Antisemitismus in Sachsen auf alarmierendem Niveau: Fast täglich ein Vorfall im Jahr 2024
Im Jahr 2024 hat sich die Zahl antisemitischer Vorfälle in Sachsen auf einem besorgniserregend hohen Niveau eingependelt. Wie der Landesverband der Meldestelle Antisemitismus (Rias) und die Opferberatungsstelle OFEK Sachsen bei der Vorstellung ihres Jahresberichts mitteilten, wurden insgesamt 349 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Das entspricht durchschnittlich fast einem Vorfall pro Tag. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Anstieg um 82 Prozent.
Anfeindungen und Beleidigungen
Ein Großteil der gemeldeten Vorfälle fällt den Angaben zufolge in die Kategorie "verletzendes Verhalten". Damit seien unter anderem Beleidigungen, Anfeindungen im Internet, Schmierereien im öffentlichen Raum oder antisemitische Parolen auf Versammlungen gemeint. Allein 270 solcher Fälle wurden registriert, 53 davon im Kontext von Demonstrationen.
Große Zahl von Gewalttaten
Besonders gravierend ist laut Bericht allerdings die Zahl der Gewalttaten: 40 Fälle wurden dokumentiert, darunter 16 körperliche Angriffe, acht Bedrohungen und 16 gezielte Sachbeschädigungen wie der Diebstahl von sogenannten Stolpersteinen - Gedenktafeln, die an Opfer der Shoah erinnern. Die offene Straße sei dabei der häufigste Tatort gewesen. Dort hätte sich rund ein Drittel aller Vorfälle ereignet.
Besonders häufig wurde laut Meldestelle israelbezogener Antisemitismus registriert: 222 Fälle, darunter 53 konkrete Vernichtungsdrohungen gegen den Staat Israel, Jüdinnen und Juden oder jüdische Einrichtungen.
"Juden können sich nicht mehr sicher fühlen"
Marina Chernivsky, Vorstand und Geschäftsführerin der OFEK, betonte die gesellschaftliche Dimension dieser Entwicklung. Der Bericht zeige, dass jüdische Menschen sich nirgendwo mehr sicher fühlen könnten. Es herrsche eine "antisemitische Grundstimmung", die sich zunehmend normalisiere.
Juden und Jüdinnen leben in Deutschland, so auch in Sachsen, buchstäblich umgeben von Auslöschungsfantasien

Besonders auffällig sei der Antisemitismus innerhalb rechter Bewegungen und Parteien. Rechtsextreme Parolen, Angriffe und Schmierereien seien mittlerweile Teil des Alltags vieler Jüdinnen und Juden. Sie lebten "umgeben von Auslöschungsfantasien", so Chernivsky.
Angriff der Hamas befördert Antisemitismus
Seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe sich eine neue Dynamik entwickelt, meinte Chernivsky. Der Nahostkonflikt wirke dabei als "Ventil, nicht als Ursache". Antisemitismus sei spürbar auf Demonstrationen, an Universitäten und in vielen öffentlichen Bereichen - durch Sticker, Plakate oder offen geäußerte Auslöschungsfantasien.
MDR (ben)/dpa
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