Nach der Diskussion um die Genehmigung des Magdeburger Weihnachtsmarktes 2025 hat Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) mitgeteilt, dass der Markt stattfinden soll. Es soll am Montag (17.11.) eine Begehung mit der Polizei geben, um die Sicherheitsvorkehrungen abzunehmen. Dann soll die Genehmigung erteilt werden. Borris sagte nach dem Krisentreffen mit dem Landesverwaltungsamt am Mittwoch, sie sei sich sicher, dass am 20. November der Markt starten könne.

Die Stadt Magdeburg, das Landesverwaltungsamt und die Polizei einigten sich bei dem Treffen über das Sicherheitskonzept. Vereinbarte Änderungen müssten die Stadt und die Veranstalter nach Angaben des Landesverwaltungsamtes nun umsetzen. Dieses sprach selbst von "risikominimierenden und sicherheitserhöhenden Maßnahmen", auf die man sich verständigt habe.

Mehr Schutz, aber keine Zäune

"Beim großen Punkt Zufahrtsschutz haben wir viele Sachen miteinander besprochen", sagte Borris MDR SACHSEN-ANHALT. Details nannte sie nicht. Einlasskontrollen sowie einen Zaun um das Gelände schloss sie aber aus. Einer der vom Landesverwaltungsamt bemängelten Punkte war ein fehlender Zufahrtsschutz für Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen Gewicht, wie es ihn in Halle gibt. "Zufahrtsschutz ist Sache der Stadt gewesen", räumte Borris zudem ein. Dies war auch eine der wesentlichen Fragen nach dem Anschlag – die Zuständigkeit wurde aber zum Zankapfel unter den Behörden. Ferner wurde besprochen, mehr Sicherheitspersonal auf dem Weihnachtsmarkt einzusetzen.

Um nicht auch im kommenden Jahr erst kurz vor Beginn der Weihnachtsmarktsaison über die Sicherheit zu diskutieren, will sich die Stadt Magdeburg eher darum kümmern. "Da werden wir frühzeitig in die Kommunikation gehen", erklärte Borris im MDR. Man sei dankbar für die fachaufsichtlichen Hinweise des Landesverwaltungsamtes.

Stadt bat um Bewertung ihres Konzepts – und erhielt eine Mängelliste

Am Montag hatte Borris mitgeteilt, dass der diesjährige Weihnachtsmarkt auf der Kippe stehe – zehn Tage vor der geplanten Eröffnung der Veranstaltung. Sie hatte in der Frage das Land um Hilfe gebeten.

Staatsrechtler Kluth: Dialog zwischen Behörden zwingend nötig

Der hallesche Staatsrechtler Winfried Kluth hatte sich zuvor für ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Stadt, Land und Polizei aus. Sicherheit auf Großveranstaltungen könne nur im Zusammenwirken aller Beteiligten gewährleistet werden, sagte Kluth dem MDR. Der Veranstalter – in Magdeburg eine städtische GmbH – sei verpflichtet, ein Sicherheitskonzept vorzulegen, das die Erfahrungen aus dem Anschlag vom Dezember 2024 berücksichtige.

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung gering sei, müsse das Konzept alle Risiken erfassen, "mit denen realistischerweise zu rechnen ist", so Kluth. Wichtig sei, dass das Konzept in enger Abstimmung mit der Polizei und den Sicherheitsbehörden erarbeitet werde.

Die Risikoanalyse der Behörden bilde die Grundlage für eine realistische Gefahreneinschätzung. Nur wenn klar sei, welche Risiken tatsächlich bestehen, könne ein Konzept angemessen reagieren. Dabei müsse eindeutig festgelegt werden, wer für welche Aufgaben zuständig sei.

Landesverwaltungsamt prüft Sicherheitskonzept

Hintergrund der möglichen Absage war eine Einschätzung des Landesverwaltungsamts zur Sicherheit. Es handelte sich um eine Stellungnahme, die das Amt laut eigener Aussage am 7. November 2025 auf Bitten der Landeshauptstadt abgegeben hat. Diese bezog sich demnach auf das 152 Seiten umfassende Sicherheitskonzept und das 45 Seiten starke Überfahrtschutzkonzept. Laut Behörde sind dabei "zahlreiche fachaufsichtliche Hinweise" übermittelt worden, unter anderem zur erwarteten Besucherzahl und zur daraus abgeleiteten Zahl an Sicherheitskräften.

In dem Schreiben sei zudem darauf hingewiesen worden, dass die vorgenommene "Schutzzieldefinition als nicht ausreichend angesehen" werde, so eine Sprecherin des Landesverwaltungsamtes. Gemeint ist ein zertifizierter Zufahrtschutz bis 7,5 Tonnen. Die Stadt hat aber nur Sperren für Autos mit einem Gewicht von bis zu 3,5 Tonnen. Eine höhere Zertifizierung ist für den Markt 2025 zeitlich nicht mehr zu realisieren, erklärte die Stadt dem MDR im Oktober.

