"Wenn du gehst dann bringe ich dich um" – wie Femizide bekämpft werden können
- Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland ein strukturelles Problem. Betroffenenorganisation fordern unter anderem, dass die Gesetze für einen besseren Schutz der Opfer angepasst werden.
- Auch Gerichte sollen besser im Themengebiet der geschlechtsspezifischen Gewalt geschult werden, um Femizide in der Rechtsprechung besser erkennen zu können.
- Die Prävention müsse schon im Kindesalter beginnen, um Beziehungen auf Augenhöhe zu vermitteln.
"Wenn du gehst dann bringe ich dich um." Ein Satz, den manche Frauen in gewaltvollen Beziehungen von ihren Partnern hören, wenn sie von einer Trennung sprechen. Dass diese Worte nicht immer leere Drohungen sind zeigt die Kriminalstatistik. 80 Prozent der als Femizid geltenden Tötungen an Frauen fanden im Rahmen einer Trennung statt.
Claudia Ignay, Referentin im Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – kurz BFF – hofft , dass solche Drohungen immer ernst genommen werden: "Häufig war, dass den Frauen nicht geglaubt wurde. Das staatliche Stellen nicht ausreichend anerkannt haben, dass die Frauen gesagt haben: 'Ich bin in Gefahr, meine Kinder sind auch in Gefahr und wir brauchen erweiterte Schutzmaßnahmen'. Und ja, zukünftig kann vielleicht auch in solchen Fällen dann die elektronische Aufenthaltsüberwachung, also die Fußfessel, eine Möglichkeit sein."
Schutz vor Gewalt gegen Frauen: Gesetzliche Nachbesserungen nötig
Seit Kurzem liegt hierzu ein Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vor, dass die Fußfessel in Fällen von häußlicher Gewalt verpflichtend machen könnte. In Spanien, wo die Fußfessel bereits erprobt wird, müssen 2-3 Prozent der Täter nach häuslicher Gewaltausübung bisher eine Fußfessel tragen. Ein hoher Grundrechtseingriff, der natürlich nicht leichtfertig verhängt werden darf.
Allein die Fußfessel wird das Problem allerdings nicht lösen, glaubt auch Silvia Haller vom deutschen Frauenrat. Um Gewalt gegen Frauen effektiv zu begegenen bräuchte es viel mehr: "Stichwort Täterprogramm, aber auch Schutz im Umgangsrecht, dass die Kinder dann auch dem Vater, wenn er als gewalttätig identifiziert wurde, nicht mehr für den Umgang zugeführt werden müssen. Natürlich auch eine mediale Berichterstattung, aber auch ein generelles gesellschaftliches Klima, wo die Verantwortung eben den Tätern, den Männern gegeben wird und klar gemacht wird: Du musst was verändern."
Geschlechtsspezifische Gewalt: Fortbildungen für Richter können sensibilisieren
Studien belegen, dass häusliche Gewalt in allen Gesellschaftsschichten vorkommt. Besonders häufig involviert seien allerdings Männer mit psychischen Erkrankungen, die unbehandelt sind.
Juristin Müşerref Tanrıverdi schlägt vor, auch die juristischen Ebene besser zu sensibilisieren. Sie arbeitet für das deutsche Institut für Menschenrechte.
Ihrer Erfahrung nach würden verpflichtende Fortbildungen zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt für Richterinnen und Richter eine effektive Maßnahme sein, um die Femizide in der Rechtsprechung deutlicher erkennen zu können: "Sie würde Richterinnen und Richter verpflichten, sich mit der geschlechtsspezifischen Dimension auseinander zu setzen und die Tat auch unter diesem Gesichtspunkt zu bewerten und zudem würde eine solche Regelung auch Eingang in die universitäre Juristenausbildung finden und bereits in der akademischen Lehre eine Sensibilisierung bewirken."
Polizei soll über Dynamiken besser geschult werden
Florian Rebmann, Kriminologe und Mitverantwortlicher für die jüngste Studie zu "Femiziden in Deutschland", sieht Aufklärung als einen essentiellen Weg, Gewalt gegen Frauen einschränken zu können: "Wenn wir uns konkret anschauen, was die Politik tun kann um die Polizei zu unterstützen, dann sehen wir vor allem, dass man die Polizei noch ein bisschen besser aufklären muss darüber, wie diese typische Dynamik von der Gewalt im Vorlauf von solchen schweren Taten abläuft."
Prävention muss schon im Kindesalter beginnen
Rebmann betont, dass es bei Femiziden nicht um Einzelfälle sondern um die Auswirkungen gesellschaftlicher Ungleichheit geht. Das unterstreicht Claudia Ignay vom BFF: "Es ist ja sehr viel früher auch bei Prävention in Schulen und Kindergärten anzusetzen. Es geht darum, Gleichberechtigung zu vermitteln, dass man sich in Beziehungen auf Augenhöhe begegnet, dass es eben keine Besitzansprüche gibt. Wie lebe ich eine gleichberechtigte Beziehung, da fängt es alles schon an."
In einer repräsentativen Studie 2023 fanden ein Drittel der befragten Jugendlichen Gewalt gegen Frauen akzeptabel. Eine Überzeugung, die für Claudia Ignay die Wurzel von Gewalt ist und nicht unterschätzt werden darf.
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