Abtreibungen gelten in Deutschland als rechtswidrig - sie stehen, trotz vieler Ausnahmen, im Strafrecht. SPD und Grüne wollten das zuletzt ändern und scheiterten. Die Bundesärztekammer unternimmt nun einen neuen Versuch.

Der Deutsche Ärztetag hat sich für eine Entschärfung der Abtreibungsregeln in Deutschland ausgesprochen. Wie die Bundesärztekammer mitteilte, wurde in Leipzig ein entsprechender Beschluss gefasst. Das Deutsche Ärzteblatt und die Ärzte-Zeitung hatten zuvor darüber berichtet. Der Interessenverband plädiert demnach in einem von der Versammlung angenommenen Beschlussantrag dafür, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln - den entsprechenden Passus im Strafgesetzbuch also zu streichen.

Die Beratungspflicht für ungewollt Schwangere soll gleichzeitig beibehalten werden. "Das trägt nach unserer Einschätzung dazu bei, die Versorgung der ungewollt Schwangeren sowie die Rechtssicherheit der den Abbruch durchführenden Ärztinnen und Ärzte zu stärken. Gerade in der Beratungspflicht liegt die Chance, auch das werdende Leben zu schützen", hieß es von der Bundesärztekammer. 

"Wenn eine Handlung im Strafrecht verortet ist, erzielt das allein eine Wirkung: Sie wird als rechtswidrig, unmoralisch und gesellschaftlich nicht akzeptiert wahrgenommen", steht in dem Antrag, dem laut der Nachrichtenagentur KNA 211 von 236 Delegierten zustimmten. "Die Entkriminalisierung beseitigt Stigmata und entlastet Schwangere und Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Sie kann so zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von Schwangeren führen."

Schwarz-Rot plant keinen solchen Schritt

Vor der Bundestagswahl im Februar hatten sich auch SPD und Grüne dafür eingesetzt, scheiterten im Bundestag aber an der nötigen Mehrheit. Ein Entwurf von mehr als 300 Abgeordneten sah vor, Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche nach der Empfängnis außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln.

Aktuell ist ein solcher Schritt politisch nicht geplant. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist lediglich zu lesen: "Wir wollen Frauen, die ungewollt schwanger werden, in dieser sensiblen Lage umfassend unterstützen, um das ungeborene Leben bestmöglich zu schützen." In Konfliktsituationen solle der Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung ermöglicht und die Kostenübernahme erweitert werden. "Zudem werden wir die medizinische Weiterbildung stärken."

Hausärzte und Grüne begrüßen Forderung

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband begrüßte die Entscheidung des Ärztetags. Sie sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Versorgung und mehr Rechtssicherheit bei der Behandlung. "Der Status quo ist längst nicht mehr tragbar, weder für die betroffenen Frauen noch für uns Ärztinnen und Ärzte", so die beiden Verbandsvorsitzenden Nicola Buhlinger-Göpfarth und Markus Beier. "Durch die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen entsteht eine rechtliche Grauzone, die die medizinische Versorgung unnötig erschwert, die Betroffenen schwer belastet und zu einer verzögerten Behandlung führen kann." Die Politik müsse dringend handeln.

Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulle Schauws, sprach von einem "Meilenstein" und einem "außerordentlich wichtigen Signal" in der Debatte um Paragraf 218. "Es muss eine politische Lösung für eine Regelung des Schwangerschaftsabbruches außerhalb des Strafgesetzbuches geben", sagte Schauws. Die schwarz-rote Bundesregierung müsse zügig ein Gesetz vorlegen.

Kritiker sehen Stigmatisierung

Im Strafgesetzbuch-Paragraf 218 ist festgehalten, dass Abtreibungen in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig sind. Durch Ausnahmeregeln sind sie aber innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen straffrei, wenn die Frau sich zuvor hat beraten lassen. Auch, wenn bestimmte medizinische Gründe vorliegen - oder nach einer Vergewaltigung - sind Abbrüche möglich, ohne sich strafbar zu machen.

Kritikerinnen und Kritiker sehen in der bestehenden Regelung eine Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Sie schaffe Hindernisse für den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Versorgung, hieß es in einem Gesetzentwurf von Mitte November. Diejenigen, die eine Schwangerschaft beenden wollten, würden genauso stigmatisiert wie Anbieter entsprechender Gesundheitsdienste und Helfer.

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