• Tschechisches Wirtschaftsministerium bestätigt Pläne
  • Mini-AKW mit geringerer Leistung
  • Stellungnahmen aus Deutschland bis 13. Juni möglich
  • AfD begrüßen Atomkraft – CDU, SPD, Grüne lehnen sie ab

Das tschechische Wirtschaftsministerium hat Pläne für den Bau kleiner modularer Atomreaktoren (SMR) bestätigt. Als mögliche Standorte nannte der SMR-Bevollmächtigte des Ministeriums, Petr Třešňák, auf Nachfrage des ARD-Studios Prag unter anderem Tušimice und Prunéřov in Nordböhmen. Beide Standorte sind nur wenige Dutzend Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Dort sollen bestehende Kohlekraftwerke durch neue Atomreaktoren ersetzt werden. Laut Třešňák könnten die ersten Anlagen ab etwa 2040 ans Netz gehen. Für einige Standorte laufen demnach bereits Vorbereitungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen, an denen sich auch die deutsche Seite beteiligen könnte.

Zuvor hatte das das Bundesumweltministerium mitgeteilt, dass die tschechische Regierung offiziell eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach der Espoo-Konvention eingeleitet habe.

Mini-AKW mit geringerer Leistung

Bei einem SMR handelt es sich um eine neue Generation kleiner Atomreaktoren mit geringerer Leistung als herkömmliche Reaktoren. Sie sollen in Serie gefertigt werden können. Ein Gutachten im Auftrag des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) bescheinigt SMR zwar "potenziell sicherheitstechnische Vorteile", etwa durch ein geringeres radioaktives Inventar pro Reaktor. Gleichzeitig warnt das Bundesamt aber, dass die größere Anzahl benötigter Reaktoren das Gesamtrisiko "um ein Vielfaches" erhöhen könnte.

Auch die Wirtschaftlichkeit ist umstritten: Dem BASE zufolge müssten im Durchschnitt rund 3.000 SMR gebaut werden, damit sich die Produktion wirtschaftlich rentiert. Wie bei konventionellen Atomkraftwerken bleibt zudem die Frage der Entsorgung ungelöst.

Stellungnahmen aus Deutschland bis 13. Juni möglich

Das Projekt befindet sich derzeit in der sogenannten Scoping-Phase – einer Vorprüfung möglicher Umweltauswirkungen. Noch bis zum 13. Juni können deutsche Behörden und die Öffentlichkeit Stellungnahmen zu möglichen Auswirkungen auf das eigene Staatsgebiet beim Umweltministerium der Tschechischen Republik einreichen.

Die tschechische Regierung sieht in der Atomenergie einen zentralen Baustein für die geplante Energiewende und die Abkehr von Kohle. ARD-Korrespondent Danko Handrick berichtete allerdings, dass die Diskussionen in Tschechien um die Atomkraft oft langwierig seien. Zwar wolle die Regierung neue Atomkraftwerke unbedingt vorantreiben – Streit gebe es jedoch regelmäßig um offene Finanzierungsfragen, auch beim Ausbau bereits bestehender Atomstandorte.

AfD begrüßt Atomkraft – CDU und SPD lehnen sie ab

Der energiepolitische Sprecher der AfD im sächsischen Landtag, Jan-Oliver Zwerg, findet die Pläne gut, mit Atomkraftwerken alte Kohlekraftwerke zu ersetzen. Er würde dies auch gern in Deutschland umsetzen. Zwerg relativierte die weit verbreitete Sorge um die Sicherheit der Atomkraftwerke. Es gebe keine Technik ohne Risiko, sagte er. Auch bei den erneuerbaren Energien gebe es Risiken für Leib und Leben. Es habe auch schon Vorfälle gegeben, bei denen Windräder einfach umkippten. Technik sei generell nicht risikofrei.

Dagegen entgegnete Ina Klemm, energiepolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Windräder könne man nicht mit Atomenergie vergleichen. Die Baupläne an der Grenze hätten sie überrascht und erschrocken. Es würde weniger gefährliche Wege zur Energiegewinnung geben, sagte sie. Diese sollten genutzt werden, auch wenn die Entwicklung des Baus von Atomkraftwerken technologisch weiter wäre als noch vor 50 Jahren. Jedoch bleibe es Atomkraft.

Aus der SPD hieß es, eine Investition in Atomenergie sei nicht zeitgemäß. Bis der Bau eines Atomkraftwerk stehe, sei das Stromnetz für erneuerbare Energiegewinnung längst verbessert, erklärte die umweltpolitische Sprecherin Simone Lang.

Grüne kritisieren Vorhaben

Die Grünen haben scharfe Kritik an dem tschechischen Vorhaben geübt und alle Bürger im Erzgebirgskreis dazu aufgerufen, eine Stellungnahme abzugeben. "Die Bürgerbeteiligung ist ein zentrales Element, um eine transparente und umfassende Bewertung der langfristigen Umweltauswirkungen und die Sicherheitsrisiken zu berücksichtigen", hieß es in einer Pressemitteilung des Grünen-Kreisverbands Erzgebirge.

Kreisverbandssprecher Ruben Ramirez Cutino sagte, die SMR-Technologie sei noch nicht ausgereift. "Das geplante Kraftwerk birgt ein erhebliches Unfallrisiko, dessen mögliche langfristige Folgen nicht zu unterschätzen sind", so Ramirez.

Nicht außer Acht lassen sollte man zudem die Endlagerung des Atommülls auch bei modernen Anlagen und der hohe Wasserverbrauch, sagte Carolin Renner, Sprecherin der Grünen im Kreisverband Görlitz. Gerade in Zeiten von Dürre könne man es sich nicht leisten, Wasser aus dem Naturkreislauf zu nehmen.

MDR (mbe, das)

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