Kostenfalle Führerschein? Mehrheit befürwortet Senkung der Kosten
- Viele Befragte befürworten den Einsatz von Fahrsimulatoren, um die Kosten niedriger zu halten.
- Selbst wer nicht fährt: Eine Großteil der Befragten findet Mobilität durchs Auto wichtig.
- Beim Fahren im hohen Alter findet die Mehrheit, dass Verkehrssicherheit vor Selbstbestimmung geht.
Das aktuelle MDRfragt Stimmungsbild zeigt: Eine überwiegende Mehrheit befürwortet Maßnahmen, um den Erwerb von Führerscheinen günstiger zu gestalten. Konkret stimmen 85 Prozent aller Befragten zu. Dabei wird klar: Für viele ist der Führerschein auch ein Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe.
So auch für Conny (50) aus Dresden. Sie meint: "Gerade im ländlichen Raum haben Jugendliche lange Wege zur Ausbildung und sind ohne ÖPNV auf den Führerschein angewiesen. Wenn das Elternhaus kein Vermögen hat, können 3000 Euro schnell zur verpassten Chance werden und Nachteile mit sich bringen. Prüfungsgebühren sollten beibehalten werden, so gibt es ggf. eine erhöhte Ernsthaftigkeit und weniger Durchfallquote."
Nur 12 Prozent der Teilnehmenden finden Preissenkungen durch politische Maßnahmen falsch. Ein häufig genannter Grund: Für den Führerschein sollten in Deutschland auch die Regeln der Marktwirtschaft gelten.
Jörg, 63, aus dem Altenburger Land schreibt dazu: "Ich finde es gut, wenn es billiger wird, aber das muss der Markt entscheiden und nicht der Staat. Warum sind denn die Preise so rasant gestiegen?" Auch Ralf (71) aus Leipzig vertritt eine ähnliche Haltung: "Das Angebot von Fahrschulen muss erweitert werden. Nicht die Politik bestimmt die Preise, sondern der Markt."
Derzeit verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die Kosten für den Führerschein zu senken. Im Koalitionsvertrag steht dazu: "Unter Wahrung hoher Standards wird die Fahrausbildung reformiert, um den Führerscheinerwerb bezahlbarer zu machen."
Auch die Verkehrsminister der Bundesländer setzen sich derzeit für Preissenkungen ein. Konkrete Maßnahmen sind zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht beschlossen.
Simulatoren als günstige Alternative zu Fahrstunden
Von den bisher diskutierten Möglichkeiten zur Kostensenkung ist der Einsatz von Fahrsimulatoren für ergänzende Fahrstunden unter den Teilnehmenden am gefragtesten. 45 Prozent stimmen dieser Maßnahme zu.
Ralf (77) aus dem Harz sieht darin einen Mehrwert: "Fahrsimulatoren gab es schon in der DDR. Sie waren Bestandteil der Zulassung zum praktischen Fahren. Da sich die Qualität auf diesem Gebiet sicherlich verbessert hat, ist sie als Vorstufe zum praktischen Fahren kostensparend anzuwenden."
In manchen Fahrschulen werden Simulatoren bereits genutzt, um Fahrschülerinnen und -schüler mit kostengünstigeren Fahrstunden auf den Straßenverkehr vorzubereiten. Auch die Befreiung des Führerscheins von der Umsatzsteuer ist für viele Befragte eine Option.
Es zeigt sich allerdings auch, dass viele in der MDRfragt Gemeinschaft mit den Ideen unzufrieden sind, die derzeit politisch diskutiert werden. Der Mobilitäts-Pass für 17-Jährige, welcher ein 500 Euro Guthaben für den Führerschein bedeuten würde, ist nur bei wenigen Befragten beliebt. Zuletzt hatte ihn die SPD im Wahlprogramm zur Bundestagswahl gefordert.
Der 46-jährige Heiko aus dem Landkreis Greiz schreibt: "Überwiegend sinnfreie Ideen. Alles unbeholfener Aktionismus und weit weg von der Realität und des Machbaren."
