allgemein nichts, die Bundeswehr kann ihre eigenen Soldaten nicht vernünftig ausrüsten, wie soll sie dann auch noch tausende Wehrdienstpflichtige ausrüsten? Außerdem fehlt es an Kasernen, Infrastruktur und den nötigen Ausbildern, um einen tatsächlichen Wehrdienst zurückzubringen."
Eileen (28) aus dem Harz äußert weitere Bedenken und kommentiert: "Zudem frage ich mich, ob junge Männer, die zwar die Voraussetzungen mitbringen, sich aber gegen einen Wehrdienst entscheiden, nicht noch weiter bedrängt werden, sich zu melden. Mein Vater hat oft von seinen negativen Erfahrungen aus der Armee erzählt und wie sehr ihn das bis heute verfolgt. Ich finde, dass niemand zu so etwas gezwungen werden sollte." Darüber hinaus hält sie kritisch fest: "Meist sind es die älteren Jahrgangsstufen, die eine Wehrpflicht befürworten, ohne sich in die Lage von uns jungen Menschen hineinversetzen zu können."
Carolin (59) aus Erfurt fordert daher stattdessen: "Jeder und jede muss im Kriegsfall einen Beitrag leisten. Darauf sollte sich eine Gesellschaft vorbereiten."
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