Kati, Sie feiern einen runden Geburtstag. Was macht die 60 mit Ihnen?  

Die macht wirklich überhaupt nichts mit mir, muss ich gestehen. Ich hatte noch nie ein Problem mit einem runden Geburtstag. Es ging immer irgendwie weiter. Und ich lebe zum Glück auch ein sehr aktives Leben. Klar denk ich manchmal, vielleicht wäre es ganz schön, mal ein bisschen mehr in Ruhe eine Pause einzulegen. Aber grundsätzlich macht das mit mir persönlich gar nichts.

Wenn Sie heute der 18-jährigen Kati Witt gegenüber stehen würden. Welchen Rat würden Sie ihr geben?

Ich würde der sagen, mach alles genau so, wie du es machen willst. Klar hat man Fehler gemacht. Aber genau aus denen lernt man, aus Entscheidungen, die vielleicht nicht richtig waren. Aber man hat trotzdem durchgehalten. Am Ende, glaube ich, war alles so richtig, wie es war. 

Die Kombination aus Leistungswille und einer Weltklasse-Trainerin wie Jutta Müller (li.) brachte den Erfolg für Katarina Witt. Hier bei der WM 1985 in Tokio.Bildrechte: imago/AFLOSPORT

Meine Generation hatte das große Glück, dass die Mauer gefallen ist und sich unsere Generation dann nochmal extrem umorientieren konnte. Wir konnten all das mitnehmen, was wir an Werten gelernt haben und was wir in der Schule oder im Studium beigebracht bekommen haben. Also da hatte unsere Generation schon großes Glück. Und sonst denke ich, die 18-jährige Kati Witt, die hatte wirklich einen großen Druck im Sport. Aber ich glaube, die 18-Jährige hatte auch sehr viel Freude an all dem, was sie gemacht hat.

Am Ende zählt, wer der Beste ist und dann gewinnst du eine Goldmedaille. Das ist sehr fair im Sport.

Kati Wittüber den Leistungswille

Wovon träumen Sie heute?

Also das Wichtigste ist, gesund zu bleiben. Ohne die Gesundheit kann man gar nichts anstellen. Und das sollte man nicht als etwas Selbstverständliches sehen. Für die Gesundheit muss man aktiv sein und was tun und auch eine gewisse Disziplin an den Tag legen. Ansonsten träume ich davon, tatsächlich mal ein bisschen mehr Zeit für mich zu haben und vielleicht auch mal wieder ein bisschen mehr zu reisen.

Wohin denn?

Jetzt würde ich natürlich sagen, irgendwo, wo es warm ist. (lacht) Aber ich genieße auch den Winter und den Schnee. Vielleicht müsste man mal so eine Hurtigruten-Reise unternehmen, nach Norwegen. Aber vielleicht nicht in den tiefsten Schnee. Das ist mir, glaube ich, dann doch zu kalt.

Zum Geburtstag gibt es jetzt in der ARD eine fünfteilige Dokumentation. Die heißt "Being Katarina Witt". Wie fühlt sich das an, das eigene Leben als Doku zu sehen?

Das ist schon ein bisschen verrückt und abstrakt. Und gerade diese Being-Katarina-Doku ist, glaube ich, eine sehr, sehr schöne Serie innerhalb der ARD, die sie ihren Athleten und Sportlern widmet. Da geht es schließlich darum, ihre Leistung nachzuzeichnen und ihre Lebensleistung zu zeigen. Vielleicht bringt das auch jüngere Leute auf die Idee zu sagen: Mensch, es lohnt sich, doch Leistung zu zeigen. 

Es wurden auch Filmausschnitte gefunden, die habe ich entweder noch nie gesehen oder es ist schon wieder so lange her. Da denke ich, oh Gott, wo habt ihr das ausgegraben? Das ist wirklich toll, gemeinsam noch mal in die Vergangenheit zu reisen. Aber es geht auch um das Hier und Jetzt und man kann mich auch in der Gegenwart erleben. Also ich habe mich nie auf den Erfolgen der Vergangenheit ausgeruht. Es ging immer irgendwie weiter. Besonders schön finde ich, dass viele Weggefährten zu Wort kommen. Ihnen zuzuhören, aus welcher Sicht sie meine Karriere mitverfolgt haben oder begleitet haben, das fand ich sehr interessant.

Sie kommen aus einer Zeit, wo Sportler unter extremem Leistungsdruck standen. Heute wird das oft als ganz schlimm kritisiert. Wie ist Ihre persönliche Sicht?

Das müsste man jetzt erstmal relativieren, ob der Druck ungesund war. Also ich empfinde mich weiterhin heute als gesunden Menschen und mir hat das nicht geschadet. Also ich fände es auch mal wieder schön, wenn man sagen würde, ich möchte mit Leistungen überzeugen. Natürlich hatten wir einen immensen Druck in der DDR, weil es auch ein politischer Druck war. Es gibt sicherlich auch einige, die daran zerbrochen sind.

