• Immer mehr Wohnungen stehen in ländlichen Gebieten leer – der Unterhalt ist teuer. Der Abriss ist nur bedingt eine Option.
  • Wenn der Wohnraum in Metropolen immer knapper wird, könnte der ländliche Raum profitieren.
  • Um gerade alte Menschen länger in ihren Wohnungen behalten zu können, setzt die Wohnungsgenossenschaft Crimmitschau auf kreative Lösungen.

Bodo Schulze öffnet die Tür zu einem Wohnblock im sächsischen Crimmitschau. DDR-Platte, achtziger Jahre. Kein Aufzug, keine Balkone. Schulze ist Vorstand der örtlichen Wohnungsgenossenschaft und führt in eine Wohnung: "Wir befinden uns hier in der Bebelstraße 34 – in einer Leerwohnung, die schon relativ lange leer steht und jetzt auch für die Wiedervermietung nicht mehr zur Verfügung steht. Weil perspektivisch geplant ist, diesen Block vom Markt zu nehmen. Wir haben hier insgesamt 48 Wohnungen im Gebäude und davon sind noch 18 bewohnt."

Schulze will den Block abreißen lassen. Und andere Vermieter wollen das für ihre Häuser fernab der Metropolen auch.

Leerstand teuer: Abriss von Wohnungen nur bedingte Lösung

Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Sachsen vertritt die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsanbieter im Freistaat. Der Direktor des Verbandes, Alexander Müller, sagt, von deren Wohnungen stünden im Landkreis Zwickau mehr als 18 Prozent leer, im Erzgebirgskreis 19 Prozent und im Landkreis Görlitz sogar 20 Prozent. Die Politik müsse helfen: "Wir würden uns wünschen, dass auch Rückbau wieder aktiv gefördert wird und als Thema anerkannt wird. Wenn in einem Gebäude, wo es zehn Wohnungen gibt, sechs leer stehen oder sieben, entstehen natürlich trotzdem Kosten. Und die Kosten kann ich natürlich nicht umlegen auf alle Wohnungen, die noch verblieben sind."

Durch den Leerstand entgingen seinen Mitgliedern jährlich 50 Millionen Euro Miete, rechnet Müller vor. Das sei auf Dauer nicht zu schultern. Auch Julius Grambow vom Deutschen Institut für Urbanistik sagt, weiter abzureißen könne eine Lösung sein – wenn man es behutsam macht: "Also ein flächendeckender, plötzlicher Abriss sorgt oft für soziale Verwerfungen im Quartier. Viele Menschen, die vielleicht dort schon lange leben, kommen damit nicht zurecht. Kinder verlieren ihre Bezugspunkte. Also die Begleitung der Zivilgesellschaft ist bei einem großräumigen Abriss oder auch in Dorfkernen wichtig. Die Menschen sollen mit eingebunden werden."

Druck in Metropolen: Ländlicher Raum könnte profitieren

Grambow hat noch Hoffnung. Der ländliche Raum könne Menschen zurückgewinnen, denen die Großstädte zu teuer werden. Diese Zuversicht teilt auch Verbandsdirektor Alexander Müller – mit Einschränkungen: "Dann muss es aber auch passen. Die S-Bahn, die Autobahn … Wenn das klappt und man auch zuhause ein schnelles Internet hat in den anderen Regionen, dann sehe ich doch eine Chance, weil der Druck in Leipzig und Dresden immer größer wird, dass diese Regionen dann profitieren."

Bodo Schulze von der Wohnungsgenossenschaft Crimmitschau rechnet nicht mit Zuzug. Dafür versucht er, seine Mieter so lange wie möglich zu halten.

In der eigenen Wohnung: Genossenschaft stellt Begleiter für Senioren

Schulze betritt ein saniertes Haus mit Aufzug und Balkonen. Für Ältere gibt es hier Alltagsbegleiter – eingestellt von der Wohnungsgenossenschaft: "Sie begleiten die Seniorinnen und Senioren zum Einkauf, zu Behördengängen, zum Arzt, zum Friseur, auch auf den Friedhof. So wie das gewünscht wird. Und das hilft uns an der Stelle weiter und auch den älteren Mietern, dass sie länger in der eigenen Wohnung verbleiben, ehe sie sich entscheiden, möglicherweise ins betreute Wohnen umzuziehen."

So versucht die Wohnungsgenossenschaft Crimmitschau, den Leerstand aufzuhalten. Jedes Jahr, sagt Schulze, kämen sechs bis zehn Wohnungen hinzu, die er nicht wieder vermietet bekäme. Trotz einer Kaltmiete von durchschnittlich 4,90 Euro je Quadratmeter.

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