Landesverwaltungsamt: Stadt schafft mit Markt "potenzielles Anschlagsziel"

Nach Angaben der Stadt hieß es in dem Schreiben außerdem, dass der Weihnachtsmarkt allein durch seinen Betrieb zu einem "potenziellen Anschlagsziel" werde. Borris hatte am Montag gesagt, dass ihr das bis dahin niemand mitgeteilt gehabt habe. Sie werde diese Aussage sehr ernst nehmen, da die Sicherheit oberste Priorität habe. Es sei jedoch nicht begründet, worauf diese Einschätzung beruht.

Das Landesverwaltungsamt habe zudem kritisiert, dass die Weihnachtsmarktgesellschaft die generelle Verantwortung für Anschläge und Amoklagen bei der Polizei und der Sicherheitsbehörde sieht. Borris teilt dazu mit: "Alle Expertinnen und Experten sind sich einig, dass konkrete Terrorabwehr keine städtische Aufgabe ist. Die Verfolgung von Straftaten und die Abwehr konkreter Gefahren sind Aufgaben der Polizei." Beim Kaiser-Otto-Fest sei das Sicherheitskonzept zudem nicht beanstandet worden.

Weihnachtsmarktgesellschaft sieht sich für Terrorabwehr nicht zuständig

Die Weihnachtsmarktgesellschaft selbst hatte am Dienstag mitgeteilt, dass die Abwehr von Anschlägen, Terror und Amoktaten aus ihrer Sicht nicht final beim Veranstalter liegen kann, da er sonst vollständig haftbar sei. Terrorabwehr sei staatliche Aufgabe. Die Weihnachtsmarktgesellschaft teilte zudem mit, viele Anregungen übernehmen zu wollen – etwa Nachbesserungen beim Jugendschutz.

Zudem solle die Zahl der Sicherheitskräfte nochmals aufgestockt worden. Mit Blick auf Taschen- und Personenkontrollen sei man noch im Austausch mit den zuständigen Behörden. Demnach muss geklärt werden, welche Kompetenzen private Sicherheitskräfte im öffentlichen Raum haben, wenn dieser nicht umzäunt ist. Das Gelände zur Durchführung von Einlasskontrollen zu umzäunen sei nicht möglich. Borris erklärte dazu, Zugangskontrollen würden das Risiko schaffen, dass sich Schlangen bildeten und hier ein neues Anschlagsziel entstehe.

Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) kündigte im Stadtrat am Montag an, dass der Weihnachtsmarkt vorerst nicht genehmigt werden kann. (Archivbild)Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Absage des Weihnachtsmarktes hätte laut Borris "fatale Folgen"

Die Oberbürgermeisterin hatte am Montag gesagt, ein dauerhafter Ausfall des Marktes und der Lichterwelten wäre, "eine Kapitulation der Stadtgesellschaft vor dem Anschlag vom 20. Dezember 2024" und damit ein "fatales Signal weit über die Grenzen Magdeburgs hinaus."

Borris hatte das Landesverwaltungsamt aufgefordert, die aufgestellten Auflagen zurückzunehmen. Es gebe keine gesetzliche Grundlage dafür, erklärte Borris. Viele Bürgermeister anderer Städte in Deutschland hätten sich bei ihr gemeldet – die Sichtweise des Landesverwaltungsamts drohe, einen Präzedenzfall zu schaffen.

Borris hatte sich bereits am Dienstag überzeugt gezeigt, dass der Weihnachtsmarkt stattfinden könne – womöglich mit einem verspäteten Beginn. Die Stadt werde auch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen unternehmen – "egal, welche Kosten uns entstehen".

Rückendeckung für Borris von Stadträten

Rückendeckung bekam Borris in dem Streit vom Stadtrat. Nach Aussage der Ratsmitglieder wurde der offene Brief an den Ministerpräsidenten und die Landesregierung einmütig unterstützt. Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT argumentieren sie, dass hier das Land in der Verantwortung sei und diese auch wahrnehmen müsse. Würden die Kriterien des Landesverwaltungsamtes grundsätzlich ausgelegt wären, müsse nahezu jede große Veranstaltung in Sachsen-Anhalt direkt abgesagt werden.

Die Räte kritisierten zudem Innenministerin Tamara Zieschang (CDU). Von der Linksfraktion hieß es, Zieschang habe es nicht geschafft, Verantwortung zu übernehmen. Hier werde eine nicht nachvollziehbare Sonderstellung für Magdeburg geschaffen, teilte die Fraktion mit. Von Seiten der AfD heißt es, das Ministerium versuche offenbar, den Veranstaltern die Verantwortung zuzuschieben. Sie brachte ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht ins Spiel.

Prozess zum Anschlag von 2024 läuft seit Montag

Am Montagvormittag begann der Prozess zum Anschlag. Zum Auftakt wurde die rund 200 Seiten starke Anklage verlesen. Zudem äußerte sich der Angeklagte. Dabei gab er die Tat zu. Seit Dienstagvormittag wird die Verhandlung fortgesetzt.

dpa, afp MDR (Lars Frohmüller, Sören Thümler, Hannes Leonard, André Plaul, Marcel Knop-Schieback, Kalina Bunk) | Erstmals veröffentlicht am 10. November 2025

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke