Inhalt des Artikels:

  • 1) Mühlhausen in Thüringen: Modeladen in vierter Generation
  • 2) Halberstadt in Sachsen-Anhalt: Fahrradladen in vierter Generation
  • 3) Dresden in Sachsen: Fotoladen in dritter Generation

1) Mühlhausen in Thüringen: Modeladen in vierter Generation

1924 wurde in Mühlhausen in Thüringen das Modegeschäft "Endepols" eröffnet. Seit 100 Jahren gibt es dort nun bereits gehobene Herrenmode von der Socke bis zum Anzug. Kurz nach der Wende hatte die vierte Generation übernommen: Der Laden wird seither geführt von Cousin und Cousine. Die 1990er-Jahre waren keine einfachen. "Wir waren mit ganz anderen Umsatzerwartungen reingegangen als das, was dann 1995 bis 1997 passiert ist", erklärt Thomas Endepols gegenüber dem MDR-Magazin Umschau. Industriezweige waren weggebrochen, viele Menschen aus dem Osten hatte es in den Westen Deutschlands gezogen. "Da ist dann der Einzelhandel dann nicht das erste, was dann wichtig ist. Das ist klar", so Endepols.

Viele Kunden haben schon zu DDR-Zeiten im Laden eingekauft und sind ihm seit Jahrzehnten treu geblieben. "Wir gucken genau: Wie ist unser Kunde? Welchen Grad an Mode bevorzugt er?", so Endepols. Die Wünsche der Mühlhäusener sind den beiden wichtig.

Kein Online-Handel

Modegeschäfte wie dieses leben von Kunden, die Wert auf Beratung legen — und die es sich leisten, dafür vielleicht auch etwas mehr zu zahlen. Vorbeikommen muss man — denn online verkauft "Endepols" nicht, sondern konzentriert sich ganz auf das Persönliche. "Manchmal denke ich auch ein bisschen, dass die Leute in diesen verrückten Zeiten wieder die Geschäfte und die Menschen darin auch suchen", sagt Thomas Endepols.

Cousine Barabara fügt hinzu: "Sie kriegen eine schöne Beratung, spazieren mit einer schönen Tüte raus und freuen sich. Ich bin auch so. Wenn ich mir irgendwo was kaufe und habe das vorher angefasst. Da denke ich: Oh, das ist so schön und ich freu mich darüber! Das ist ja auch ein ganz anderes Gefühl, als wenn man da zehn Sachen zurückschickt", führt sie weiter aus.

Barbara und Thomas Endepols sind Cousine und Couisin. Sie führen zusammen das Modegeschäft "Endepols".Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Barbara Endepols ist das Gesicht des Ladens und betreut die Kunden im direkten Kontakt. Sie setzt die Kleidungsstücke im Geschäft und im Schaufenster in Szene, Cousin Thomas hat mehr die Zahlen im Büro im Blick. Die beiden teilen sich Verantwortung und Sorgen seit 30 Jahren. "Am Anfang habe ich da schon auch ein bisschen Angst gehabt mit den Krediten", sagt sie. "Wenn man es alleine hätte machen sollen oder müssen, ob man es dann bis jetzt durchgehalten hätte?", blickt er zurück. Durchgehalten haben sie bis heute, mit einem Händchen für den Modegeschmack der Mühlhäuser.

Und die Geschichte des Ladens geht noch weiter zurück: Er ist das Relikt einer einstigen Modekette, die 1899 vom Urgroßvater gegründet wurde – damals noch unter dem Namen "Hollenkamp" als Modekaufhaus in Leipzig mit eigener Anzug-Produktion. Die Modekette hatte damals auch Filialen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Manchmal denke ich auch ein bisschen, dass die Leute in diesen verrückten Zeiten wieder die Geschäfte und die Menschen darin auch suchen.

Thomas Endepols

2) Halberstadt in Sachsen-Anhalt: Fahrradladen in vierter Generation

Seit 1910 gibt es in Halberstadt "Fahrrad Wulfert". Ute Baumann führt ihn heute, der Urgroßvater hatte ihn einst gegründet. Seit inzwischen 115 Jahren können dort Zweiräder gekauft und zur Reparatur gebracht werden. Das war immer der Fokus. Früher war das Sortiment aber noch breiter. "Waschmaschinen, Wringmaschinen, Melkmaschinen, Nähmaschinen, Zentrifugen", zählt Ute Baumann mit Mann gert auf.

Sie hatte eigentlich nicht vor, ins Geschäft einzusteigen. "Ich habe in der HO gearbeitet. Da es im Fahrradladen aber so viel zu tun gab, hat mein Vater gesagt: Willst du nicht doch hier mitmachen? – Es war ein harter Schritt für mich. Ich war es immer gewohnt, mit jungen Leuten zu arbeiten. Wir waren ein riesengroßes Kollektiv. Und jetzt plötzlich mit Mutter und Vater wieder unter einem Dach zu arbeiten, das war natürlich für mich schon eine Umstellung", erklärt Ute Baumann.

