Fehldiagnosen laut Patientenberaterin schon seit Jahren ein Problem
- Versicherungen verlangen aufgrund bestimmter Diagnosen höhere Versicherungsbeiträge oder lehnen einen Versicherungsabschluss ab.
- Falsche Einträge in die Patientenakte passieren meist durch menschliches Versagen, doch mitunter bringen manche Diagnosen mehr Geld.
- Patienten haben generell keinen Rechtsanspruch darauf, dass Diagnosen aus der Patientenakte gelöscht werden können.
Für Anja Lehmann sind Fehldiagnosen in der Patientenakte kein neues Phänomen. Die juristische Beraterin der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland hat solche Fälle schon seit vielen Jahren auf dem Tisch.
Lehmann zufolge werden falsche Angaben über chronische oder psychische Erkrankungen für viele Menschen zum Verhängnis, die etwa verbeamtet werden, in die Private Krankenversicherung wechseln oder eine Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung abschließen wollen.
Höhere Versicherungsbeiträge oder gar keine Abschlüsse
Nach Aussage von Lehmann fordern Versicherungen dann etwa frühere Diagnosen oder eben Patientenakten an. "Und da kann so was dann Konsequenzen haben in der Form, dass man die Versicherung vielleicht gar nicht abschließen kann, weil man irgendeine schwerwiegende Diagnose in seiner Patientenakte hat oder dass man direkt mit höheren Beiträgen in die Versicherung einsteigen muss."
Und da kann so was dann Konsequenzen haben in der Form, dass man die Versicherung vielleicht gar nicht abschließen kann, weil man irgendeine schwerwiegende Diagnose in seiner Patientenakte hat.
Durch die neue elektronische Patientenakte falle das jetzt möglicherweise mehr Patienten auf als vorher, so Lehmann. Die Patientenberatung setzt sich seitdem aber nicht stärker mit dem Thema auseinander als ohnehin schon. Schnell steht bei solchen Diagnosen der Verdacht im Raum, es handle sich um Abrechnungsbetrug, dass Mediziner also mehr Geld abrechnen, als ihnen eigentlich zusteht.
Übertragungsfehler oder Vertipper
Die Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Ruth Hecker, sagt, dafür gebe es einige andere Erklärungen, etwa durch Übertragungsfehler beim Hochladen. Fehler entstünden zum Beispiel beim Kopieren und Einfügen aus alten Dokumenten.
Es könnten auch falsche ICD-Codes eingespeist werden, auch Tippfehler seien möglich, unter Umständen aber auch "falsches Mapping zwischen den Systemen, denn da arbeiten ja ganz viele elektronische Systeme zusammen", erklärt Hecker. Hinter diesen ICD-Codes stecken die Diagnosen, die in der Patientenakte hinterlegt werden.
Manche Diagnosen bringen Praxen mehr Geld
Auch der Leipziger Bundestagsabgeordneten Paula Piechotta von den Grünen ist es wichtig, keinen Generalverdacht aufkommen zu lassen. Im Gesundheitswesen arbeiteten viele Menschen unter sehr stressigen Bedingungen. Die Ärztin Piechotta erklärt: "Und wenn du abends 21 Uhr im Krankenhaus codieren sollst, was der Patient jetzt für Erkrankungen hat, dann verklickst du dich auch mal oder klickst vielleicht auch Sachen an, die sich einfach nur schneller finden lassen als die ganz komplizierte, richtige Diagnose."
Wenn du abends 21 Uhr im Krankenhaus codieren sollst, was der Patient jetzt für Erkrankungen hat, dann verklickst du dich auch mal.
Und dann gebe es aber eben auch die schwarzen Schafe im Gesundheitswesen. Piechotta erklärt, bestimmte Diagnosen lohnten sich einfach für Ärzte zum Beispiel in der Arztpraxis mehr. "Und da kann es auch sein, dass Ärzte Krankheiten eintragen in die Akten des Patienten, die gar nicht da sind, weil schlicht und ergreifend sich dadurch die Abrechnung verbessern lassen."
Kein Anspruch auf Löschung von Diagnosen
Und was dann? Patientenberaterin Anja Lehmann rät dazu, in einem solchen Fall das Gespräch mit Arzt oder Ärztin zu suchen. Im Optimalfall könnte ein Versehen oder Zahlendreher schnell aus der Welt geschafft und eine falsche Diagnose berichtigt werden.
"Wenn der Arzt oder die Ärztin aber nicht einsichtig ist (...), dann hat man erst einmal nicht so gute Karten, weil einen Rechtsanspruch auf Löschung einer Diagnose aus der Patientenakte hat man tatsächlich nicht", erklärt Lehmann.
Denn es gebe eine "Rechtsprechung dazu, die sagt, dass ein Arzt nicht gezwungen werden kann, eine einmal gestellte Diagnose zu revidieren, weil eine ärztliche Diagnose ein Werturteil oder eine Meinungsäußerung ist". Lehmann zufolge bleibt dann häufig nur der Gang vor Gericht.
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