Gespaltene linke Kulturszene gefährdet Clubs
- Das Conne Island will politische Auseinandersetzungen ermöglichen.
- Nach einem Post zum Terroranschlag der Hamas erlebte der Kulturort Anfeindungen und einen Boykottaufruf.
- Es gibt eine tiefe politische Spaltung in linken Kulturstätten.
Das Conne Island ist einer der bekanntesten Konzert- und Partyorte in Leipzig. Der Club gilt als politisch links. Unzählige Graffitis, Tags und Aufkleber verraten bei genauerem Hinsehen, welche politischen Positionen hier verhandelt werden.
Max Dreste aus dem Geschäftsführungsteam des Conne Island steht im Hausflur und zeigt auf die Wand: "Also das findet man natürlich viel hier, so Sticker und so ein Kram 'gegen jeden Antisemitismus'. Das wirst du hier auf dem ganzen Gelände immer wieder finden."
Conne Island will auch Raum für politische Auseinandersetzung sein
Dreste ist seit zwei Jahren Teil der Geschäftsführung. Es sind turbulente und nervenaufreibende Jahre gewesen, denn das Conne Island will nicht nur ein Ort für popkulturelle Konzerte und Kulturveranstaltungen sein, sondern auch einen Rahmen für politische Auseinandersetzungen bieten.
"Das ist immer schon so aneinander geraten, aber unserer Überzeugung nach ist das miteinander verbunden. Kultur ist ein unglaublicher Träger auch von politischer Veränderung", erklärt Dreste. Das sehe man an Protestsongs oder sonstigen Sachen, wo das zusammenkommt, dass eine Kulturstätte auch die Möglichkeit hat, Leute zu erreichen auf eine Art und Weise, die eine politische Aussage nicht habe.
Boykott und Konzertabsagen nach Online-Post
Für das Team vom Conne Island war klar, dass es sich nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel in einem Online-Blogpost positioniert: "Insbesondere, weil auch ein Musikfestival überfallen worden ist und dadurch Gräueltaten stattgefunden haben, haben wir uns als Kulturstätte auch verpflichtet gesehen unsere Solidarität zu zeigen, und waren dann auch dementsprechend erschrocken darüber, wie wenig andere Kulturstätten dazu etwas gesagt haben."
Natürlich gab es auch ein paar andere Clubs, die es dem Island gleichtaten, doch deren Namen will Dreste nicht nennen. Er befürchtet, dass sie dann auch von antisemitischen Stimmen bedrängt werden. Denn das, was nach dem Blogpost folgte, hätte er sich nicht vorstellen können. Im Netz kursierten Falschaussagen und Drohungen gegen den Club und die, die dort auftreten würden. Es kam es zu einem Boykott und zahlreichen Konzertabsagen.
Politische Positionierung "immer Gratwanderung"
Uta Karstein vom Institut für Kulturwissenschaften in Leipzig beobachtet und forscht zu politischen Konflikten in Kulturstätten. Sich politisch einzusetzen, könne für kulturelle Orte problematisch werden, sagt sie: "So toll, wie diese Ansprüche sind, sie fallen einem unter Umständen auch auf die Füße, weil man nämlich dann als ein politischer Akteur wahrgenommen und auch so bewertet wird."
Das sei immer eine Gratwanderung, sagt Karstein. Also es könne auch sein, dass das kippt, und man eben nicht mehr vorrangig darüber redet, was da für großartige Kunstschaffende unterwegs seien. Dann gehe es nur noch um die politische Positionierung und nicht mehr um das Programm, die Kunst oder die Musik.
Politische Spaltung in linken Kulturstätten nicht überbrückbar?
Eine politische Spaltung von linken Kulturstätten in diesem Maße hat auch Kulturjournalist Jens Balzer in den Jahrzehnten seines Schaffens noch nicht erlebt. Schon vor dem Terroranschlag in Israel, nahm der Konflikt Fahrt auf.
"Also ich glaube wirklich, dass die Generation, die jetzt da tätig ist, dass die Menschen mittlerweile alle dermaßen miteinander zerstritten sind und das in Räumen in denen es eigentlich immer um Safe Spaces, wie man so sagt, ging, um Gemeinsamkeit, dass da so viel Misstrauen und Vorbehalt eingekehrt ist." Er könne sich nicht vorstellen, dass sich das irgendwie wieder herstellen lasse, erklärt Balzner. Da könne man nur auf die nächste Generation setzen, die noch mal völlig von Neuem wieder anfängt, sich die Nächte zu erobern.
Das lässt auch die Situation des Leipziger Conne Island vermuten, denn anstatt, dass sich die Gemüter nach Jahren des Streits wieder beruhigen, spitze sich der Konflikt immer weiter zu, heißt es aus der Geschäftsführung.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke