Ernteausfälle durch Saatkrähen – Bauernverband fordert Abschuss-Erlaubnis
- In Sachsen-Anhalt gibt es erhebliche Ernteausfälle durch Saatkrähen, die frisch gesäte Körner aus dem Boden picken.
- Der Bauernverband Sachsen-Anhalt fordert die Erlaubnis für Abschüsse von Saatkrähen – das Umweltministerium prüft einen entsprechenden Erlass.
- Der NABU lehnt Abschüsse von Saatkrähen ab und setzt auf Greifvögel zur Vergrämung.
"Hier sehen wir zwei Krähen, die gerade im Maisbestand rumpicken. Das tut in der Seele weh", sagt Landwirt Christian Oehler beim Blick aus dem Seitenfenster seines Autos. Denn die Saatkrähen machen dem Geschäftsführer der landwirtschaftlichen Betriebsgesellschaft Agricola in Rehmsdorf im Süden Sachsen-Anhalts zu schaffen. Im April seien die Tiere zu dutzenden bei der Maisaussaat hinter seinem Traktor gewesen und hätten die Körner gleich wieder aus der Erde geholt.
Die Folge sieht man jetzt: Auf der einen Seite des Feldwegs stehen die jungen Maispflanzen in dichter werdenden Reihen. Auf der anderen Seite ist der Acker braun geblieben: "Ich denke, dass wir dieses Jahr bei den Fehlstellen bei gut fünf Hektar liegen", sagt Oehler. Gut 5.000 Euro Schaden entspreche das.
Oehler sagt: So viele Saatkrähen wie in diesem Jahr habe es noch nie gegeben. Bisher hätten die Landwirte immer ein Auge zugedrückt: "Leben und leben lassen. Wir arbeiten und wirtschaften mit der Natur. Aber es nimmt langsam Ausmaße an, wo man sagt, es ist betriebswirtschaftlich nicht mehr zu tragen." Tatsächlich hat sich die Zahl der Saatkrähen-Brutpaare in Sachsen-Anhalt in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt. Von circa 7.000 Brutpaaren gehen aktuelle Schätzungen aus.
Abschuss von Saatkrähen gefordert
Der Bauernverband Sachsen-Anhalt fordert inzwischen die Erlaubnis, einzelne Saatkrähen abschießen zu dürfen, um die gesamte Kolonie vom Acker zu vergrämen. Für Vogelscheuchen oder Schreckschuss-Anlagen seien die Krähen viel zu schlau, sagt Olaf Feuerborn, Präsident des Landesbauernverbands: "Man braucht die Bejagungsmöglichkeit. Wenn sie merken, dass da fünf von hundert nicht wiederkommen, dann ist da etwas im Busch."
Doch die Saatkrähe ist streng geschützt, ihr Abschuss verboten. Feuerborn, der auch agrarpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag ist, will bis zum nächsten Frühjahr gesetzlich regeln, dass die Saatkrähe unter bestimmten Bedingungen gejagt werden darf.
In Niedersachsen wurde das per Erlass vom Umweltministerium ermöglicht. Das Umweltministerium in Sachsen-Anhalt schreibt an MDR AKTUELL: "Das Umweltministerium wird prüfen, inwieweit auch in Sachsen-Anhalt ein Erlass herausgegeben werden könnte. Es bleibt jedoch zunächst abzuwarten, ob sich die in anderen Bundesländern erteilten Ausnahmegenehmigungen als wirksam und gerichtsfest erweisen und wie sich Vergrämungsabschüsse im Herbst auf die Brutkolonien im Frühjahr tatsächlich auswirken."
Kritik vom NABU
Beim Naturschutzbund hält man nichts davon, einzelne Krähen abzuschießen, um damit die ganze Kolonie vom Feld zu vertreiben. Thomas Hellwig ist Feldornithologe und arbeitet auch für den NABU Sachsen-Anhalt. Er kennt nur eine Methode, die den Landwirten helfen könnte, die Krähen zu vergrämen: "Es gibt eine Variante mit Bussarden: Die Falkner nehmen die Bussarde ins Auto, lassen die Autoscheibe runter und die Tiere raus. Man hat dann diesen Überraschungseffekt: Die Saatkrähen können nicht sehen, wo was kommt oder woher der Bussard, also der Angriff des Greifvogels erfolgt." Das führe dazu, dass die Saatkrähen dann für eine gewisse Zeit diese Flächen räumen.
Eben so lange, bis zum Beispiel der Mais hoch genug gewachsen ist. Hellwig versteht den Ärger und die Nöte der Bauern. Sagt aber auch: "Durch die Intensivierung der Landnutzung haben die Insekten abgenommen." Deswegen gingen die Krähen vermehrt auf die Saaten. Zumal gerade an den Saatkörnern oft auch nahrhafte Insekten und Würmer zu finden seien. Die Saatkrähe vertilge aber auch viele Schädlinge: Larven, Maden, Jungmäuse und Schnecken etwa.
Auf seinen Feldern in Rehmsdorf hat Landwirt Christian Oehler jetzt damit begonnen, auf den braun gebliebenen Stellen noch einmal Mais nachzusäen. Er hofft, dass die Krähen ihre Schnäbel davonlassen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke