Inhalt des Artikels:

  • Gewissen prüfen und Verantwortung übernehmen
  • Seit 1995 nur noch in Sachsen gesetzlicher Feiertag
  • Reformation übernimmt mittelalterlichen Brauch
  • Bei Krieg und Notständen von der Obrigkeit verordnet

Der Buß- und Bettag ist ein Feiertag der evangelischen Kirche und fällt in diesem Jahr auf den 19. November 2025. Erinnern sollen sich die Gläubigen an diesem Tag daran, dass das Scheitern zum Leben gehört, zugleich soll der Tag Mahnung sein, sich immer wieder neu auf das Leben zu besinnen. Leitwort ist die vierte Bitte des Vaterunsers: "Und vergib uns unsere Schuld".

Gewissen prüfen und Verantwortung übernehmen

Den Feiertag bewusst als "Tag der Gewissensschärfung" zu nutzen, dazu ruft die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, auf.

Bischöfin Kirsten Fehrs ist Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und appelliert, den Buß- und Bettag als Tag der Gewissensschärfung zu sehen, um inneren Frieden zu finden.Bildrechte: IMAGO / epd

Mit Blick auf die neu erschienene Friedensdenkschrift der EKD betonte sie, dass persönliches Gewissen und gesellschaftliche Verantwortung untrennbar miteinander verbunden seien. "Innerer Frieden bildet die Grundlage für äußeren Frieden. Er entsteht dort, wo Menschen Konflikte bewusst wahrnehmen, Schuld anerkennen und nach Wegen der Versöhnung suchen." So erinnere der Buß- und Bettag daran, "dass Frieden nicht nur eine politische Aufgabe ist": "Er beginnt in uns selbst – in der Art, wie wir urteilen, wie wir miteinander umgehen und wie wir Verantwortung übernehmen."

Innerer Frieden bildet die Grundlage für äußeren Frieden.

Bischöfin Kirsten FehrsRatsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

Seit 1995 nur noch in Sachsen gesetzlicher Feiertag

Die evangelische Kirche beging den Buß- und Bettag erstmals im 15. Jahrhundert. Als gesetzlicher Feiertag wurde er 1995 abgeschafft, um die damals neu eingeführte Pflegeversicherung finanzieren zu helfen, außer in Sachsen, wo der Buß- und Bettag immer noch gesetzlicher Feiertag ist.

Genau das bedauerte der einstige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (1942 -2023) in einer Kanzelpredigt im Jahr 2019 im Berliner Dom: "Buße ist heilsam, aber in unserem Alltag leider selten", sagte der CDU-Politiker, der auch Protestant gewesen ist. Sie helfe gegen "Allmachtsfantasien" und könne gesellschaftliche Gräben "in einem offenen Versöhnungsprozess" wieder schließen. Er betonte, die Gesellschaft brauche auch dafür einen "lebendigen Bezug zum Christentum". Aus der Möglichkeit zur Umkehr leite sich ein wichtiges Korrektiv ab: "Der Wert eines Tages, an dem Umkehr gefordert wird, lässt sich in einer volkswirtschaftlichen Rechnung nicht abbilden."

Neben Sachsen gilt zudem in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ein Tanzverbot.

Reformation übernimmt mittelalterlichen Brauch

Buße und Sühne gehören in den christlichen Konfessionen zum geistlichen Alltag, allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen. In frühchristlicher Zeit gab es besonders angesetzte Bußtage, die jedoch weniger von der Kirche als viel mehr von weltlichen Herrschern festgelegt wurden. In besonderen Notfällen oder bei drohenden Katastrophen wurden Sühnetage ausgerufen. Schon Karl der Große verordnete sie aus Gründen besonderer Not. Das Mittelalter folgte diesem Vorbild, die Reformation übernahm diese Ordnung.

Trotz der Kritik Martin Luthers an den so genannten Quatembertagen schrieben evangelische Kirchenordnungen der Reformationszeit Buß- und Bettage vor, die an manchen Orten sogar monatlich abgehalten wurden.

Was sind die Quatembertage?

  • Die Quatembertage werden abgeleitet von "Tour tempora", den vier Jahreszeiten.
  • Der Begriff kommt aus dem Rom des  8. Jahrhunderts.  Er bezeichnet den Mittwoch, Freitag und Samstag in vier Wochen des Jahres, die ungefähr mit dem Beginn der jeweiligen Jahreszeit zusammenfallen.
  •   Papst Gregor VII. (1073-1085) hat auf der römischen Synode 1078 die Termine der Quatembertage festgelegt.
  • Sie fallen danach in die erste Fastenwoche, die Wochen nach Pfingsten und nach Kreuzerhöhung (14. September) und in die Woche nach Lucia (13. Dezember).
  • Inhaltlich geht es um die geistliche Erneuerung der christlichen Gemeinde durch Fasten und Beten und das Tun guter Werke.
  • Das Fasten während der Quatembertage war genau geregelt: Es gab nur eine sättigende Mahlzeit am Tag und es durfte nur fleischlos gegessen werden.
  • Die Quatembertage wurden nach dem II. Vatikanischen Konzil ( 1962-1965) und der Liturgiereform 1969 in der katholischen Kirche inhaltlich und kalendarisch neu aufgestellt.

Bei Krieg und Notständen von der Obrigkeit verordnet

Landesfürsten verfügten oft einen Bußtag nach Ausbruch eines Krieges, damit die Menschen vor Gott um Vergebung für die Schuld und die Gewalt in den kriegerischen Auseinandersetzungen bitten. Während des Dreißigjährigen Krieges kam es zu einer Häufung von Buß- und Bettagen mit wöchentlichen Wiederholungen. Anlass waren auch allgemeine Volksnöte. In den 28 deutschen Ländern des Reiches von 1871 gab es 47 verschieden datierte Bußtage. Gegen diese Vielzahl schlug die evangelische Eisenacher Konferenz bereits 1852 einen einheitlichen Buß- und Bettag am Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr vor – jedoch ohne Erfolg.

Erst die Preußische Generalsynode beschloss 1892 einen einheitlichen Bußtag für das Preußische Staatsgebiet in Mittel- und Norddeutschland im November.

Vom öffentlichen Gebet zur persönlichen Abbitte

Aus dem einst öffentlichen Gebet und der kollektiven Schuldsuche ist mittlerweile eine persönliche Gewissensprüfung geworden, eine Ermutigung, sich Fehler und Schuld einzugestehen, darin nicht Last, sondern Chance zu sehen, was - wie die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs betont durchaus über den Einzelnen hinaus relevant ist. Frieden beginnt demnach im eigenen Gewissen. Buße und Beten dienen dem Innezuhalten, um Schuldverstrickungen wahrzunehmen und neue Wege zu suchen.

Buchtipps

Karl-Heinrich Bieritz: "Das Kirchenjahr", München: Verlag C.H. Beck
Manfred Becker-Huberti: "Lexikon der Bräuche und Feste", Herder Verlag 2007
Georg von Gynz-Rekowski: "Der Festkreis des Jahres", Union Verlag 1981 (nur noch antiquarisch).

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke