Katholische Bistümer lösen gemeinsame Missbrauchskommission auf
- Die Interdiözesane Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs mehrere Bistümer ist gescheitert.
- Betroffenenvertreter kritisierten die Arbeit der Aufarbeitungskommission bereits in der Vergangenheit.
- Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, sprach mit Blick auf die Auflösung dennoch von einem "fatalen Signal".
Die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in den katholischen Diözesen Berlin, Görlitz und Dresden-Meißen in einer gemeinsamen Kommission ist vorerst gescheitert. Die "Interdiözesane Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs" (IKA) werde aufgelöst, teilte das Erzbistum Berlin mit. Nach weiteren Rücktritten aus der Kommission hätten die Bischöfe entschieden, die Amtszeit der verbliebenen Mitglieder zum 31. Mai zu beenden, hieß es in einer Mitteilung.
Wie das Erzbistum Berlin weiter mitteilte, folgt die Auflösung der bistum-übergreifenden IKA "der vielfach vorgetragenen Bewertung, dass eine weitere Zusammenarbeit in dem gegebenen Rahmen trotz aller Bemühungen nicht möglich zu sein scheint". Berlins Erzbischof Heiner Koch sowie die Bischöfe Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen) und Wolfgang Ipolt (Görlitz) fühlten sich aber weiterhin dem Anliegen der Aufarbeitung verpflichtet, hieß es.
Kritik von Betroffenenvertretern
Die Betroffenenvertreter in den ostdeutschen Bistümern hatten in einem im Februar erschienenen Bericht das Gremium kritisiert. Es werde dem Anspruch einer unabhängigen, transparenten und partizipativen Aufarbeitung nicht gerecht. Die Betroffenen bemängelten vor allem eine fehlende "substanzielle Beteiligung". Die Betroffenenvertreter warfen den Kirchenvertretern zudem vor, für den Jahresbericht 2023/2024 den Entwurf eines Betroffenenvertreters nicht einbezogen zu haben.
Im April 2024 hatte der Vorsitzende der IKA bereits die Vertrauensfrage gestellt. Damals sprachen ihm sechs Mitglieder das Vertrauen aus, drei entzogen es ihm. Von den sechs zustimmenden Mitgliedern waren bis Februar 2025 dem Betroffenenbericht zufolge weitere drei Mitglieder ausgetreten.
Scharfe Kritik der Missbrauchsbeauftragten Claus
Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, sprach über die Auflösung der IKA von einem "fatalen Signal". "Damit wird Betroffenen sexualisierter Gewalt der Boden für eine unabhängige Aufklärung und Aufarbeitung entzogen", sagte die Beauftragte. Auch ein Scheitern einer solchen Kommission dürfe nicht dazu führen, Betroffene neuerlich im Stich zu lassen. "Ich erwarte von Erzbischof Koch und seinen Amtskollegen, schnellstmöglich dafür zu sorgen, dass auch für die kommenden drei Jahre verlässliche Strukturen geschaffen werden, über die die Vorgaben der Gemeinsamen Erklärung umgesetzt werden."
Die Betroffeneninitiative Eckiger Tisch äußerte ihr Bedauern über die Auflösung. Zugleich sagte der Sprecher der Initiative, Matthias Katsch, das dürfe nicht das Ende der Aufarbeitung in den drei Bistümern sein. Es brauche auch weiterhin eine unabhängige Aufarbeitungskommission. Wichtige Anliegen seien noch nicht oder nur unzureichend angegangen worden. Es wäre von Anfang an besser gewesen, statt eines bistumsübergreifenden Gremiums jeweils eigene Untersuchungskommissionen in den Bistümern Berlin, Dresden-Meißen und Erfurt zu bilden.
Aufklärung und Prävention als Aufgabe der Kommission
Die IKA konstituierte sich am 10. Mai 2023. Die neun Mitglieder wurden von Landesregierungen, Bistümern und einem Beirat von Missbrauchsbetroffenen benannt. Das Gremium war nicht Teil kirchlicher Strukturen und arbeitete weisungsfrei. Aufgabe der Kommission war es, das Ausmaß sexualisierter Gewalt in den beteiligten Bistümern sowie kirchliche Rahmenbedingungen, die Missbrauch fördern könnten, zu ermitteln sowie zu bewerten und auf wirksame Präventionsmaßnahmen hinzuwirken. Ferner sollten Betroffene ermutigt werden, von ihren Erfahrungen zu berichten.
Grundlage für die Berufung der Kommission war eine Vereinbarung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und des damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, aus dem Jahr 2020. Entsprechende Aufarbeitungs-Kommissionen wurden seitdem in allen katholischen Bistümern Deutschlands eingerichtet.
epd/kna/dpa(lik)
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