Inhalt des Artikels:

  • Alte Lagerstätte wird Gas-Speicher
  • Wasserstoffpreis noch immer zu hoch
  • Projekt bis nach Kölleda ausgeweitet

Mit der Vorbereitung auf unsere Energieversorgung mit Wasserstoff ist es wie mit dem Gas selbst: Sie läuft förmlich unsichtbar ab, blinkt höchstens mal in Form knallgelber Gasrohre bei Bauarbeiten in den Straßenzügen auf.

Dabei ist Thüringen mit dem TH2ECO hier Vorreiter. Das Pilotprojekt will über 80.000 Haushalte in Erfurt, das Güterverkehrszentrum GVZ, die Gewerbegebiete Erfurter Kreuz und Kölleda sowie das Stahlwerk Unterwellenborn mit grünem Wasserstoff versorgen.

Rund 80 Energieexperten sind nach Kirchheilingen gereist. Sie wollen sich ein Bild machen, von dem, was man nicht sehen kann: Dem unterirdischen natürlichen Speicher der Thüringer Energie Speichergesellschaft. In bis zu 1.000 Metern unter der Oberfläche können in der ehemaligen Erdgaslagerstätte im Zechstein 20 Millionen Kubikmeter Gas gespeichert werden.

In der ehemaligen Erdgaslagerstätte im Schlotheimer Graben soll künftig Wasserstoff gespeichert werden.Bildrechte: MDR/Ria Weber

Alte Lagerstätte wird Gas-Speicher

"Seit 1987 wird diese abgeförderte Lagerstätte als Gasspeicher verwendet. Vor der Wende noch mit Stadtgas, das schon einen hohen Wasserstoffanteil hatte, nach der Wende dann mit Erdgas", erklärt Michael Seifert, Geschäftsführer des Unternehmens.

"Der Speicher und die dazugehörigen Anlagen werden regelmäßig auf Dichtigkeit geprüft. Für die Wasserstoffeinlagerung benötigen wir so am Ende nur wenige neue Sachen. Das heißt, wir brauchen eine Obertageanlage mit entsprechenden wasserstofffähigen Anlagen, Verdichtern und Aufbereitungstechnik. Und wir brauchen eben Wasserstoff."

In 1.000 Meter Tiefe im Erdreich bleibt alles wie gehabt. Für die Umstellung auf den Wasserstoff muss die Thüringer Energie Speichergesellschaft nur neue Obertage-Anlagen zum Ein- und Ausspeisen des Gases bauen.Bildrechte: MDR/Ria Weber

Der Wasserstoff soll aus einem anderen Baustein im TH2ECO-Wasserstoffprojekt für Thüringen kommen. Das Projekt ist eines der größten dieser Art in Deutschland. Neun Partner von der Thüringer Energiespeichergesellschaft, der Ferngas-Netzgesellschaft bis hin zu Windanlagenbetreibern wie Greenwind und BOREAS arbeiten zusammen.

Während die Windparkbetreiber mit Spezialgeräten aus Strom und Wasser Wasserstoff herstellen und einspeichern wollen, arbeitet die Ferngasnetzgesellschaft an einer Wasserstoffleitung nach Erfurt, in wichtige Industriegebiete und den künftigen Anschluss des Speichers ans geplante Wasserstoff-Kernnetz.

Leitungsnetz wird sechsmal größer

Ursprünglich plante Ferngas, in vier Jahren rund 42 Kilometer Leitungen zu ertüchtigen. Die sind bereits fertig und sollen nun noch auf 250 Kilometer ausgeweitet werden. Unter anderem wurden neue, wasserstoffdichte Armaturen zur Steuerung des Gasflusses in die Leitungen eingesetzt:

"Wir haben im Projekt schon sehr viel erreicht, das muss man ganz klar sagen", freut sich Dr. Katharina Großmann von der Ferngas Netzgesellschaft, die zugleich auch die Projektchefin von TH2ECO ist: "Unsere 42 Kilometer lange Leitung ist auf ihre Eignung zur Durchleitung von Wasserstoff komplett überprüft. Es fehlt nur noch die finale Anzeige bei den Behörden."

Aktuell werden in Kirchheilingen noch 20 Millionen Kubikmeter Erdgas gespeichert, bald wird es Wasserstoff sein.Bildrechte: MDR/Ria Weber

Wasserstoffpreis noch immer zu hoch

Etwas anderes macht der jungen Ingenieurin hingegen Sorgen: "Wo wir gerade tatsächlich hängen, ist die Bezahlbarkeit des Wasserstoffs. Wir haben immer noch eine Lücke zwischen dem, was der Wasserstoff in der Erzeugung kostet und dem, was derjenige, der ihn dann einsetzt, auch bezahlen kann. Damit der Wasserstoff wettbewerbsfähig wird, brauchen wir die Politik. Und wir brauchen von ihr auch ein Anstoßen für diesen Hochlauf."

