Fieber stoppt menschliche Grippe, aber nicht Vogelgrippe
Fieber gehört zu den wichtigsten Abwehrmechanismen des Körpers. Steigt die Temperatur auf 39 bis 41 °C, gerät die Vermehrung vieler Viren ins Stocken. Für menschliche Influenza-A-Viren ist das typisch, denn sie bevorzugen die kühleren Regionen des oberen Atemtrakts. Vogelgrippeviren sind dagegen aus ihren tierischen Wirten deutlich höhere Temperaturen gewohnt. In Enten, Gänsen oder Möwen vermehren sie sich häufig im Darm, wo 40 bis 42 °C normal sind.
Die neue Studie zeigt: Genau diese Temperaturtoleranz macht Vogelgrippeviren weniger anfällig für das, was für andere Erreger ein natürlicher Schutzwall ist — das Fieber. Während menschliche Grippeviren in der Studie bei künstlich erzeugtem Fieber im Tiermodell stark gebremst wurden, konnten Vogelgrippeviren weiterhin schwere Krankheitsverläufe auslösen.
Die britische Forschungsgruppe simulierte Fieber bei Mäusen, indem es die Umgebungstemperatur erhöhte. Da Mäuse bei Influenza kein echtes Fieber entwickeln, war dieser Kunstgriff entscheidend, um den Effekt auf die Viren isoliert zu betrachten. Das Ergebnis: Ein Temperaturanstieg um nur 2 °C reichte aus, um einen ansonsten tödlichen Verlauf einer "menschlichen" Influenza-Infektion stark abzuschwächen. Bei Vogelgrippeviren zeigte sich dagegen kaum eine Wirkung durch die höhere Temperatur. Die Viren replizierten weiter und riefen schwere Krankheitsverläufe hervor.
Verantwortliches Gen kann von "normalen" Influenza-Viren übernommen werden
Der entscheidende Unterschied liegt laut der Studie in einem einzigen Gen, PB1, das dafür verantwortlich ist, wie gut ein Virus sein Erbgut bei verschiedenen Temperaturen vervielfältigen kann. Wenn ein "normales" Influenza-Virus dieses Gen von einem Vogelgrippe-Virus übernimmt, steigt die Hitzeresistenz deutlich und Fieber kann nichts mehr gegen das Virus ausrichten.
"Die Fähigkeit von Viren, Gene auszutauschen, ist eine fortdauernde Quelle der Gefahr bei neu auftretenden Influenzaviren", sagt Studienerstautor Matt Turnbull von der Universität Glasgow (Schottland). "Wir haben das bereits in früheren Pandemien gesehen, etwa 1957 und 1968, als ein menschliches Virus sein PB1-Gen gegen das eines Vogelgrippe-Stammes tauschte." Dies könne erklären, warum diese Pandemien beim Menschen schwere Erkrankungen verursachten.
Aber auch das Vogelgrippevirus selbst stelle eine Gefahr für den Mensch dar, betont Studienleiter Sam Wilson von der Universität Cambridge (England). Zwar infizieren sich Menschen nur selten damit, aber wenn, dann verlaufe die Krankheit oft tödlich. "Die Sterblichkeitsraten bei Vogelgrippe beim Menschen waren traditionell besorgniserregend hoch, etwa bei historischen H5N1-Infektionen mit mehr als 40 Prozent Sterblichkeit", sagt Wilson.
Konsequenzen für Überwachung und Behandlung?
Aus den Ergebnissen lässt sich ein neuer Ansatzpunkt für die Überwachung ableiten: Nicht nur Übertragbarkeit und Bindungsfähigkeit an menschliche Zellen sollten laut den Forschern geprüft werden, sondern auch die Temperaturtoleranz eines Virus.
Auch medizinisch könnte die Erkenntnis relevant sein. Fieber wird oft mit Ibuprofen oder Aspirin behandelt. Doch nun gebe es eben diese Hinweise, dass Fiebersenkung nicht immer vorteilhaft ist – und möglicherweise sogar die Virusausbreitung begünstigen kann. Die Forscher betonen allerdings, dass dazu weitere Untersuchungen notwendig seien, bevor Leitlinien vielleicht verändert werden sollten.
Links / Studien
M. Turnbull et al. (2025): "Avian-origin influenza A viruses tolerate elevated pyrexic temperatures in mammals", Science
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