Aber es gibt auch sehr viele, die daran gewachsen sind und ich glaube, ich gehöre zu denen, die damit umgehen konnten. Je größer der Druck war, desto besser war ich. Das ist der Leistungssport: Am Ende zählt, wer der Beste ist und dann gewinnst du eine Goldmedaille. Das ist sehr fair im Sport.

In der Doku heißt es auch: "Von Karl-Marx-Stadt zu Weltruhm". Stört es Sie eigentlich, ständig auf diese Herkunft aus dem Osten angesprochen zu werden?

Nein, überhaupt nicht! Das gehört ja zu mir. Da bin ich aufgewachsen, diese Vita hat mich geprägt und ich glaube, heute bin ich auch genauso, wie ich bin, weil ich auch diese Ost-Vergangenheit habe. Ich finde das gerade schön, wenn man als kleines Mädchen oder Junge einen Traum hat und wirklich in einem kleinen Ort aufwächst und es dann in die große, weite Welt schafft. Das ist doch toll.

Für die ARD-Doku stieg Katarina Witt auch auf die Dächer von Chemnitz.Bildrechte: MDR

Ich glaube, wichtig ist, dass man als junger Mensch auch reist, dass man damit seinen Horizont erweitert. Und das war stets eine ganz große Motivation. Nicht irgendwie berühmt zu werden, ein Star zu sein, reich zu sein, das gab es alles damals gar nicht. Aber diese Möglichkeit, wirklich mal aus dem kleinen grauen Karl-Marx-Stadt oder Dresden oder Gera rauszukommen in die große, weite Welt und etwas anderes zu sehen. 

Die Serie läuft Weihnachten im Fernsehen. Wo feiern Sie eigentlich Weihnachten?

Wir sind immer in Familie. Wir kommen zusammen, egal wo wir dann sind. Da sind die Eltern dabei, die Großeltern, von meinem Bruder die Kinder und wir feiern gemeinsam Weihnachten. Das ist immer eine ganz, ganz tolle, schöne, warme und herzliche Familienzeit.

Erfolgstrio aus Karl-Marx-Stadt: Katarina Witt, Gaby Seyfert und Anett Pötzsch (v.l.)Bildrechte: picture-alliance / dpa | Wolfgang Thieme

Menschen, die Sie kennen, schätzen Ihr erfrischendes und herzliches Lachen. Es gibt doch aber bestimmt auch Situationen, wo Sie so richtig mufflig sind?

Da gibt es genügend. Ich glaube, ich werde mufflig, wenn irgendwas nicht so klappt, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich bin auch sehr pingelig bei manchen Dingen. Aber ansonsten kann ich auch wirklich Sachen gut weglachen. Ich lache viel, laut und gern.

Auf dem Eis waren Sie Perfektionistin. Wo sind Sie gar nicht perfekt?

Ich bin zum Beispiel in der Küche eine absolute Niete. Ich kann leider überhaupt nicht kochen. Das haben in unserer Familie immer die Männer gemacht. Ob das mein Papa ist oder mein Onkel oder mein Bruder. Das ist bei uns schon Tradition: Der Mann gehört in die Küche an den Herd. 

Ich bin in der Küche eine absolute Niete. Das ist bei uns schon Tradition: Der Mann gehört in die Küche an den Herd. 

Kati Wittüber Sachen, die sie nicht so gut kann

Letzte Frage: Was war Ihr schönster Moment im Leben - sportlich und privat?

Die Weltmeisterschaft war mit mein schönster Moment. Den dreifach Rittberger gestanden zu haben, später im Fernsehen zu sehen, wie Frau Müller nach oben gesprungen ist und sich riesig gefreut hat. Das war echt ein schöner Moment. Und wie wir da gemeinsam saßen und dann die 6,0 hochkamen und es klar war, ich bin doch wieder Weltmeisterin geworden. Und natürlich auch die Olympischen Siege. Aber auch die Momente als Eisläuferin in Shows. Wenn man sieht, dass all das, was man sich vorgestellt hat und überlegt hat, beim Publikum genauso ankommt. 

Und privat gibt es viele schöne Momente. Manchmal auch ganz kleine Momente, wenn man sich erfreut. Wenn die Kraniche über einen hinwegziehen im Herbst und man die Blätter zusammensammelt und der Rücken wehtut. Oft sind es die kleineren Momente, die einen ganz glücklich machen. 

MDR (mwa)

Weiterführende Links

  • 13. Dezember 2024Erinnerungsstele für Erfolgstrainerin Jutta Müllermit Video
  • 13. Dezember 2023Trauerfeier für Eiskunstlauftrainerin Jutta Müller in Chemnitz
  • 24. November 2021Leistungssport in der DDRmit Video
  • 06. Mai 2021Leichte Sprache: Im Förder-Zentrum Terra-Nova-Campus gibt es bald ein grünes Klassen-Zimmermit Audio

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke