"Kosmos"-Projekt hilft Menschen ohne Krankenversicherung
- Gründe für eine fehlende Krankenversicherung gib es viele - besonders im Krankenhaus haben es unversicherte Patienten oft schwer.
- Ein Verein kümmert sich um Patienten, wenn das Sicherungsnetz nicht greift.
- Der Verein fordert, dass der Staat die Kosten für die medizinische Behandlung übernimmt, wenn keine Versicherung vorhanden ist.
Die Teeküche dient als Wartezimmer: ein langgezogener Raum mit Sofaecken, gegenüber eine Küchenzeile mit Mikrowelle und Kaffeemaschine. Hier kann jeder erstmal ankommen, sich einen Kaffee nehmen, Berührungsängste abbauen. Das Wartezimmer dient auch einer Sozialberatung, so muss sich niemand gleich als Krankheitsfall offenbaren.
Viele Gründe für fehlende Versicherung
Wer bereit ist, wird von Alexander Pape oder seinen Kollegen empfangen. Geduld, Zeit und Vertrauen seien die erste Hürde, sagt der Arzt: "Die Patienten sind sehr schambehaftet, das muss man einfach so sagen. Die sind an anderen Stellen abgewiesen worden, teils aus hygienischen Gründen, teils aus Zeitkapazitäten oder weil Praxen auch gesagt haben: Wir können ohne Krankenversicherung hier nicht behandeln, das können wir nicht leisten."
Zu jeder Sprechstunde kommen bis zu 30 Patienten. Die Gründe sind vielfältig: Obdachlosigkeit, Beitragsschulden, Privattarife, die die Rente übersteigen, oder Versicherungen, die schlicht keine Behandlungen übernehmen, was teilweise Ausländer betrifft.
Pape hilft bei allem, was ein Hausarzt auch annehmen würde. Medikamentenverschreibung, Wundversorgung, teilweise Geburtsvorsorge, auch Impfungen sollen bald dazukomme. Pape sagt: "Wir haben ein Ultraschallgerät, dass wir auch einsetzen können, wir haben ein EKG, was wir theoretisch schreiben können, das sind so Sachen, die wir hier letzten Endes machen können. Wenn natürlich ein Patient kommt mit Verdacht auf einen akuten Bruch, dann können wir auf Notaufnahmen verweisen."
Krankenhäuser lehnen Patienten ohne Versicherung oft ab
Doch hier wird es noch schwieriger, schildert Sophie Pauligk vom Verein Sächsischer Anonymer Behandlungsschein. Kommt ein Unversicherter ins Krankenhaus, blieben die Häuser oft auf den Kosten sitzen. Entweder weil kein Erstattungsanspruch bestehe oder weil die Abrechnung zu aufwendig sei.
Mit Konsequenzen für die Erkrankten, wie Pauligk schildert: "Die Krankenhäuser wissen: Wenn wir diese Personen aufnehmen und behandeln, kriegen wir die Kosten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder. Sie versuchen also, das dann doch irgendwie zu vermeiden. An ambulante Praxen zurückzuweisen, die die Patienten aber auch nicht nehmen und ins Krankenhaus zurückschicken. Dann wird nochmal zu Beratungsstellen verwiesen und da fängt da so eine Drehtürgeschichte an."
Verein trägt Behandlungskosten mit Spendenmitteln
Pauligk schätzt, dass in Sachsen über 40.000 Menschen keine ausreichende Krankenversicherung besitzen. Konkret wurden im Freistaat vergangenes Jahr knapp 1.400 Menschen kostenfrei behandelt. Die Gründe, warum das staatliche Sicherungsnetz nicht greift, seien individuell, schildert Pauligk. Teilweise aus Selbstverschulden der Betroffenen, teilweise aber auch unverschuldet. Muss ein Patient aus der ehrenamtlichen Sprechstunde doch weitervermittelt werden, versucht Pauligks Verein, weiterführende Behandlungskosten aus Spendenmitteln zu stemmen.
Finanzielle Belastung für Ehrenamtliche: Staat soll im Notfall einspringen
Doch wie entscheiden Ehrenamtliche, ob die teure Behandlung eines Krebspatienten übernommen wird oder doch lieber die kostengünstigere Behandlung von mehreren Patienten?
"Man bräuchte eine Ethikkommission und Triage-Leitlinien", sagt Pauligk dazu. "Was wir de facto aber haben, ist ein Haufen Medizinstudenten. Die versuchen irgendwie, die Fälle zu managen. Das möchte niemand, das kann auch niemand und da gibt es auch nie gute Lösungen. Es ist emotional auch einfach sehr belastend. Wie machen wir das dann? Alles, was über 500 Euro kostet, ist im Normalfall zu teuer. Man versucht in der Regel noch über Geburtenabkommen wenigstens Frauen zu ermöglichen, in die Kliniken zu gehen, um zu entbinden."
Aus Pauligks Sicht kann nur ein anonymer Behandlungsschein, bei dem der Staat die Behandlungskosten aller unversicherten Menschen übernimmt, die Probleme lösen. Bisher gibt es ihn nur in Leipzig, aber auch in Sachsen-Anhalt und Thüringen werden Kosten übernommen. Denn es könne nicht sein, dass Vereine mit Spendengeldern Entscheidungen über Therapie oder Abbruch, also über Leben und Tod treffen müssen.
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