Ort für Prozess gegen Magdeburg-Attentäter steht fest
- Nach dem Anschlag in Magdeburg ist nun klar, wo der Prozess gegen den Attentäter stattfindet.
- Das Justizministerium plant ein eigenes Gerichtsgebäude – und rechnet mit einem Jahr Dauer.
- Beim Prozess werden viele Nebenkläger erwartet.
Der Standort des Gerichtsgebäudes für den Prozess gegen den Magdeburg-Attentäter steht fest. Sachsen-Anhalts Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Donnerstag, das Gebäude solle auf einem landeseigenen Grundstück am Jerichower Platz im Osten der Stadt entstehen. In der unmittelbaren Nähe befinden sich das Spaßbad "Nemo" und mehrere Ministerien.
Auf dem Gelände war 2015 ein Großraum-Zelt für Flüchtlinge aufgebaut worden, das aber nie genutzt wurde. Im April 2016 ist es wieder entfernt worden. Die Bauarbeiten für das Gerichtsgebäude sollen laut Weidinger in der kommenden Woche beginnen. Bis zum Herbst 2025 solle der temporäre Leichtbau fertig sein.

Gerichtssaal soll Platz für 700 Menschen bieten
Der geplante Gerichtssaal ist Weidinger zufolge gut erreichbar, 2.000 Quadratmeter groß und für 700 Menschen ausgelegt. Insgesamt werde das Gebäude eine Fläche von 4.500 bis 5.000 Quadratmetern haben. Es werde winterfest, Sturm- und Hagel-sicher sein und besondere Sicherheits-Ansprüche erfüllen, etwa einen Haft-Raum für den Angeklagten und eine Einsatzzentrale für die Polizei. Außerdem sei ein Presse-Bereich für 200 Berichterstatter vorgesehen.
Weidinger sagte, man erwarte einen der größten Prozesse der Nachkriegsgeschichte in Deutschland. Er werde etwa ein Jahr dauern und in seiner Dimension voraussichtlich den NSU-Prozess in München übertreffen. Wann der Prozess beginnt, ist noch offen. Bislang wurde noch keine Anklage erhoben.
Viele Nebenkläger bei Prozess gegen Attentäter erwartet
Im Mai hatte das Justizministerium erklärt, dass für den Prozess ein eigenes Gerichtsgebäude errichtet werden soll. Der Bau ist demnach nötig, weil bestehende Gerichtssäle in Sachsen-Anhalt zu klein sind. Bislang hätten etwa 80 Personen Interesse an einer Nebenklage-Vertretung angemeldet. Diese Zahl könnte auf bis zu 327 steigen. Hinzu komme ein großes Medieninteresse.
Nebenklage: Diese Rechte haben Betroffene
Betroffene von bestimmten Straftaten – etwa vorsätzlicher Körperverletzung – können bei einem Gerichtsprozess als Nebenkläger auftreten. Sie haben dadurch mehr Rechte als Personen, die als Zeugen vor Gericht aussagen.
So können sie und ihre Rechtsanwältin oder ihr Rechtsanwalt etwa auch an Verhandlungen teilnehmen, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Sie können eigene Erklärungen abgeben und Anträge stellen. Sofern sie nicht als Zeugen geladen sind, können sie selbst entscheiden, ob und wie sie vor Gericht auftreten.
Zudem haben sie erweiterte Auskunftsrechte, erhalten also mehr Informationen vom Gericht, und können Rechtsmittel gegen Entscheidungen einlegen. Die Rechte der Nebenklage sind durch die Strafprozessordnung geregelt.
Quelle: Hilfe-Info des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz
Die Justizministerin betonte, dass niemandem, der am Prozess teilnehmen wolle, der Zugang verwehrt werden solle. Die Opfer stünden dabei im Mittelpunkt. So solle es etwa getrennte Bereiche und Wege für Zeugen und Betroffene geben, ebenso wie Möglichkeiten für separate Befragungen.
Gerichtsgebäude kostet mehrere Millionen Euro
Der Bau und Betrieb des neuen Gebäudes wird nach Angaben des Justizministeriums eine einstellige Millionensumme kosten. Es soll nach dem Prozess wieder abgebaut werden. Den Angaben nach ist eine Firma mit dem Aufbau, der Ausstattung und der Technik beauftragt worden, die mit solchen temporären Gebäuden Erfahrung hat, unter anderem für den "Reichsbürger"-Prozess um Heinrich XIII. Prinz Reuß in Frankfurt am Main.
Das Land hatte laut Weidinger zuvor nach einem geeigneten Gerichtssaal gesucht. Auch die Anmietung einer externen Halle stand zur Debatte, etwa der Messehalle in Magdeburg oder der Hyparschale. Allerdings habe es bei beiden Sicherheits-Bedenken gegeben.
Anschlag in Magdeburg: Sechs Tote und mehr als 300 Verletzte
Der Attentäter, ein 50-Jähriger aus Saudi-Arabien, war am 20. Dezember in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast. Sechs Menschen wurden bei dem Anschlag getötet. Die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg geht zudem von 327 Verletzten aus.
Die Generalstaatsanwaltschaft hatte im April erklärt, eine Entscheidung über die Anklage sei im Sommer möglich. Der Attentäter steht unter Verdacht des Mordes und versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Er ist derzeit in Untersuchungshaft. Ein vorläufiges forensisch-psychiatrisches Gutachten habe keinen Anlass gegeben, ihn in einer Psychiatrie unterzubringen, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch.
MDR (Karsten Kiesant, Karin Roxer, Maren Wilczek, Lars Frohmüller), dpa
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