Die Gier nach Supercomputern
- Deutschland hat nicht ausreichend Supercomputer
- USA und China eilen Europa davon
- Positives Beispiel: Supercomputer am Forschungszentrum Jülich
Wenn alles klappt, dann scheint in Dresden immer die Sonne. Denn hier am Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf wollen Dr. Michael Bussmann und sein Team die Sonne ins Labor holen. Die Wissenschaftler bauen und untersuchen sehr kompakte Teilchenbeschleuniger, ähnlich wie die Sonne – um sie später zum Beispiel in der Krebs- oder Materialforschung einzusetzen.
Das Verfahren ist sehr komplex. "Tatsächlich müssen wir alle Beobachtungen, alle Prozesse, die wir untersuchen, auf atomarer Ebene simulieren und es gibt selbst in einem kleinen Stück Materie unglaublich viele Atome", berichtet Bussmann. Um genau zu verstehen, was dabei passiert, muss das Team Trillionen verschiedene Atome und Teilchen simulieren. Das kann kein Mensch leisten. Die Forscherinnen und Forscher aus Dresden greifen auf einen sogenannten Supercomputer zurück.
Künstliche Intelligenz braucht Daten und Rechenleistung
Immer mehr Projekten geht es wie dem vom Helmholtz-Zentrum in Dresden. Sie benötigen enorme Rechenkapazitäten. Um Künstliche Intelligenz anwenden zu können, muss sie erst angelernt – also trainiert werden. Dazu wird die Software mit einer Unmenge von Daten "gefüttert". Diese Daten sind die Grundlage, damit die Software später selbständige Ergebnisse erzielen kann. Je mehr Daten sie erhält, umso besser kann die Software arbeiten.
Dieses Anlernen der künstlichen Intelligenz benötigt neben den Daten vor allem sehr viel Computerleistung. Je mehr Leistung vorhanden ist, desto schneller geht es. Auch darum greifen viele Entwickler von KI-Anwendungen auf sogenannte Supercomputer zurück. Das sind Rechner, die sehr viel mehr Leistung haben, als gewöhnliche Computer und darum für das Trainieren der KI bestens geeignet sind.
Deutschland hat nicht ausreichend Supercomputer
Allerdings gibt es ein Problem. Es gibt in Deutschland nicht genug Kapazitäten von Supercomputern. Das sagt unter anderem Janis Hecker vom Digitalverband Bitkom. Auch wenn laut einer Studie des Verbandes die angebotene Rechenleistung in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren um mehr als 15 Prozent gestiegen ist (um rund 400 Megawatt auf etwa 2.730 Megawatt), fehlen die ganz schnellen und großen Supercomputer.
Der Grund für die Misere bei den Supercomputern, den Hecker anführt, klingt etwas paradox. Es fehle laut dem Experten auch an Nachfrage und darum werde kaum in den Aufbau von Supercomputern investiert. "Weil viele Startups wissen, dass sie hierzulande auch wegen des bürokratischen Aufwands nicht an Kapazitäten von so großen Rechnern herankommen, denken sie erst gar nicht so groß und planen von vornherein mit kleineren Rechenleistungen oder greifen auf Rechenkapazitäten im Ausland zurück", sagte Hecker dem MDR. Die hohen Stromkosten in Deutschland seien zudem ein Standortnachteil für gigantische Rechnerfarmen, die sehr viel Energie benötigen.
USA und China eilen Europa davon
Laut Bitkom-Studie verlieren Deutschland und Europa im Vergleich zu China und den USA längst an Bedeutung beim Bau von Rechenzentren. Vor allem in Amerika wachsen die Ressourcen deutlich schneller als hierzulande, obwohl wiederum Deutschland im europäischen Vergleich auf dem Markt der Rechenzentren spitze sei. Und die aktuellen KI-Pläne der Europäischen Union sehen Experten als zu kleinteilig und gering an. Viele deutsche Projekte und Unternehmen greifen auch deshalb auf Kapazitäten aus den USA zurück.
Professor Thomas Lippert vom Forschungszentrum Jülich sieht das mehr als kritisch. "Diese Art der Abhängigkeit kann tödlich sein", sagte er im Gespräch mit dem MDR. Die kaum vorhandenen Supercomputer in Deutschland würden nicht nur zu Abhängigkeiten beim Anlernen von KI-Modellen führen. Die bei der Nutzung von KI-Anwendungen durch User preisgegebenen Daten fließen dadurch in die Hände amerikanischer Firmen – die diese wiederum nutzen könnten, so Lippert. "Unser geistiges Eigentum geht in andere Länder", sagte der Professor.
Supercomputer am Forschungszentrum Jülich
Lippert fragt sich, warum es in Deutschland keine Firmen gibt, die selbst schnelle Rechner betreiben. Deutsche Unternehmen, die hohe Rechenleistungen benötigen, müssten diese vor allem bei amerikanischen Firmen wie Meta, Google oder Microsoft kaufen. Wissenschaftler wie Michael Bussmann aus Dresden-Rossendorf konnten bislang immerhin auf den Supercomputer JUWEL in Jülich zurückgreifen. Jedoch eingeschränkt, denn die Kapazitäten sind endlich.
Das Forschungszentrum Jülich stellt seine Rechnerleistungen vor allem der Wissenschaft zur Verfügung. Um die Möglichkeit, den Supercomputer nutzen zu dürfen, können sich die Projekte bewerben. Ein unabhängiges Gutachtergremium vergibt die Leistungen, die auch begrenzt sind, an die Projekte. Die Forscherinnen und Forscher aus Dresden sind froh darüber, dass sie für eine Woche im Jahr den leistungsstarken Computer in Jülich für ihre aufwendigen Simulationen nutzen können.
Neuer Rechner JUPITER setzt neue Maßstäbe
In Jülich entsteht gerade ein weiterer Supercomputer, der neue Maßstäbe setzen wird. Das Projekt heißt JUPITER, es wird der größte Rechner in Europa mit einer Kapazität von einer Trillion Rechenoperationen pro Sekunde. Eine Trillion ist eine 1 mit 18 Nullen. Der Computer ist so groß wie ein halbes Fußballfeld und wird im Zusammenhang der europäischen Supercomputing-Initiative EuroHPC Joint Undertaking angeschafft. Er kostet rund 500 Millionen Euro. Die Hälfte davon teilen sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
Laut Professor Lippert wird auch die Kapazität von JUPITER nicht ausreichen, um den Bedarf an Supercomputern in Deutschland decken zu können.
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