Auch Frida (24) aus Jena ist nicht zufrieden: "Ich finde diese Maßnahmen nicht hilfreich. Für's sichere Autofahren muss sich ein Automatismus bilden, das geht in den wenigen, teilweise weit auseinander liegenden Fahrstunden nicht. Ich finde, fahren mit den Eltern auf Landstraßen sollte erlaubt sein oder freie/billige Übungsplätze, wo man ohne Lehrer fahren darf, wären sinnvollere Maßnahmen."
Mobilität durch Auto nach wie vor von enormer Bedeutung
Trotz der hohen Kosten und Schwierigkeiten bleibt das Auto für fast jede und jeden im MDRfragt-Stimmungsbild beim Thema Mobilität ein wichtiger Faktor. 92 Prozent geben dies an. Dabei ist das Auto für die Mobilität von Menschen im ländlichen Raum wichtiger als für Menschen im städtischen Raum (96 bzw. 88 Prozent).
Enrico (51) ist einer dieser Menschen vom Land. Er kommt aus dem Landkreis Bautzen und meint: "Hier im ländlichen Raum ist man ohne Auto aufgeschmissen. Ob Einkaufen, Arztbesuch oder anderer Termin. Mit den 4 Schulbussen, die hier arbeitstäglich halten, ist das nicht zu organisieren."
Auch für junge Menschen wie Eileen (27) aus dem Harz ist das Auto wichtig: "Autofahren bietet die notwendige Flexibilität und Komfort. Man steigt einfach vor der Haustür ein und ist ohne Umstiege oder laute Fahrgäste direkt am Ziel. Das ist gerade dort, wo öffentliche Verkehrsmittel nur spärlich vorhanden sind, ein Luxus."
Dennoch gibt es in der MDRfragt-Gemeinschaft ebenso Menschen, die dem Autofahren keine Relevanz zuschreiben. So auch Katja (58) aus dem Ilm-Kreis. Sie schreibt: "Für mich ist gut ausgebauter und bezahlbarer ÖPNV wichtiger als ein Auto zu haben. Nicht nur wegen der Umwelt, sondern auch, weil es dann viel weniger Staus gibt. Und, ich erledige viel zu Fuß. So mache ich was für meine Gesundheit und bin gleichzeitig aber auch unabhängig." Stimmen wie ihre bleiben allerdings in der absoluten Minderheit.
Besonders auffällig: Auch für Menschen, die selber nicht Auto fahren, ist das Auto für die eigene Mobilität von hoher Bedeutung. Zwei Drittel (69 Prozent) geben das an.
Annegret (62) aus Dresden schreibt dazu: "Ich habe zwar seit 40 Jahren einen Führerschein, bin jedoch nie selbst mit dem Auto gefahren. Ich fahre alles mit dem Fahrrad. Für Ausflüge und Urlaub sehe ich es jedoch als ziemlich notwendig an, ein Auto zu fahren (macht mein Mann), damit man alle Ziele auch erreichen kann."
In der MDRfragt-Gemeinschaft herrscht weitestgehend Einigkeit darüber, dass das Auto für die eigene Mobilität von enormer Bedeutung ist. Dabei haben auch viele Menschen geschrieben, dass sie gerne Auto fahren würden, aber es aufgrund des Gesundheitszustandes nicht können.
Petra (70) aus dem Erzgebirgskreis fasst es so zusammen: "Deutschland hat eine Automobil-Gesellschaft, alles ist darauf ausgerichtet: Einkaufsmöglichkeiten, kulturelle Ereignisse, Events, Reiseziele, Gesundheitseinrichtungen. Ich darf aus gesundheitlichen Gründen kein Auto fahren und bin deshalb immer auf ÖPNV angewiesen. Das ist eine wesentliche Beschränkung. Man muss viel Zeit haben, oder viel Geld für Taxifahrten – oder verzichten."
Befragte sehen Verkehrssicherheit vorrangig zur Selbstbestimmung
Diese Verkehrssituation wirkt sich besonders auf Menschen im hohen Alter aus. Immer wieder schreiben Betroffene, dass sie für ihre Gesundheitsvorsorge auf das Auto angewiesen sind. Alternativen gibt es für sie nicht.