Die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen

Heute ist sie selbst Chefin und Laden-Inhaberin in vierter Generation. Ihr Mann Gert ist bei ihr angestellt. Das klappt gut, aber natürlich nicht immer ganz reibungslos. "Man muss Kompromisse eingehen, aber es funktioniert. Wir arbeiten jetzt fast 40 Jahre zusammen, täglich", sagt er. "Es kann nicht jeder. Aber es funktioniert, sage ich mal. Man muss auch schon mal sagen, bis hierher — und sollte die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen", erklärt sie.

Ute und Gert Baumann halten gemeinsam "Fahrrad Wulfert" am Laufen. Sie ist die Chefin, er bei ihr angestellt.Bildrechte: MDR/Umschau

Gert Baumann arbeitet mit Herz und Seele in der Werkstatt des Ladens. Gerade wird ein E-Bike zur Inspektion gebracht. Baumann führt Protokoll, wo es hakt und klappert. Sein Auftraggeber gehört zur Stammkundschaft und weiß den Wert einer verlässlichen Fahrradwerkstatt zu schätzen. "Ich mache selbst Mountainbikesport, fahre aktiv. Da geht auch schnell mal was kaputt. Mitten in der Saison hat man natürlich keine Lust, ewig auf Ersatzteile zu warten. Dann wird man als Stammkunde auch bestimmt ein bisschen bevorzugt behandelt", so der Kunde.

Auch Räder, die nicht im Laden gekauft wurden, werden immer wieder zur Reparatur gebracht. "Unsere Werkstatt stößt aber an Grenzen mit unseren Kunden, die wir ja haben. Und die online kaufen, die versuchen dann natürlich, Werkstätten zu finden und merken: Sie kriegen keine", so Ute Baumann.

Die online kaufen, die versuchen dann natürlich, Werkstätten zu finden und merken: Sie kriegen keine.

Ute Baumann

3) Dresden in Sachsen: Fotoladen in dritter Generation

Noch 14 Jahre, dann sind auch hier die 100 Jahre Familientradition voll: Im Dresdner Stadtteil Weißer Hirsch ist der Fotoladen "Wolf" jetzt in dritter Generation. Er ist einer der letzten familiengeführten in Sachsen und inzwischen eine Seltenheit in einer Branche, die dominiert ist von Elektronikmärkten und Online-Shops.

Rico Wolf lenkt die Geschicke des Fotoladens "Wolf".Bildrechte: MDR/Umschau

Rico Wolf ist der jetzige Inhaber, die Foto-Leidenschaft hat er — wie die Geschäftsführung — vom Vater mitbekommen. Auch die Mutter hatte bis zur Rente im Geschäft gearbeitet. "Ich saß als kleines Kind mit zwei, drei Jahren bei meinem Vater schon auf dem Schoß in der Dunkelkammer, während er Bilder entwickelt hat", erinnert sich Rico Wolf.

Seit 1939 gibt es den Fotoladen "Wolf". Der Großvater hatte damals ein Fotogeschäft übernommen und den Familiennamen als Ladennamen eingeführt. Das Geschäft überstand den Krieg, die DDR und die Wende. 1992 wurde es vergrößert und zog ein paar Häuser weiter. Eine Sammlung historischer Kameras erinnert daran, wie sehr sich die Technik über die Jahrzehnte entwickelt hat. Ein besonderes Modell verwahrt Rico Wolf im Büro: "Die ist von der Firma Ica. Die wurde mir zum letzten Jubiläum von einem sehr alten, treuen Kunden geschenkt. Dieser hatte früher zusammen mit meinem Opa bei der Firma Ica gearbeitet die dort die Lehre absolviert. Da haben sie dann auch Kameras gebaut.“

Ein besonderes Stück Fotogeschichte: Der Apparat von Ica stammt aus der Zeit, als Rico Wolfs Opa seine Lehre gemacht hat.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Zwischen der Technik früher und heute liegen natürlich Welten. Eins aber ist geblieben: Fotoapparate und Co. sind teuer. Mit Foto-Kompetenz und persönlicher Beratung für individuelle Wünsche wird den oft günstigeren Preisen großer Elektromärkte Paroli geboten. "Ich kann hier verschiedene Objektive austesten. Wenn es vielleicht auch mal ein paar Euro mehr sind, das ist es mir wert. Ich habe aber einen Ansprechpartner, ich kann probieren", sagt ein Kunde im Laden gegenüber dem MDR-Magazin Umschau.

Fachkompetenz und Geduld

Alle Mitarbeiter sind in der Freizeit selber begeisterte Fotografen. "Die Leute kommen hierher, weil sie mit uns auch ihre Erfahrungen teilen wollen, uns Bilder zeigen und sagen, mit welchem Objektiv sie das gemacht haben. Sie wollen von uns dann vielleicht auch Tipps haben, was man noch besser machen kann. Das ist schon eine eingeschworene Klientel, die dann auch erwartet, dann man sie versteht", sagt Rico Wolf.

Was dem Familienunternehmen hier auch finanziell enorm hilft, dass die Immobilie, in der sich das Geschäft befindet, auch im Familienbesitz ist. "Ich zahle Miete an meinen Vater. Am Ende hat man aber immer die Sicherheit, dass man nicht auf jemand anderen angewiesen ist, ob er nächstes Jahr die Miete vielleicht wieder deutlich erhöht."

MDR (cbr)

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