• Soziale Medien könnten die Demokratie gefährden, warnen Forscher – und verweisen auf neue Chancen für europäische Produkte.
  • Für Leipzig und Umgebung hat sich das lokale Netzwerk "Molo News" als Alternative etabliert.
  • Die deutsche Entwicklung ist zwar lokal beschränkt, beachtet aber den Datenschutz.

Philipp Lorenz-Spreen kennt sich als Physiker mit komplexen System aus. Er ist Netzwerkwissenschaftler und forscht an der TU Dresden, wie sich soziale Medien auswirken. Deren Arbeit und Geschäftsmodell beschreibt Lorenz-Spreen so: "Man muss immer verstehen: Die Kunden der Plattformen sind nicht wir, sondern die Werbetreibenden und die kaufen unsere Aufmerksamkeit. Die größten Plattformen handeln mit unserer Aufmerksamkeit und ich denke, darin liegt auch der Schlüssel ihrer Macht." Doch diese Aufmerksamkeit sei nicht neutral.

Gefahren in den USA, Chancen für Europa

Gesellschaften würden ihre Aufmerksamkeit vor allem negativen oder ausgrenzenden Inhalten schenken. Das würde sich auf die Demokratie auswirken. Lorenz-Spreen sagt, durch die sozialen Medien befinde sich die Gesellschaft gerade an einem Kipppunkt: "Ich meine damit speziell die USA, wo digitale Plattformen und politische Macht jetzt total verzahnt sind und sie dadurch natürlich den Diskurs besser steuern können und ihre Macht damit festigen. So kommen wir dort immer schwerer wieder raus."

Philipp Lorenz-Spreen blickt deshalb auch auf die europäischen Chancen: "Ich glaube, in Europa haben wir jetzt ein Fenster der Möglichkeiten, das sich allerdings vielleicht auch schließt. Ja, wer weiß, wie es politisch hier weitergeht. Daher denke ich, dass der Handlungsbedarf etwas deutlicher geworden ist."

Molo News: Alternatives Netzwerk für Leipzig und Umgebung

Einen Gegenentwurf zu großen sozialen Medien wie Facebook, Tiktok oder X zeigen Wissenschaftler der Uni Leipzig auf der Digitalkonferenz re:publica in Berlin. Sie haben eine Art lokales soziales Netzwerk mitentwickelt. Molo News heißt es.

Nutzer erhalten dort eine Übersicht, ein Feed, wie in jedem sozialen Netzwerk – nur mit lokalen Nachrichten oder Veranstaltungen, sagt Bartje Krüger von der Uni Leipzig: "Wo es sehr gut funktioniert, ist Markkleeberg, die haben Molo News für sich entdeckt. Wir haben die angesprochen und die haben sofort gesagt: 'Okay, cool, das machen wir – aber wenn, dann machen wir es richtig.' Und die spielen da wirklich alles ein, was da sonst im Amtsblatt steht." Vereine seien auch dabei. "Die bekommen sehr, sehr positive Rückmeldungen zu dem Ganzen, weil die Leute sagen: 'Cool, das ist ein digitales Angebot, das ist für jeden verfügbar. Und ich habe da eben nicht nur Markkleeberg drin, sondern kann dann auch in Leipzig schauen oder in Großpösna.'"

Lokale Plattform für deutsche Städte – inklusive Datenschutz

Molo News wird vom Bundesforschungsministerium finanziert, im nächsten Jahr soll es ohne diese Gelder auskommen. Einzelne Beträge seien bereits mehrere 10.000 Mal abgerufen worden, sagt Krüger. In klassischen sozialen Medien haben lokale Inhalte kaum eine Chance. Allerdings können bei Molo Nutzer nicht miteinander kommunizieren. Dafür sammelt die App auch keine Nutzerdaten, zeigt keine Werbung und niemand muss sich dort anmelden.

Molo News kann eher eine Art digitale Litfaßsäule für jeden Ort in Deutschland werden – mit Anschlägen von lokale Vereinen, Ortsbürgermeistern oder der Lokal- und Regionalzeitung. Ob es sich durchsetzt und finanziell trägt, muss sich noch entscheiden. Ein Gegenentwurf zu den US-Angeboten ist das lokale Netzwerk in jedem Fall.

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