Noch zu wenig Interesse auf der Abnehmerseite beklagt auch Dr. Tobias Wätzel, Projektmanager bei der BOREAS Energie GmbH. Sein Unternehmen investiert viel in die Spezialgeräte, Elektrolyseure, aus denen mit Windstrom der Wasserstoff gewonnen werden soll.

Wir haben immer noch eine Lücke zwischen dem, was der Wasserstoff in der Erzeugung kostet und dem, was derjenige, der ihn dann einsetzt, auch bezahlen kann.

Dr. Katharina Großmann

Statt auf ursprünglich geplante mehrere und teure kleine setzen sie nun auch auf ein eigens entwickeltes Großgerät. Das Umplanen hat etwa ein dreiviertel Jahr Zeit gekostet, doch bis Ende des Jahres soll der Elektrolyseur stehen und in den Testbetrieb gehen.

"Der aktuelle Stand ist, dass wir die 6-Megawatt-Elektrolyse in Genehmigung haben. Da sind sehr stolz drauf, das ist ja auch für alle das erste Mal, dass wir so etwas planen, und das ist ja immer etwas aufwendiger", sagt Wätzel.

Abnehmer dringend gesucht

Nicht voran kamen die Netzwerker mit ihrem Teilprojekt TH2ECO-Mobility und seiner Wassersstoff-Tankstelle für Lkw im Güterverkehrszentrum Erfurt. 15 Millionen Euro konnten vom Bund dafür eingeworben werden. Der Zuschlag erfolgte auch, weil allein hier acht Prozent des gesamten Thüringer Lieferverkehrs auflaufen. Durch den Wasserstoffeinsatz könnten pro Jahr 26.000 Tonnen Kohlendioxid weniger ausgestoßen werden.

In Leipzig steht bereits eine Wasserstoff-Tankstelle für Lkw. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Eigentlich sollte die Wasserstoff-Tankstelle zum Ende des Jahres stehen. Doch Dirk Schmidt von der EurA AG, die diesen Projekt-Teil verantwortet, kommt nicht so schnell voran, wie er gerne möchte:

"Es gibt noch nicht so viele Wasserstoff-Lastkraftfahrzeuge, die in Serie produziert werden, dadurch sind die Preise für die Fahrzeuge zu hoch. Das müsste besser unterstützt, sprich gefördert werden. Dazu kommt, dass die gesamte Regulatorik zu Wasserstoff in allen Bereichen sehr kompliziert ist. Das Hauptproblem ist im Moment aber, dass die Spediteure nicht so dran glauben, dass die Energiewende in der Form kommt, das heißt, sie sind momentan im Vergleich zum Zeitpunkt vor zwei Jahren ziemlich zurückhaltend."

Da, meint Dirk Schmidt, müsse die Politik mehr Optimismus versprühen, um das Gesamtsystem Wasserstoff zum Laufen kriegen. Wenigstens habe der Bund zuletzt noch einmal bekräftigt, dass er die Fördergelder für die Tankstelle reserviert halte.

Wir brauchen den Wasserstoff dringend, um dieses System aus erneuerbaren Energien am Ende auch funktionsfähig zu gestalten.

Tilo Kummer

Projekt bis nach Kölleda ausgeweitet

Beim gemeinsamen Treffen an diesem Tag geht es auch darum, das Netzwerk zusammen zu halten und auszubauen. Froh sind die TH2ECO-Akteure deshalb über das Interesse des Thüringer Energieministers. Tilo Kummer (BSW) erklärt den rund 80 Versammelten, er stehe zum Wasserstoff, wie auch seine Kollegen:

"Die Energieministerkonferenz hat zum Glück eine sehr klare Sprache getroffen in Sachen Wasserstoff, wo gesagt wurde, es ist für uns ein ganz wichtiger Schwerpunkt. Wir brauchen den Wasserstoff dringend, um dieses System aus erneuerbaren Energien am Ende auch funktionsfähig zu gestalten und deshalb wird sich die Energieministerkonferenz im Dezember konkret mit dem Schwerpunktthema Wasserstoff auseinandersetzen."

Umweltminister Kummer kündigte beim Treffen der Experten an, dass der Wasserstoff bestimmendes Thema der Energieministerkonferenz im Dezember sein wird.Bildrechte: MDR/Ria Weber

Ursprünglich war das TH2ECO-Projekt vom Speicher und den Windparks im Norden bei Kirchheilingen bis nach Erfurt und ins Güterverkehrszentrum GVZ geplant. Inzwischen hat es sich bis nach Unterwellenborn zum Stahlwerk Thüringen und in ein Gewerbegebiet bei Kölleda ausgeweitet. Der Anschluss ans bundesweite Wasserstoff-Kernnetz ist bis spätestens 2030 geplant.

MDR (dvs)

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