• Die Ausbreitung vieler Tierseuchen hängt eng mit weltweiter Mobilität und eingeschleppten Produkten zusammen.
  • Tierhaltungsstrukturen und fehlende Biosicherheit erhöhen das Risiko von Seuchenausbrüchen.
  • Verbraucher müssen sich nicht vor einer Ansteckung sorgen – sollten aber keine nicht-erhitzten Lebensmittel aus Nicht-EU-Staaten mitbringen.

MDR AKTUELL: Dass im Moment fünf Tierseuchen gleichzeitig auftreten – ist das für Sie ein Alarmsignal?

Professor Martin Beer: Es ist schon beunruhigend, dass wir gerade in den letzten Jahren und auch Monaten vermehrt Tierseuchen hatten, die zum Teil auch neu eingeschleppt sind. Aber es sind auch eine ganze Reihe wieder verschwunden: Wir müssen ganz klar sagen, die Maul- und Klauenseuche, sie ist vorbei. Seit April sind wir wieder völlig frei von der Maul- und Klauenseuche. Also, dieses Problem ist zum Glück gelöst worden und hat auch nur einen Betrieb betroffen. Das ist eine positive Nachricht.

Auch andere Seuchen wie die Vogelgrippe sind deutlich zurückgegangen in den letzten Monaten und wir sehen zudem, dass die Blauzungenkrankheit zwar wieder auftritt – die wird ja durch kleine Mücken-Gnitzen übertragen –, aber auch dort rechnen wir in diesem Jahr nicht unbedingt mit der gleichen Welle wie im letzten Jahr.

Das sind ja eigentlich gute Nachrichten. Aber woher kommen diese Seuchen? Mit Blick auf das vergangene Jahr: Reden wir da über hausgemachte Probleme in Deutschland oder spielt da auch die Globalisierung eine Rolle? Stichwort: weltweite Exporte von Agrarprodukten beziehungsweise Tieren – spielt das auch eine Rolle?

Das spielt auf jeden Fall eine Rolle, vor allem aber eben die Globalisierung in dem Sinne, dass jeder überall hinreist und auch Dinge mitbringen kann. Das trifft jetzt zum Beispiel bei der Maul- und Klauenseuche zu. Wir haben die ja in vielen Ländern außerhalb der EU und wenn ich dort zum Beispiel Produkte mitbringe, die nicht erhitzt wurden – das kann Frischkäse sein aus einem Land, das von der Maul- und Klauenseuche betroffen ist, – und das wird achtlos weggeworfen, dann kann das eine Ursache sein.

Das Gleiche betrifft auch die Afrikanische Schweinepest. Das ist das, was wir als Wurstbrötchen-Verbreitung bezeichnen. Wenn dort jemand aus einem der betroffenen Länder etwas wegwirft, im Wald, an einem Rastplatz, dann können Wildschweine das aufnehmen. Diese Viren sind sehr stabil und können eben auch mal in so einer Rohwurst erhalten bleiben. Deswegen finden Sie auch überall Aufrufe, so etwas nicht zu tun, nichts mitzubringen. Das sind auf jeden Fall Risiken.

Dazu kommen Einschleppungen, zum Beispiel über Insektenvektoren, die eventuell auch aus Ländern mitgebracht werden, vielleicht auch eben durch Importe von Blumen aus der ganzen Welt oder von Früchten. Das sind Möglichkeiten. Und dann haben wir noch sehr mobile Reservoire. Das trifft dann die Vogelgrippe. Zugvögel bringen diese Viren mit und können damit das Virus immer wieder neu einschleppen. Das sind Dinge, die können wir nur zum Teil beeinflussen. Deswegen kommt es auch immer wieder zu solchen Ausbrüchen.

Also, externe Faktoren spielen eine Rolle. Könnten Gründe aber auch in der Tierhaltung selbst liegen? Was gibt es da für mögliche Faktoren?

Also, es gibt natürlich allein schon den Faktor, dass wir als Deutschland ein Agrarland sind. Wir haben sehr viele Schweinehaltungen, sehr viele Geflügelhaltungen, und damit haben diese Ausbrüche dann auch eher einen Einfluss auf die Haltung. Es werden natürlich auch höhere Kosten verursacht. Es müssen vielleicht auch die Tiere getötet werden.

Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass ein Eintrag, wenn er erfolgt, früh erkannt wird. Das ist eigentlich der Schlüssel einer Bekämpfung. Deswegen rufen wir auch immer wieder auf, bei allen diesen Seuchen: Tiere, die Anzeichen einer solchen Erkrankung zeigen, müssen sofort untersucht werden. Das ist auch etwas, was in Deutschland ganz stark vorangetrieben wird.

Dazu kommt als zweite Maßnahme die Biosicherheit, die Abschirmung der Betriebe. Ich muss dafür sorgen, dass zum Beispiel Wildvögel keinen Zugang zu meinem Betrieb haben. Das sind dann auch Dinge, die sind manchmal schwer beeinflussbar, wenn ich zum Beispiel Tiere draußen halte. Das wollen wir ja, wir wollen ja artgerecht halten. Diese Haltungen sind unter Umständen aber etwas, was das Risiko erhöht.

Was bedeutet all das eigentlich für uns Verbraucher? Wie sollten wir uns verhalten, wenn wir in den Medien hören, es gibt Tierseuchen in Deutschland, sollten wir da mal genau nachfragen, woher wir unsere Produkte beziehen?

Zum einen sollte man keine Dinge mitbringen, keine nicht-erhitzten Lebensmittel von außerhalb der EU. Da ein ganz klarer Aufruf: Das sollte man auf keinen Fall machen. Und: Viele dieser Tierseuchen – auch die Maul- und Klauenseuche oder die Afrikanische Schweinepest – sind keine Zoonosen. Das heißt, keine Erreger, die auf den Menschen übertragen werden. Da muss sich erstmal keiner Sorgen machen. Sie haben aber einen großen Einfluss auf die Tierhaltung. Das sind alles Dinge, die sollte man bedenken. Vieles können wir aber tatsächlich gar nicht so stark beeinflussen, sodass wir sehr viel investieren müssen, gerade in diese Erkennung, die Biosicherheit und auch in zum Beispiel moderne Impfverfahren.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke