• Thüringens Wirtschaft wächst stärker als der Bund, doch Experten warnen vor Deutschlands Wettbewerbsverlust durch überlange Genehmigungen.
  • Experten fordern schnellere Planungsverfahren und schlagen vor, das Beschleunigungsmodell der 1990er Jahre mit wieder einzuführen.
  • Wirtschaftsvertreter fordern ein schnelles Beschleunigungsgesetz und Investoren-Bürgschaften, damit Thüringens Standortvorteile trotz langer Verfahren bestehen bleiben.

Die Thüringer Wirtschaft wächst – über Bundesschnitt. Mit 0,6 Prozent rechnet die Landesbank Hessen-Thüringen in diesem Jahr. Dem gegenüber stehen 0,1 bis 0,2 Prozent im Bund.

Für Andreas Krey, den Chef der Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft, sind die Zahlen weniger Aufschwung. Eher schon mehr Beweis: der Wirtschaftsstandort Deutschland strahlt kaum noch. Ein hausgemachtes Problem: "Wenn sie im Ilmkreis eine Straße nur ausbauen wollen. Und da sind 17 Fledermausarten irgendwo mal gesehen worden, und sie müssen in der Umweltverträglichkeit-Untersuchung diese 17 Fledermausarten mitbegleiten in einem ganzen Jahr, und sie müssen das machen, weil es per Gesetz vorgegeben ist, dann dauert das sehr viel Zeit." Zu viel Zeit, um tatsächlich wettbewerbsfähig zu bleiben.

Lange Klagewege

Der Chef der Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft plädiert deshalb für eine Beschleunigung von Planungsverfahren und holt dafür eine alte Idee auf den Tisch. Eine Idee aus den 1990er-Jahren, als das Verkehrswege-Beschleunigungsgesetz des Bundes den Autobahn-Bau in Ostdeutschland zügig möglich machte. Der Vorteil dabei ist laut Krey eine verkürzte Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange.

Außerdem habe man damals die Klagestufen abgeschnitten: "Ein wesentlicher Nachteil ist heute, dass es in den einzelnen Klagewegen manchmal fünf oder sechs Jahre braucht. Damals gab es eine Klagestufe und die musste nach drei Monaten entschieden werden."

Experten fordern Beschleunigungsgesetz

Diese Sonderreglung ist längst ausgelaufen. Für den Verband der Wirtschaft Thüringens wäre eine Wiederbelebung sinnvoll. Allerdings zeitnah, sagt Matthias Kreft, der Hauptgeschäftsführer. Noch gebe es für Investoren genügend Gründe, längere Planungsfristen hierzulande in Kauf zu nehmen und eine Ansiedlung zu prüfen. Noch. Aktuell lockten: "das hohe Bildungs-Niveau, die hohe Ingenieurs-Kunst, eine große Dichte an Patenten und die Hochschul- und Forschungslandschaft. Aber diese Vorteile müssen auch umgesetzt werden, und in dem Geld, dass für Investitionen bereitsteht, schnell verbaut werden kann."

Tempo aufnehmen. Für Peter Zaiß, Präsident der Industrie- und Handelskammer Erfurt, ist dieser Punkt entscheidend, wenn es um die Frage geht: Wohin entwickelt sich der Wirtschaftsstandort? Ein Beschleunigungsgesetz hält er für sinnvoll.

Wie eine andere Idee. Eine Bürgschaft für Investoren: "Fünf Prozent von dem Volumen. Dafür habe ich die Verpflichtung reserviert, Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen. Dann kann ich aber schon losbauen, wenn nicht grundsätzlich etwas dagegenspricht, weil es sich um ein Wasserschutzgebiet handelt oder ähnliches." Die Politik müsse jetzt handeln, sagt er noch.

Kein Tempo auf Bundesebene

Auf Bundesebene hakt das Handeln. Der Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung kommt nicht voran. Abstimmungen zwischen Ressorts und zwischen Bund und den Ländern behindern die Ausführung immer wieder.

In Thüringen will CDU-Ministerpräsident Mario Voigt schneller sein. Dem Landtag hat er ein Entlastungsgesetz vorgelegt. Bürokratie-Abbau und Verfahrens-Beschleunigung. Darin enthalten ist unter anderem die Genehmigungsfiktion. Heißt: Anträge gelten nach drei Monaten als automatisch bewilligt, wenn sie bis dahin nicht von einer Behörde bearbeitet oder beschieden werden.

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