• Die Kunst des Klöppelns erfreut sich neuer Beliebtheit – auch weil das Handwerk vielfältiger geworden ist.
  • Im Erzgebirge wird das Klöppeln an die nächste Generation weitergegeben.
  • Trotz aller Modernisierungen und Trends wird auch die Tradition und Geschichte lebendig gehalten.

"Im Gebirg do wird geklippelt, schu seit ä paar hunnert Gahr" – so geht ein erzgebirgisches Mundartlied. Doch Deckchen, Spitzen und Borten für die Aussteuer sind heute nicht mehr angesagt. Stattdessen: klöppeln in 3D. "Ich habe keine Angst mit Seide zu klöppeln, mit Draht zu klöppeln, mit Leinen zu klöppeln, mit ägyptischer Baumwolle zu klöppeln", erklärt Ramona Lang.

Sie klöppelt beispielsweise filigrane Blätter aus buntem Draht und fädelt Perlen dazwischen. Perfekt geeignet zum Zurechtbiegen für Kostüme oder Cosplays, Hüte oder Fascinators, festliche Minihüte für Anlässe wie Hochzeiten oder Opernbälle. "Dort kann man das überall einsetzen", so die Klöppelkünstlerin.

Neues Leben für alte Spitze

Ihre Freundin Katrin Baumann haucht alter Klöppelspitze aus Nachlässen neues Leben ein. Sie gestaltet aus ihnen Ketten, Ohrringe und Broschen. Auf einer farbigen Modelliermasse, die im Ofen gebrannt wird, bringt sie dafür besonders zarte Klöppeleien auf. "Uns ist wichtig, die Verwendbarkeit von Spitze so breit aufzufächern, dass die Leute sagen: Es lohnt sich, sich wieder an den Sack zu setzen und Spitze zu machen", erklärt sie.

Katrin Baumann gibt alter Spitze mit Schmuck- und Töpferarbeiten ein neues Leben.Bildrechte: MDR/Kristin Hendinger

Zum Klöppeln braucht es einen sogenannten Klöppelsack (eine feste Stoffrolle, die beispielsweise mit Holzspänen oder Heu gefüllt ist), mehrere Holzklöppel, auf die Garn gewickelt ist und ein Muster auf Pappe, Klöppelbrief genannt. Dann, erklärt die Frau aus dem Erzgebirge, dreht und kreuzt man die Fäden in einer bestimmten Reihenfolge und dazwischen wird eine Nadel gesetzt.

Katrin Baumann arbeitet mit alter Spitze und zeichnet Muster für neue Klöppel-Arbeiten.Bildrechte: Cornelia Schmidt, Fotogenial

Klöppeln für eine neue Generation

Mehrmals in der Woche nähen, filzen und klöppeln die Kunsthandwerkerinnen ehrenamtlich mit Kindern und Erwachsenen. Gerade zeigt die zehnjährige Miriam ihrer Freundin Frida, wie der Ganzschlag geht. Miriam hat das Klöppeln schon vor vier Jahren in der Schule gelernt: "Ich habe eine AG, wo ich klöppel. Und da klöppel ich gerade so einen riesengroßen Delfin." Den will die Schülerin dann gemeinsam mit ihrer Mutter auf ein T-Shirt nähen.

Mehrmals in der Woche geben die Kunsthandwerkerinnen Workshops für interessierte im Erzgebirge.Bildrechte: Aline Roscher

Nach der Wende fristete das alte Kunsthandwerk für längere Zeit ein Nischendasein. Doch seit fünf oder sechs Jahren wächst die Nachfrage spürbar. Ganztagsangebote in Schulen im Erzgebirge und eine Vielzahl an Kursen vom sächsisch-erzgebirgischen Klöppelverband e.V. machen deutlich: Es wird viel geklöppelt!

Und das nicht nur in der Erzgebirgsregion sondern auch in den Großstädten Leipzig und Dresden. Verbandsvorsitzende Birgit Engel schwärmt sogar von Klöppel-Gruppen in Erfurt, Wismar oder Schwerin, die weggezogene Erzgebirgerinnen gegründet haben. In den vergangenen Jahren sei der Ansturm am Stand des Verbandes auf der Hobbymesse in Leipzig sehr groß gewesen.

Klöppeln gegen Stress

"Das Klöppeln ist an sich simpel, einfach verständlich", sagt Lennart, der Sohn von Ramona Lang, der heute winzige Kerzen klöppelt. Ein wenig Übung reiche schon, um in den "Flow" zu kommen. "Und währenddessen muss man auch gar nicht nachdenken. Man macht einfach. Die Zeit verstreicht und man kann einfach mal Ruhe finden vor dem ganzen Schulstress", so Lennart.

Das Klöppeln sieht kompliziert aus, aber lässt sich leicht erlernen.Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Es sei allerdings kein Hobby, bei dem man nebenbei Fernsehen kann. Höchstens quatschen könne man, wie die Frauen früher, meint Katrin Baumann. Die diesen hektischen Zeiten sei das Klöppeln vielleicht so etwas wie Gehirn-Yoga, überlegt die Kunsthandwerkerin: "Du hast gar keine Zeit, um dir um irgendwas anderes Sorgen zu machen, weil sonst kommst du mit dem Brief nicht zurecht."

Eine Legende aus dem Erzgebirge

Die Klöppelmuster auf den Briefen denkt sich die 60-Jährige immer wieder neu aus. Sie ist zum Beispiel ein absoluter Fan von Barbara Uttmann. Die findige Unternehmerin soll im 16. Jahrhundert das Spitzenklöppeln im Erzgebirge stark befördert haben.

Auch mit Theaterarbeiten beschäftigt sich Katrin Baumann mit der erzgebirgischen Unternehmerin Barbara Uttmann.Bildrechte: Katrin Baumann

Gemeinsam mit den anderen Frauen ihres Klöppelverbandes hat Katrin Baumann deshalb zwei Tänze initiiert, die zu Barockmusik das Leben und Wirken Uttmanns nacherzählen. Kinder, Frauen und Männer aus dem Ort machen mit. So bleibt ein altes Handwerk lebendig: weil Menschen es mit Begeisterung weitertragen – trotz oder vielleicht gerade in unserer zunehmend digitalen Welt.

Redaktionelle Bearbeitung: tsa

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