Comeback einer Ikone: Gläserne Frau kehrt in Ausstellung zurück
- In Dresden kehrt die Gläserne Frau in die Dauerausstellung des Hygiene-Museums zurück.
- Aus konservatorischen Gründen steckt die berühmte Lehrfigur, die einen Blick ins Körperinnere erlaubt, nun in einer doppelt verglasten Vitrine.
- Dass die originale Erfindung aus den Werkstätten des Museums auf diese Weise geschützt wird, wurde durch ein langjähriges Forschungsprojekt möglich.
Ab Dezember ist die Gläserne Frau wieder in der Dauerausstellung im Deutschen Hygiene-Museum Dresden (DHDM) zu sehen – frisch gereinigt und geschützt durch eine neu entwickelte Klimavitrine.
Die berühmte Lehrfigur stammt aus den dreißiger Jahren und musste Anfang 2023 zu ihrer Rettung aus der Dauerausstellung entfernt werden. "Diese Figuren zerbröseln uns quasi unter den Fingern", begründete Direktorin Iris Edenheiser im Gespräch mit MDR KULTUR die Maßnahme.
Neue Vitrine im Hygiene-Museum schützt Lehrfigur vor Zerstörung
Die Gläserne Frau besteht – wie auch weitere historische Lehrfiguren zur Anatomie aus der Sammlung – nicht aus Glas, sondern aus Zelluloseacetat. Dies sei ein Kunststoff, der mit der Zeit schrumpfe, sich verfärbe und Essigsäure absondere, was die inneren Bestandteile der Figur angreife, erklärte Edenheiser weiter. "Das sieht dann von außen so aus, als würde sie innerlich bluten."
Im Dezember 2022 wurde die Gläserne Frau aus der Dauerausstellung entnommen, nun kehrt sie in ihre neue Klimavitrine zurück.Bildrechte: Oliver KilligDer Alterungsprozess werde durch hohe Luftfeuchtigkeit und schwankende Temperaturen beschleunigt, führte die Direktorin aus. Nun soll eine doppelt verglaste Klimavitrine für optimale Bedingungen sorgen. Darin herrschten nur 15 bis 18 Grad und 25 Prozent weniger Luftfeuchtigkeit, so Edenheiser. Über einen Aktivkohlefilter werde die schädliche Vitrinenluft permanent hinaus geleitet, teilte das Museum zum Verfahren mit.
Markenzeichen und Weltsensation aus Dresden
Edenheiser betonte im Gespräch mit MDR KULTUR die Bedeutung der gläsernen Exponate, die in den Dreißiger Jahren in den Werkstätten des Hygiene-Museums gefertigt und aus Dresden in alle Welt exportiert worden seien.
Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden entstand 1912 auf Initiative des Magdeburger Unternehmers und Odol-Königs Karl Lingner, als Bildungsstätte für die Gesundheitsaufklärung.Bildrechte: MDR/Oliver KilligIn dieser Ära habe es außer dem Röntgen noch keine bildgebenden Verfahren wie Ultraschall oder MRT gegeben. So sei der detaillierte Blick ins Körperinnere mit allen Organen und Gefäßen damals eine Weltsensation gewesen.
Faszination und Missbrauch durch NS-Propaganda
Zugleich verbinde sich mit den gläsernen Lehrfiguren aus Dresden auch eine dunkle Seite der deutschen Geschichte, fügte Iris Edenheiser hinzu: In NS-Propagandaausstellungen seien sie als Idealbild des "erbgesunden" Menschen missbraucht worden, um die Rassenideologie der Nazis zu transportieren. Für das Museum und die Dauerausstellung sei die Rettung der Gläsernen Frau bedeutsam, weil sie die Faszination, aber auch den Missbrauch von Wissenschaft vor Augen führe.
Forschungsprojekt zur Rettung von Kunststoff-Objekten
Außer der Klimavitrine gibt es nun auch eine 20 Quadratmeter große Klimazelle im Sammlungsdepot des Museums, um andere Lehrfiguren wie den bereits konservierten Gläsernen Mann aus dem Jahr 1935 oder die Gläserne Kuh aus dem Jahr 1982/83 zu bewahren. Die Entwicklung der Vitrine wurde laut DHDM von der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen, dem Freundeskreis des Museums und über eine Crowdfunding-Aktion engagierter Besucherinnen und Besucher finanziert.
Iris Edenheiser ist Direktorin des Deutschen Hygiene-Museums Dresden – für sie verkörpert die Gläserne Frau die Faszination, aber auch den Missbrauch von Wissenschaft.Bildrechte: David PinzerDie Entwicklung der Klimazelle förderte der Bund. Vorausgegangen war ein Forschungsprojekt mit Partnerinstitutionen zwischen 2016 und 2022, dass über das DHMD hinaus auch anderen Einrichtungen die Expertise liefern soll, um wertvolle historische Objekte aus Kunststoff zu bewahren. Finanziert wurde es von einer privaten Stiftung.
Die Gläserne Frau entstand 1935/1936 als Auftragsproduktion für den US-Textilfabrikanten Samuel H. Camp, sie wurde in Gesundheistausstellungen präsentiert. 1988 schenkte sie das Science Centre St. Louis dem Deutschen Historischen Museum in Berlin, 1990 kehrte sie ins Deutsche Hygiene-Museum nach Dresden zurück.
Quelle: DHDM, MDR KULTUR (Tino Dallmann), Redaktionelle Bearbeitung: ks, lm
Service-Infos zum Deutschen Hygiene-Museum Dresden (DHDM)
Deutsches Hygiene-Museum
Lingnerplatz 1, 01069 Dresden
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, Feiertage: 10 bis 18 Uhr
Montag geschlossen (an Feiertagsmontagen geöffnet)
Neben der Dauerausstellung gibt es regelmäßig Sonderausstellungen, derzeit "Bin ich schön" und besondere Kinderangebote,
Eintritt:
Regulär 12 Euro, ermäßigt 6 Euro, Kinder und Jugendliche unter 17 Jahre frei
Barrierefreiheit:
Die Dauerausstellung, das Kinder-Museum sowie spezielle Toiletten sind barrierefrei zugänglich. Es gibt Führungen in Leichter Sprache, in Deutscher Gebärdensprache sowie für Blinde und Sehbehinderte. Einige Veranstaltungen werden auch in Deutsche Gebärdensprache übersetzt.
Neben der Dauerausstellung bietet das DHDM auch wechselnde Sonderausstellungen:
"Bin ich schön!"
Teil der Dauerausstellung im "Studio"
Weitere Informationen finden auf der Website des Museums
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