Klima, Kosten, Konflikte – Mehrheit zweifelt an fairer Umsetzung beim Klimaschutz
- Eine große Mehrheit zweifelt an der Möglichkeit von Klimagerechtigkeit.
- Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird von immer mehr Personen kritisch bewertet.
- Viele fürchten gesellschaftliche Spaltung durch Klimaschutzmaßnahmen.
Klimaschutz ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Projekt. Wer trägt die Lasten – und wer profitiert von den Chancen? Die Verteilungsfrage entscheidet, ob Klimapolitik als gerecht empfunden wird. Klimagerechtigkeit bedeutet: Belastungen und Vorteile müssen fair verteilt sein – zwischen Generationen, Regionen und sozialen Gruppen.
In einem aktuellen Stimmungsbild des MDR-eigenen Meinungsbarometers MDRfragt zweifelt die Mehrheit der rund 20.000 Befragten daran, dass eine klimagerechte Strategie möglich ist: 87 Prozent der Befragten haben kein Vertrauen in eine sozialverträgliche Ausgestaltung von Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK"Ich habe Angst, dass ich mir Klimaschutz-Auflagen nicht leisten kann", schreibt MDRfragt-Mitglied Kerstin (66) aus dem Landkreis Greiz. Auch Ralf (53) aus dem Salzlandkreis befürchtet weitere soziale Belastungen und wünscht sich "solidarische Lösungen, die Kosten fair verteilen und allen einen Mehrwert bringen".
Kosten vs. Chancen
Ältere Befragte zweifeln häufiger daran, dass Chancen und Folgen von Klimaschutzmaßnahmen fair verteilt werden. Jüngere haben im Vergleich etwas häufiger Vertrauen in einen sozial gerecht ausgestalteten Klimaschutz.
Viele Befragte empfinden klimafreundliche Alternativen nicht als bezahlbar. Joachim (81) aus Chemnitz vergleicht ÖPNV-Kosten mit dem Auto: "Die Monatsfahrkarte für öffentliche Verkehrsmittel wird so teuer, dass ich für den gleichen Preis zwei Monate Auto fahren kann".
MDRfragt-Mitglied Anna (44) aus dem Landkreis Gotha sieht wiederum Sparpotenzial: "Ein nachhaltiger Lebensstil kann Kosten reduzieren – etwa durch weniger Autofahrten oder energieeffiziente Haushaltsgeräte." Dorit (29) aus Jena betont vor allem die Chancen einer schnellen Umsetzung: „Wer bei klimafreundlichen Technologien vorne liegt, profitiert langfristig. Verzögerung kostet uns Geld und Zukunft.“
Klimaschutz ist fest verankert – Klimagerechtigkeit noch nicht
72 Prozent der befragten Personen ist Klimaschutz persönlich wichtig. Doch sobald es um konkrete Maßnahmen geht, sinkt die Zustimmung.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK"Der Klimaschutz müsste eigentlich das wichtigste Thema sein, denn wir haben nur die eine Erde", schreibt MDRfragt-Mitglied Lutz (75) aus dem Saale-Holzland-Kreis. Aus dem Grund fordert auch Joachim (81) aus Chemnitz: "Klimaschutzmaßnahmen sollten so weit wie möglich gehen – auch mit Einschränkungen des eigenen Lebensstandards."
Doch nicht allein die Bereitschaft zählt. Tina (61) aus Mittelsachsen sieht praktische Hürden: "Wir auf dem Land haben kaum Busverbindungen. Der erste fährt um 7.30 Uhr – damit kommt keiner pünktlich zur Arbeit." Auch finanzielle Nöte schränken Menschen ein. Mandy (49) aus der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge schreibt: "Alleinerziehend mit drei Kindern ist es schwierig, um die Runden zu kommen. Für Klimaschutz bleibt da nichts übrig, auch wenn ich es gern anders hätte."
In den Kommentaren fordern viele einen sozialen Ausgleich – etwa das Klimageld. "Das Klimageld wäre die soziale Balance des Ganzen. Doch es kommt nicht, obwohl die Preise steigen", schreibt Swen (63) aus Leipzig.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt unter Druck
Mehr als 70 Prozent der Befragten sind sich einig: Gesellschaftlicher Zusammenhalt lebt vor allem von Gerechtigkeit, Solidarität, Hilfsbereitschaft – und gemeinsamen Regeln des Miteinanders.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNKDoch die Bewertung des gesellschaftlichen Zusammenhalts verschlechtert sich: Anfang 2024 bewerteten 78 Prozent den Zusammenhalt als schlecht – im Oktober 2025 sind es bereits 90 Prozent.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK"Es wird gar nicht mehr argumentiert, sondern nur noch geächtet, moralisiert und gebrüllt", findet Andreas (65) aus Gera.
Individualisierung statt Gemeinschaft
Viele Kommentare, wie die von MDRfragt-Mitglied Sieglinde (72) aus dem Landkreis Wittenberg beobachten eine "wachsende Ellbogengesellschaft".
Christian (65) aus dem Landkreis Meißen glaubt: "Die Ideologien der Selbstverwirklichung und Hyper-Individualisierung zeigen Wirkung. Soziale Medien und spaßzentrierte Unterhaltungsindustrien lenken die Menschen vom Wesentlichen ab."
Auch Annkathrin (38) aus Erfurt beobachtet eine Gesellschaft, die immer egoistischer wird: "Wir leben in einer Gesellschaft der Individualisten und der Selbstoptimierung. Daraus ergibt sich ein Vakuum, das keinen ernsthaften Zusammenhalt fördert."
Doch es gibt auch hoffnungsvolle Stimmen. MDRfragt-Mitglied Daniel (48) aus Leipzig sagt: "Es gibt viele Beispiele, wo gemeinsames Handeln funktioniert. Ganz aufgeben will ich die Hoffnung nicht."
Sorge vor Spaltung
86 Prozent befürchten, dass der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne des Klimaschutzes, den gesellschaftlichen Zusammenhalt weiter schwächen könnte.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK"Es gibt noch viele Gas- und Ölheizungen in Deutschland. Dämmung und Umstellung kosten. Nicht jeder kann das bezahlen", schreibt Beate (70) aus Nordsachsen und warnt vor sozialer Abstiegsgefahr.
MDRfragt-Mitglied Erik (37) aus Dresden möchte Verantwortliche stärker zur Rechenschaft ziehen: "Die, die den größten Dreck verursachen, zahlen ihn nicht. Der Batzen bleibt bei denen hängen, die ohnehin kämpfen."
Johannes (41) aus Leipzig sieht ebenfalls die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung durch wirtschaftlichen und sozialen Umbau im Sinne des Klimaschutzes, betont jedoch die Risiken des Nicht-Handelns stärker: "Ohne den Umbau wird die Spaltung der Gesellschaft noch größer. Denn die Folgen des Klimawandels treffen die Ärmeren am stärksten."
Fabian (48) aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld zeigt sich gerade aufgrund der Größe der sozial-ökologischen Herausforderung zuversichtlich: "Ich habe das Gefühl, dass Menschen zusammenhalten, gerade wenn die Herausforderungen wachsen."
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