Verbände drängen auf Pflegegeld für pflegende Angehörige
- Ein Pflegegeld von 65 Prozent des Nettoeinkommens soll Angehörige für Lohnausfälle bei häuslicher Pflege entschädigen.
- Rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause betreut – oft mit hohen Belastungen und finanziellen Einbußen für die Angehörigen.
- Ein Pflegegeld könnte laut Experten Entlastung bringen, stößt aber auf Kritik: In Zeiten von Fachkräftemangel sei ein Anreiz zum Jobverzicht problematisch.
Wer zum Beispiel seine Eltern zu Hause pflegt, soll 65 Prozent des letzten Nettoeinkommens erhalten – so der Vorschlag des Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Das unabhängige Gremium ist beim Bundesfamilienministerium angesiedelt. Mindestens wären das 300, höchstens 1.800 Euro im Monat.
Für pflegende Angehörige ein erster und überfälliger Schritt, sagt Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Diese familiäre Pflege ist schon heute nicht umsonst. Dafür zahlt jemand einen Preis und das sind die pflegenden Angehörigen. Dadurch, dass sie Lohnverluste haben, weniger Rentenansprüche gewinnen und in der Karriere schlechtere Chancen haben durch die Auszeit." Deshalb sei eine monetäre Kompensation durch ein Familienpflegegeld sehr wichtig.
Hohe finanzielle Belastung
In Deutschland sind etwa fünf Millionen Menschen pflegebedürftig. In knapp vier von fünf Fällen werden sie zu Hause betreut. Für die Angehörigen, oft Frauen, bedeutet das: beim Duschen helfen, putzen, Essen machen, die zu pflegende Person zu Arztterminen begleiten. Eine enorme Belastung, sagt Wiebke Worm.
Sie pflegt seit 19 Jahren ihren Mann und ist Mitglied des Vereins "Pflegende Angehörige e.V.". Mit den finanziellen Sorgen fühlt sie sich oft schlecht. "Da braucht man gar nicht lange drüber nachzudenken. Letzten Endes muss man tatsächlich noch sehen: Was geht noch und was geht nicht? Bei uns sind zwei Gehälter weggebrochen, weil mein Mann in relativ jungen Jahren krank geworden ist. Da kann man sich ausrechnen, was letzten Endes übrigbleibt, nämlich nicht mehr wirklich viel."
Worm kämpft schon seit Jahren dafür, dass Angehörige finanziell mehr entlastet werden. Sie schlägt sogar vor, einen Lohn ähnlich einer Pflegekraft zu zahlen.
Kritik am Pflegegeld
Doch es gibt auch Bedenken an der Idee – zum Beispiel von Jürgen Wasem. Der Gesundheitsökonom sagte der Funke-Mediengruppe: Das Geld könne Menschen motivieren, im Job kürzerzutreten. Schwierig in Zeiten von starkem Fachkräftemangel.
Edeltraut Hütte-Schmitz vom Bundesverband "Wir pflegen e.V." hält dagegen: "Wenn Menschen überlastet sind und länger krankgeschrieben sind oder in eine Erwerbsunfähigkeit gehen in jüngeren Jahren, dann schadet das der Wirtschaft ganz genauso."
Offen bleibt trotzdem, wie das Pflegegeld finanziert werden soll. Einen konkreten Vorschlag hat Familienministerin Prien noch nicht gemacht.
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