So auch Christel (76) aus dem Landkreis Bautzen: "Auf dem Land wird das Auto gebraucht, da ja der Nahverkehr schlecht ist, um den Einkauf und Arztbesuch erledigen zu können. Für Ältere kann das zum Problem werden, da der Verkehr stark zugenommen hat."
Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass ältere Menschen, die Auto fahren, häufiger Unfälle verursachen. Demnach wurden 2023 drei von vier (76,6 Prozent) unfallbeteiligten Fahrerinnen und Fahrern in der Altersgruppe ab 75 die Hauptschuld am Unfall zugewiesen. Das ist der höchste Wert unter allen Altersgruppen. Gründe dafür können vermindertes Reaktions- und Sehvermögen mit steigendem Alter sein.
Dieses Risiko ist auch den Befragten im MDRfragt-Stimmungsbild bewusst. 59 Prozent geben an, die Verkehrssicherheit im Zweifel über die Selbstbestimmung von älteren Menschen zu stellen. Gut ein Drittel (35 Prozent) empfindet dagegen die Selbstbestimmung im Alter als wichtiger.
Immer wieder kommt es zur Diskussion, ob Menschen nicht ab einem bestimmten Alter der Führerschein abgeben sollten. 64 Prozent der Befragten würden ihren Führerschein im Zweifel jedoch freiwillig abgeben oder aufs Auto verzichten.
Das trifft auch auf Edda (86) aus dem Wartburgkreis zu. Sie kommentiert: "Mein Mann und ich fahren nicht mehr Auto (86 und 88). Es fiel uns sehr schwer, aber wir fühlten uns nicht mehr wohl beim Fahren. Auf vieles müssen wir jetzt verzichten, aber wir kommen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurecht."
Andere wie Ilona (71) aus Leipzig teilen diese Meinung: "Ich brauche als Rentnerin kein Auto mehr. Ich erledige meine Wege mit dem Rad oder dem ÖPNV in Leipzig"
Die Haltung zum Fahren im Alter ist in der MDRfragt Gemeinschaft auf gleichbleibendem Niveau. Bereits 2023 und 2024 wurde die Haltung in einem Stimmungsbild erfragt. Das Ergebnis: Nach wie vor ordnen die Befragten die Verkehrssicherheit als vorrangig ein.
Allerdings stellen viele Teilnehmende die Frage, ab wann das Alter für eine Führerscheinabgabe erreicht sei. Für Kerstin (61) aus Weimar gibt es darauf keine leichte Antwort: "Ist schwer zu beurteilen. Ich finde, ab einem bestimmten Alter sollte die Fahrtauglichkeit überprüft werden. Aber wo ist die Grenze? Ich finde, ab 75 Jahren."
Petra (71) aus dem Landkreis Meißen lehnt eine Altersgrenze komplett ab: "Ich finde es schlimm, wenn alte Menschen ab einem bestimmten Alter grundsätzlich für nicht mehr fahrtauglich angesehen werden sollen. Ich kenne sehr fitte Achtzigjährige und auch schon sehr kranke gebrechliche Sechzigjährige. Wer will da eine sachliche allgemein-gültige Altersgrenze festlegen? Es wäre doch sehr willkürlich."
Emely (27) aus Erfurt plädiert dagegen für einen pragmatischen Ansatz: "Ich finde, Menschen sollten in einem bestimmten Alter die Praxisprüfung noch einmal ablegen und das alle 5 Jahre wiederholen. Wer besteht, darf auch im hohen Alter weiterfahren. Wer nicht besteht (vielleicht auch beim 2. oder 3. Mal), muss den Führerschein abgeben."
Über diese Befragung
Die Befragung: "Lebensnotwendigkeit oder Luxus: Muss der Führerschein billiger werden?" lief vom 23. bis 26. Mai 2025. Insgesamt haben 21.173 Menschen aus Sachsen (10.942), Sachsen-Anhalt (4.975) und Thüringen (5.256) mitgemacht.
Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen.
Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ. Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach bewährten wissenschaftlichen Kriterien und Methoden anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen.
Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland. MDRfragt wissenschaftlich beraten und begleitet. Dabei geht es um die Weiterentwicklung des Angebotes ebenso wie über die Überprüfung der Aussagekraft, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests.
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